Rechnungshof warnt Prüfer: Landtag steht vor Kostenexplosion
Es drohen viele neue Abgeordnete und Mitarbeiter: Als Folge des neuen Wahlrechts könnte das Parlament 2026 laut dem Rechnungshof bis zu 200 Millionen Euro pro Periode teurer werden.
Es drohen viele neue Abgeordnete und Mitarbeiter: Als Folge des neuen Wahlrechts könnte das Parlament 2026 laut dem Rechnungshof bis zu 200 Millionen Euro pro Periode teurer werden.
Durch eine mögliche Aufblähung des baden-württembergischen Landtags drohen nach der Wahl 2026 massive Mehrkosten. Davor warnt der Landesrechnungshof in einem unter Verschluss gehaltenen Prüfbericht. Infolge des geänderten Wahlrechts mit Zweitstimme und Landeslisten könnten dem Parlament dann bis zu 220 Abgeordnete angehören, 100 mehr als die Sollgröße von 120; derzeit sind es 154. Nach Berechnungen der Kontrollbehörde würde dies Zusatzausgaben von mindestens 197 Millionen Euro pro Legislaturperiode nach sich ziehen. Statt wie bisher 565 Millionen Euro würden für Abgeordnete, Mitarbeiter und Unterbringungen binnen fünf Jahren dann an die 765 Millionen Euro fällig.
Zwei weniger drastische Szenarien wären immer noch problematisch. Bei 30 zusätzlichen Abgeordneten kommt der Rechnungshof auf Mehrkosten von 94,8 Millionen Euro, bei lediglich acht immer noch auf 25,4 Millionen Euro. Die Kosten für bauliche Veränderungen des Plenarsaals seien darin noch nicht enthalten, weil sie sich nicht pauschal abschätzen ließen. Bei nur sechs zusätzlichen Parlamentariern würde der Platz im Saal schon nicht mehr ausreichen.
Die Karlsruher Behörde stützt sich auf Annahmen zweier Wissenschaftler, die von einer starken Zunahme ausgehen. Dagegen glauben die Befürworter der Reform, Grüne, CDU und SPD, nicht an eine nennenswerte Vergrößerung des Landtags. FDP und AfD hatten dagegen gestimmt, die Liberalen unterstützen eine private Initiative gegen einen „XXL-Landtag“, die das Wahlrecht per Volksbegehren korrigieren will.
Der größte Teil der Mehrkosten entfiele laut dem Prüfbericht auf die Ausgaben für Abgeordnete, die derzeit eine monatliche Diät von 8878 Euro erhalten. Zweitgrößter Block wären die Kosten für Mitarbeiter. Sorgen bereitet den Kontrolleuren schon der bisherige Zuwachs beim Personal: von 2016 – dem Jahr des Amtsantritts von Präsidentin Muhterem Aras (Grüne) – bis 2022 seien die Stellen für Verwaltung und Fraktionen um 44,3 Prozent und die Ausgaben um 56,5 Prozent gestiegen, weitaus stärker als die Zahl der Abgeordneten. Statt gut 300 könnten es künftig mehr als 400 Mitarbeiter sein.
Als Konsequenz empfehlen die Prüfer dem Landtag, die Reformfolgen „realistisch einzuschätzen“ und Vorsorge zu treffen. So könnten Abgeordnete auch auf freien Plätzen der Regierungsbank sitzen. Der Rechnungshof hatte den Prüfbericht vom Oktober 2023, in dem es auch um die umstrittenen Parlamentarischen Berater geht, nur der Landtagsverwaltung zugeleitet. Er plant nach wie vor keine Veröffentlichung. Aus Protest gegen das neue Wahlrecht hat derweil ein FDP-Abgeordneter angekündigt, nicht mehr zu kandidieren.