Eltern eines Kleinkindes haben die Stadt Stuttgart auf einen Krippenplatz verklagt und verlangen eine Erstattung der Mehrkosten, die durch einen privaten Träger entstanden. Am Freitag verhandelt das Verwaltungsgericht.

Stuttgart - Muss die Stadt Stuttgart einem zweijährigen Kind einen Krippenplatz in einer Ganztagseinrichtung gewähren, auch wenn diese und weitere bereits voll sind? Und muss die Stadt Stuttgart der Familie den Differenzbetrag zur teureren Privatkita erstatten, auf den diese mangels Alternative ausgewichen ist? Mit diesen Fragen beschäftigt sich am 28. November erstmals in einer Verhandlung das Stuttgarter Verwaltungsgericht – und dies öffentlich.

 

Anlass ist die Klage von Eltern eines jetzt zweijährigen Kindes. Die Familie wohnt in Stuttgart, beide Eltern sind voll berufstätig und wollten deshalb einen Betreuungsplatz von 9 bis 17.30 Uhr haben. Den Bedarf dafür hatten sie bereits im Mai 2012 bei der Stadt geltend gemacht, von dort jedoch eine Absage erhalten, weil die Nachfrage größer sei als das Angebot. Auch von kirchlichen und privaten Trägern, bei denen sie parallel um einen Betreuungsplatz nachgesucht hatten, erhielten die Eltern aus demselben Grund Absagen.

Kläger wollen von der Stadt 4252 Euro erstattet bekommen

Die Eltern reagierten darauf mit zwei Klagen gegen die Stadt Stuttgart. Mit der ersten, die am 13. Dezember beim Verwaltungsgericht eingegangen ist, wollten sie die Stadt dazu verpflichten, ihnen einen Kitaplatz bereitzustellen. Mit der zweiten Klage, die das Gericht am 18. Juli 2014 erreicht hat, wollen die Eltern erreichen, dass ihnen Betreuungskosten erstattet werden. Konkret geht es um Mehrkosten in Höhe von 4252 Euro, die entstanden seien, weil die Familie auf eine private Einrichtung ausweichen musste, inklusive der künftigen Mehrkosten von 352 Euro pro Monat, und zwar so lange, bis die Stadt einen städtischen Kitaplatz bereitstelle.

Die Stadt habe in dem Klageverfahren geltend gemacht, dass der Platzbedarf trotz aller Anstrengungen beim Kitaausbau nicht gedeckt werden könne und aufgrund des Fachkräftemangels auch nicht alle offenen Erzieherstellen besetzt werden könnten. Dies gelte nicht nur für die von den Eltern genannte Wunscheinrichtung, sondern auch für neun weitere städtische Kitas in „zumutbarer Entfernung“, teilte das Verwaltungsgericht mit. Zudem stelle die Stadt auch die Höhe der von den Eltern geltend gemachten Mehrkosten in Frage.

Keine Klagewelle, obwohl Tausende Krippenplätze fehlen

Wie berichtet fehlen derzeit in Stuttgart 3422 Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren, rund 100 Fachkraftstellen sind laut Jugendamt nicht besetzt. Seit dem 1. August 2013 haben Eltern von ein- und zweijährigen Kindern einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Dennoch ist die erwartete Klagewelle ausgeblieben. Laut Jugendamt haben seither Eltern von 214 Kleinkindern ihren Rechtsanspruch bei der Stadt geltend gemacht und 51 von ihnen zudem Widerspruch gegen den Bescheid der Stadt eingelegt.

Doch bereits im August 2013 hatte die Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer deutlich gemacht: „Es kriegt keiner einen Vorteil dadurch, dass er einen Antrag stellt oder uns mit einer Klage droht.“ Entscheidend für die Platzvergabe in den Kitas sei wie zuvor die Rangfolge auf der Warteliste. Die erfolgt laut Jugendamt nach klaren Kriterien: Vorrang hätten in städtischen Kitas Kinder von Alleinerziehenden, die berufstätig sind. Weitere Kriterien seien, ob beide Eltern beschäftigt sind, ob bereits ein Geschwisterkind in der Kita ist sowie das Alter des aufzunehmenden Kindes. Auch andere Kitaträger erstellen ihre Warteliste nach klar definierten Kriterien.

Bisher waren alle Anträge gegen die Stadt erfolglos

Beim Verwaltungsgericht sind seit Gültigkeit des Rechtsanspruchs bisher 32 Verfahren anhängig, davon richten sich 30 gegen die Stadt Stuttgart. Doch bisher habe das Gericht nur in drei anhängig gewordenen Eilverfahren eine Entscheidung treffen müssen. In allen drei Fällen seien die gegen die Stadt gerichteten Anträge erfolglos geblieben.

In einem dieser Fälle habe es am sogenannten Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, weil der Kitaplatz erst für einen späteren Zeitpunkt beantragt wurde, die Stadt aber über den Antrag noch gar nicht entschieden hatte. Oder es habe an der Dringlichkeit gefehlt, weil die Eltern ihr Kind bereits in einer privaten Kita untergebracht hatten. Zuletzt hatte das Gericht einen Antrag abgelehnt, in dem die Eltern einen Betreuungsplatz für zehn Stunden täglich gefordert hatten, diesen Bedarf aber nach Ansicht des Gerichts nicht konkret und nachvollziehbar dargelegt hätten.