Das Verfahren gegen die Erweiterung des Einkaufszentrums in Sindelfingen ist am Ende angekommen: Das Unternehmen kann nun seinen Bauantrag einreichen. Die Stadt rechnet mit schwerwiegenden Folgen für ihren innerstädtischen Einzelhandel.

Sindelfingen - Für den Sindelfinger Oberbürgermeister war es ein guter Tag. „Wir freuen uns über das grüne Licht für Breuninger“, jubilierte Bernd Vöhringer, weil das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren gegen die Erweiterung des Einkaufszentrums im Osten der Stadt beendet hatte. Seit sechs Jahren zieht sich der Streit hin, ob das Breuningerland um 10 000 Quadratmeter zulegen darf. Und die Fronten bleiben in der Sache wohl verhärtet. Die Stadt Böblingen hatte mit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Verfahren den letzten möglichen juristischen Schritt ausgenutzt, um das Vorhaben zu verhindern. Der Verband Region Stuttgart begrüßt, dass nun für alle Beteiligten Klarheit herrsche, bleibt aber bei seiner Linie: „Einzelhandel gehört primär in die Innenstädte und darf die Ortsmitte der Nachbargemeinden nicht gefährden.“

 

Breuningerland für die Zukunft aufstellen

Wie der Sindelfinger OB freut sich auch Holger Blecker über die Entscheidung des Gerichts.. „Dies ist ein wichtiger Meilenstein für unser Unternehmen, mit dem wir das Breuningerland Sindelfingen erfolgreich für die Zukunft aufstellen“, teilte dessen Geschäftsführer mit. Der Bauantrag für die Erweiterung kann jetzt gestellt werden. Sobald die Unterlagen vorlägen, würden sie „zügig abgewickelt“, heißt es von Seiten der Stadtverwaltung. „Der Einkaufsstandort Sindelfingen kann damit im Wettbewerb gestärkt werden“, sagte Bernd Vöhringer weiter.

Bei all der Freude über den juristischen Sieg spart der OB jedoch nicht mit Kritik. Er hält die Erweiterung des Einkaufszentrums für „einen wichtigen Schritt zu einem Gleichgewicht des Einzelhandels in der Region Stuttgart“, das seiner Meinung nach durch den Neubau von Shopping Malls in Stuttgart in eine Schieflage geraten ist. Vom Regionalverband fordert er, sich nicht einseitig für die Landeshauptstadt einzusetzen, sondern sich einer ausgewogenen regionalen Entwicklung zu widmen. Durch „unflexible Planungsideologien“ würde der Verband mittelständische Aushängeschilder der Region gefährden, findet Vöhringer. Und durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sieht er sich darin bestätigt, dass „Sindelfingen auf der Grundlage von Recht und Gesetz gehandelt hat“.

Für den OB verläuft die Konfliktlinie nicht zwischen innen und außen, sondern die Auseinandersetzung lautet seiner Ansicht nach „Internethandel gegen stationären Handel“. Das Breuningerland bestehe seit 37 Jahren an der Stelle und habe gemeinsam mit der Innenstadt eine große Bedeutung für Sindelfingen als Einkaufsstadt. Der Rathauschef hält es für möglich, gleichzeitig das Einkaufszentrum zu stärken und die Innenstadtgeschäfte zu beleben.

Für die Stärkung des innerstädtischen Handels

Die Böblinger Stadtverwaltung bleibt auch unter dem seit April amtierenden neuen Oberbürgermeister Stefan Belz auf ihrem kritischen Kurs. Zwar hatten der Grüne und das CDU-Mitglied Bernd Vöhringer seither bei einigen öffentlichen Auftritten eine neue Harmonie demonstriert. Und in der Mitteilung aus dem Sindelfinger Rathaus wird auch betont, dass die Nichtzulassungsbeschwerde noch unter Wolfgang Lützner eingereicht worden sei. Durch die Erweiterung des Breuningerlandes rechnet Belz aber mit „schwerwiegenden“ Folgen für den innerstädtischen Einzelhandel in Böblingen und Umgebung. Gemeinsam mit dem Gemeinderat setze sich die Verwaltung „für die Stärkung und Zukunftssicherung des innerstädtischen Einzelhandels ein“, lässt er noch mitteilen.

Thomas Kiwitt kann der Entscheidung etwas Positives abgewinnen: Die Rechtslage in einem wichtigen Einzelfall sei geklärt. Ansonsten betont der Technische Direktor des Regionalverbands, dass ein Ballungsraum für alle Kommunen verbindliche Spielregeln benötige. Dann könnten sich Mittelstädte wie Sindelfingen auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu Stuttgart bestens entwickeln. Den Anlass für das gesamte Verfahren sieht er aber „in einem fehlerhaften Bebauungsplan“ der Stadt.

Der Prozess durch merhere Instanzen

Anfang
: Auslöser für den Rechtsstreit war eine Bauvoranfrage der Firma E. Breuninger für eine Verkaufsflächenerweiterung des Breuningerlands Sindelfingen um 9800 Quadratmeter. Am 21. Dezember 2012 erhielt die Stadt Sindelfingen vom Stuttgarter Regierungspräsidium die Weisung, den zuvor erteilten Bauvorbescheid zurückzunehmen. Breuninger klagte dagegen – zog also gegen die Stadt Sindelfingen vor Gericht, die das Verfahren auch gar nicht gewinnen wollte.

Instanzen:
Das Stuttgarter Verwaltungsgericht wies im März 2016 die Klage von Breuninger zwar ab, ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof in Mannheim zu. Vor einem Jahr fällte der VGH das für Breuninger positive Urteil. Nun wurde die Beschwerde der Stadt Böblingen gegen die Nichtzulassung der Revision vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt.