Nationalgefühl spielt im Fußball eine große Rolle. Ob braune Parolen und Aktionen auch in der Fanszene des Bundesligisten VfB Stuttgart eine große Rolle spielen - darüber gehen die Meinungen weit auseinander.

Stuttgart - Die Namen der Ultras des VfB Stuttgart klingen martialisch: „Schwabensturm“ oder „Commando Cannstatt“. Und seit zwei Jahren kämpft die Fanszene des Fußball-Bundesligisten um das alte Wappen, das 1998 durch ein moderneres ersetzt wurde. Sie wählte dabei Parolen, die vielen unangenehm aufstießen. „Ein Verein. Eine Geschichte. Ein Wappen“ erinnert an „Ein Volk. Ein Reich. Ein Führer“ - skandiert von den Nationalsozialisten im Dritten Reich. Gewollt? Oder einfach nur ein unglücklicher Zufall?

 

Heinz Münch ist Mitglied im VfB-Fanausschuss und im Fanclub „Weiß-Rot Spätzle“. Er versicherte bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Angriff von Rechtsaußen. Wie Neonazis den Fußball missbrauchen“ am Donnerstagabend im „SpOrt Stuttgart“: „Rechtsextremismus ist in der Stuttgarter Fanszene nicht existent.“ Zu Diskussion hatte der Stadtjugendring Stuttgart in Kooperation mit dem VfB, der Sportkreisjugend und der Friedrich Ebert Stiftung eingeladen.

Stuttgart als Ort der Mitte, frei von rechtem Gedankengut? Der VfB-Fanbeauftragte Christian Schmidt ist etwas vorsichtiger mit der Einschätzung der schwäbischen Anhänger. „Das Thema ist zumindest latent vorhanden und macht natürlich auch vor dem Stadion nicht halt, auch wenn man es auf den ersten Blick vielleicht nicht erkennt“, sagte der Sozialpädagoge.

In der Passivität liegt die Gefahr

Mit der Kampagne „Sieg ja! Sieg heil nein!“ habe sich der Verein bereits gegen Rechtsextremismus positioniert. Seither ist es jedoch ruhiger um das Thema geworden. Keiner will schlafende Hunde wecken, aber gerade in der Passivität liegt die Gefahr. Rechtsradikale Hochburgen wie Aachen, Dresden oder Zwickau scheinen weit weg zu liegen und genauso weit weg scheint auch die Problematik zu sein.

Dass auch beim VfB Stuttgart rechtes Gedankengut unter den Fans verbreitet ist, zeigen Beispiele. Ein türkischer Zuhörer berichtete, ihm sei vor einigen Jahren mit den Worten „Du Scheiß-Kanake verdienst es nicht, dieses Trikot zu tragen!“ das VfB-Shirt vom Leib gerissen worden. Münch erinnerte sich später daran, dass ein VfB-Anhänger neben ihm den aus Brasilien stammenden Profi Cacau beleidigt habe. Das mögen Einzelfälle sein. Aber sie zeigen, dass es auch ausländerfeindliche Stuttgarter Fans gibt.

Kahlgeschorene Köpfe und Bomberjacken sind im und ums Stadion allerdings nur noch selten zu sehen. Auf solche Erkennungsmerkmale verzichten die Rechten bewusst. Mitglieder und Sympathisanten der NPD oder neonazistischer Gruppierungen haben andere Wege gefunden, ihr Gedankengut zu verbreiten. Sie gehen wesentlich subtiler, gefährlicher vor.

Gesellschaftliche Einrichtungen, etwa Sportvereine, werden unterwandert. Die Partei zeigt Präsenz - gerade in ländlicheren Gebieten. „Die NPD nutzt die oftmals vorhandene diffuse rechte Einstellung. Der Fußball wird genutzt, um in die Mitte der Gesellschaft zu kommen“, sagte der Journalist Ronny Blaschke. „Es ist wichtig, dass man präventiv gegen deren menschenfeindliche Einstellung wirkt. Man muss sich überall damit beschäftigen.“