Die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus im Landesarchiv Baden-Württemberg erforscht unter anderem rechtsextreme Netzwerke. Das Land unterstützt die Arbeit künftig mit rund 830.000 Euro pro Jahr.

Eine dauerhafte und systematische Dokumentation und Erforschung des Rechtsextremismus ist für die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) ein Beitrag zur aktiven Verteidigung der Demokratie. Die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus im Landesarchiv Baden-Württemberg erhält für die Arbeit daran künftig 830.000 Euro jährlich aus dem Landeshaushalt, sagte Bauer am Montag in Karlsruhe vor Journalisten. „Rechtsextremismus hat eine traurige Brisanz und Aktualität in Deutschland“, so die Ministerin.

 

Rechtsextremismus in allen seinen Erscheinungsformen bilde die größte Gefahr für die Demokratie, betonte Bauer. Er komme nicht immer „erkennbar in Springerstiefeln“ daher. Gemeinsamer Kern scheinbar biederer Liederabende des „3. Weges“, unter dem „Deckmantel der Meinungsfreiheit“ stattfindender Anti-Corona-Proteste oder Hetzschriften in sozialen Netzwerken sei der „Hass auf das andere“, erinnerte Bauer an die Morde von Hanau, Kassel und Halle.

Dokumentationsstelle soll über rechtsextreme Netzwerke aufklären

Die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus soll zur Aufklärung der Öffentlichkeit über Strategien rechtsextremer Netzwerke beitragen. Die vor zwei Jahren installierte Einrichtung werde dazu künftig vier Mal jährlich das investigative Journal „Rechts.Geschehen“ herausgeben. Dieses werde Materialien liefern, wie beispielsweise die Debatte um eine Covid-19-Impfpflicht von Rechtsextremen instrumentalisiert wird, um gezielt die Legitimation des Gemeinwesens und seiner demokratischen Entscheidungsprozesse infrage zu stellen.

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Ministerin Bauer betonte, die dauerhafte und systematische Dokumentation und Erforschung des Rechtsextremismus sei ein Beitrag zur aktiven Verteidigung der Demokratie. Eine gesicherte Faktengrundlage über die Aktivitäten rechtsextremer Netzwerke, über demokratiefeindliches Gedankengut und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit seien die Voraussetzung für wissenschaftliche Analyse wie auch für zivilgesellschaftliches Engagement.

Journalist recherchiert verdeckt zum Rechtsextremismus

Die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus sammelt, archiviert und dokumentiert rechtsextreme Quellen und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Eine Herausforderung stelle dabei der „Daten- und Informantenschutz“ dar, sagte der Leiter des Generallandesarchivs Karlsruhe, Wolfgang Zimmermann.

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Die größte Sammlung der Dokumentationsstelle stammt mit rund 2.500 Leitzordnern und zwei Millionen Dateien von Anton Maegerle. Der unter Pseudonym arbeitende Journalist hatte bereits in den 1970-er und 80-er Jahren begonnen, Zeitungsausschnitte und später Screenshots sowie andere Publikationen mit rechtsextremen Inhalten zu sammeln.

Die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus wurde 2020 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Landesarchiv am Standort Generallandesarchiv Karlsruhe eingerichtet. Am Montag zogen Bauer, Zimmermann sowie der Präsident des Landesarchivs, Professor Gerald Maier, eine erste Bilanz. Zimmermann kündigte an, dass im Oktober die Tagung „Rechtsextremismus in Baden-Württemberg“ für eine größere Öffentlichkeit geplant sei. „Wir sind uns sicher: Der Kampf gegen Rechtsextremismus kann nur in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis gelingen“, sagte er.