Die Sanierung der Kulturmühle ist eines der zentralen Rechberghäuser Gartenschauprojekte gewesen. Jetzt ist dort auch noch ein Mühlenmuseum beheimatet.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Rechberghausen - Erwin Scheurle blickt gestützt auf einen Stock von der neu eingezogenen Zwischendecke auf Walzenstühle, Plansichter und Reinigungsmaschine. Natürlich habe das damals ganz anders ausgesehen, sagt der 89-Jährige mit einem Lächeln. Größer war das und wohl auch ein bisschen staubiger. Aber von der Technik her sei es schon vergleichbar.

 

Bis 1967 hat Scheurle hier, in der Unteren Mühle, das Korn der Rechberghäuser Bauern gemahlen. In fünfter Generation. Dann lohnte es nicht mehr. „Die Bauern haben alle aufgegeben.“ Sie taten das, was auch Scheurle damals tat. „Ich bin in die Industrie.“ Dort ließ sich mehr verdienen als mit der alten Mühle, die als eines der ältesten Gemäuer von Rechberghausen gilt.

Malerei und Mahlerei

Doch am Pfingstmontag drehte sich plötzlich wieder ein Mahlwerk in dem Gebäude, und Scheurle war der Ehrengast. Pünktlich zum landesweiten Mühlentag hat der Bürgermeister Reiner Ruf das neue Mühlenmuseum in dem mittlerweile zur Kulturmühle gewandelten Gebäude aus dem 16. Jahrhundert eröffnet. Neben Malerei geht es nun also auch wieder um die Mahlerei.

Doch bis es soweit war, ist es ein langer Weg gewesen. Schon 1976 hatte die Gemeinde das Mühlengebäude und 1988 den Rest des Anwesens am Kreisverkehr in der Ortsmitte erworben. In Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen begann eine erste Sanierung. Seit 1991 wird das Gebäude vom Verein Kulturmühle mit Veranstaltungen und Ausstellungen belebt. Doch erst mit der „kleinen“ Landesgartenschau im Jahr 2009 gelang es, das Ensemble in seinen heutigen Stand zu versetzen.

Ein alter Mühlenbaumeister hilft

Zwei Millionen Euro hat die Gemeinde dafür investiert. Dabei war es schon länger Rufs Traum gewesen, die alte Mühlentechnik wieder in das Gebäude zu bringen. Ohne Martin Elser wäre es aber wohl nie dazu gekommen. Der pensionierte Berufsschullehrer aus Plüderhausen ist einer der wenigen, die das Handwerk des Mühlenbaumeisters noch beherrschen. Er wurde von Ruf um Hilfe gebeten, und es gelang ihm in jahrelanger Detailarbeit, die Mühlentechnik so zu ergänzen, dass sie heute wieder funktionstüchtig ist. „Wenn irgendwo im Land eine Mühle abgebaut wurde, habe ich mir die Teile gesichert“, sagt Elser.

Denn nach dem Kauf war die Untere Mühle, die einst Burgmühle geheißen hatte und Bestandteil der adligen Schlossherrschaft war, komplett ausgebeint worden. Die Eisenteile kamen zum Schrotthändler. Auch die angeschlossene Sägerei, die ebenfalls über die Wasserturbine betrieben wurde, wurde abgebaut. Eigentlich blieb nur der alte Aufzug mit Riehmenantrieb zurück, mit dem die schweren Säcke nach oben transportiert wurden und den Scheurle als Heranwachsender durchaus taktisch klug einzusetzen wusste. „Wer eine Handvoll Mehl kaufte, wollte unbedingt Aufzug fahren.“ Denn ein solcher Aufzug war damals in Rechberghausen eine Sensation. Und so köderte Scheurle mit dem hinter einem Holzgitter versteckten Gefährt die Mädchen. Mit der Aussicht auf eine Fahrstuhlfreifahrt ließ sich manches Schäferstündchen einfädeln.

Solarenergie treibt das Mühlrad an

Auch ein Mühlrad dreht sich wieder. Allerdings handelt es sich dabei um eine Attrappe. Die Wasserrechte sind 1967 erloschen, der 1,6 Kilometer lange Mühlkanal verschwand. Den Strom für das Mahlwerk liefert die Steckdose. Immerhin wird das Wasserrad umweltfreundlich durch zwei Solarpumpen versorgt, die das Wasser vom Marbach hinaufschaffen.