Nach langem Zögern will die Regierung nun doch einen Verbotsantrag gegen die rechtsextremistische Organisation NPD stellen. Aber die FDP zieht nicht mit.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Seit drei Monaten liegt umfangreiches Beweismaterial vor: 1000 Seiten Dokumente, die belegen sollen, dass die NPD verboten gehört. Doch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat lange gezögert bei der Frage, wie sich die Bundesregierung zu dem Verbotsantrag der Länder verhalten soll. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ wiederholt Skepsis erkennen. Vor einigen Tagen deutete sich dann ein Kursschwenk an. In unionsinternen Kreisen soll Merkel erklärt haben, dass sie es nicht für sinnvoll hält, die Länder hier im Regen stehen zu lassen. Sie habe auch darauf verwiesen, dass ein Großteil des Beweismaterials ja vom Bund zusammengetragen worden sei. Auch Friedrich hat inzwischen offenbar erkannt, dass er um einen eigenen Verbotsantrag nicht herumkommt.

 

Entsprechend soll er sich am Montagabend bei einem Treffen der CSU-Landesgruppe geäußert haben. Teilnehmer berichten jedoch, dass der Minister dabei wenig Überzeugungskraft entfaltet habe. Nach dem Antrag der Länder müsse der Bund „nun auf dieser Bühne mitspielen“, so wird Friedrich zitiert. Unter den CSU-Parlamentariern gibt es auch viele Skeptiker, obwohl der eigene Parteichef, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, zu den vehementesten Befürwortern eines NPD-Verbots zählt. Insgesamt herrsche unter den weiß-blauen Abgeordneten der Union eine „Tendenz“, Friedrich zu unterstützen, wenn er einen eigenen Verbotsantrag stellt, sagt Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der Landesgruppe. Der Minister selbst klingt am Morgen nach der Debatte mit den eigenen Leuten schon wieder unentschlossener als in den Tagen zuvor. Es gebe „weder eine Entscheidung noch eine Festlegung noch eine Tendenz“, wie man verfahren werde, so versichert er am Dienstag.

In CDU-Kreisen herrscht große Skepsis

Von der großen Schwesterpartei kommt ein eher disharmonisches Echo. Die Haltung der Union sei „damit nicht präjudiziert“, sagt deren Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). Unter den Unionisten gebe es „viele Kollegen, die Schwierigkeiten sehen in rechtlicher Hinsicht“, sagt Grosse-Brömer zu der Absicht der Regierung, einen eigenen Antrag vorzulegen.

Noch massiver ist der Widerstand in der FDP. Dort findet der Plan, ein neues Verbotsverfahren anzustrengen, wenig Gefallen. „Die Erfolgsaussichten gehören juristisch beurteilt und nicht parteipolitisch in landsmannschaftlichen Treffen der CSU“, sagt die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) hält einen Verbotsantrag für überflüssig. Sein Argument: „Die NPD verendet seit Jahren politisch.“ FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle pocht auf das Mitspracherecht seiner Leute. „Das kann der Innenminister nicht alleine machen“, betont er. Brüderle scheint auf Zeit zu spielen. Friedrich müsse den Fraktionen erst einmal die Auswertung des Beweismaterials gegen die NPD übermitteln, so fordert er. Der Bundestag sei darauf angewiesen, bevor man über einen Verbotsantrag beraten könne.

„Wir brauchen keinen zaudernden Innenminister“

Die Opposition brandmarkt den schwarz-gelben Zwist. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann rügt Friedrichs Wankelmütigkeit. „Wir brauchen keinen zaudernden Innenminister.“ Notwendig sei „das geschlossene Vorgehen aller Demokraten“. Bis Ende März will die Regierung entscheiden, welchen Weg sie einschlägt. Denkbar wäre anstelle eines eigenen Verbotsantrages auch eine Beiladung durch das Verfassungsgericht oder ein Beitritt zum Verbotsantrag des Länder. Offen ist auch, ob das Parlament sich auf einen eigenen Antrag verständigt.

– Kommentar: Uneins gegen rechts