Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Tatsächlich hatte die Regierung das bereits Ende 2015 ins Visier genommene Referendum vorab zur Schicksalswahl für die Nation stilisiert. Doch der Schachzug, mit dem Orban seine Position sowohl in der heimischen als auch europäischen Arena stärken wollte, blieb wirkungslos. Die gebeutelte Opposition wittert erstmals seit langem für die 2018 anstehenden Parlamentswahlen wieder etwas Morgenluft.

 

Und auch auf dem internationalen Parkett hat der selbstbewusste EU-Solist zur Erleichterung Brüssels einen empfindlichen Dämpfer erhalten.   Doch die von Ungarns Opposition und Europapolitikern im Westen angestimmten Abschiedsgesänge auf den missliebigen EU-Störenfried scheinen trotz der Referendums-Schlappe verfrüht. Vorläufig sitzt Orban in Ungarn nach wie vor fest im Sattel.

Ohnehin findet seine Politik der Abschottung in Europa vermehrt Nachahmung – wenn auch ohne seine Hassrhetorik. Das Scheitern des Referendums sei für Orban eine „schwere Niederlage, aber eine ohne direkte Konsequenzen“, kommentierte die oppositionsnahe Tageszeitung „Nepszabadsag“ eher nüchtern den Wahlausgang. „Er weiß seine Wähler noch immer hinter sich.“

Orban werden die Grenzen aufgezeigt

Regierungsnahe Analysten verweisen denn auch darauf, dass bei dem Referendum merklich mehr Wahlberechtigte mit einem Nein zu den EU-Flüchtlingsquoten votiert hätten als bei der letzten Parlamentswahl 2014 für Orbans regierende Fidesz-Partei. Doch obwohl Orban nach der Referendumspleite das Wort „ungültig“ ausdrücklich vermied und   gewohnt vollmundig die Fortsetzung seines Kampfs gegen die „Brüsseler Bürokraten“ ankündigte, hat der von ihm als „Sieg“ verkaufte Urnengang der Allmacht seiner Fidesz-Partei doch Grenzen aufgezeigt. Orban wolle Ungarn zu etwas machen, was es nicht sei, so „Nepszabadsag“: „Und das Land hat ihm ausgerichtet: Es wird sich nicht dazu machen lassen.“