Nach langen Verhandlungen einigt sich die Koalition auf Neuerungen bei Betriebsrenten. Vor allem Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen sollen stärker von der betrieblichen Altersvorsorge profitieren. Die Grundzulage für Riester steigt im nächsten Jahr auf 175 Euro.

Berlin - Union und SPD haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf die Reform der Betriebsrente verständigt. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) rechnet vor allem mit Vorteilen für Niedrigverdiener sowie kleine und mittlere Betriebe. Es profitieren auch alle Riester-Sparer. Die Änderungen im Einzelnen:

 
Was ändert sich bei Riester?
Die Koalition nimmt die Reform zum Anlass, die lange unveränderten Zulagen zur privaten Altersvorsorge anzuheben. Zum 1. Januar 2018 soll die Grundzulage von 154 auf 175 Euro steigen. Zudem wird die vielfach kritisierte Doppelverbeitragung abgeschafft – dies gilt allerdings nur, wenn ein Riester-Vertrag über den Arbeitgeber organisiert wird. Für Versicherte, die auf eine Betriebsrente sparen, werden bei der Auszahlung die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung fällig. Künftig soll bei betrieblichen Riester-Renten auf den doppelten Beitrag verzichtet werden.
Was sind die Ziele der Reform?
Gegenwärtig haben rund 60 Prozent der Arbeitnehmer (einschließlich öffentlicher Dienst) eine betriebliche Altersversorgung abgeschlossen. Ziel sei, den Anteil auf mehr als 80 bis 90 Prozent zu steigern, sagt Peter Weiß, rentenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Vor allem Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen sollen Anreize für eine Betriebsrente geboten werden. Die SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Katja Mast weist darauf hin, dass in Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern etwa 80 Prozent eine Betriebsrente haben. In Firmen mit weniger als 500 Beschäftigten seien es dagegen nur 45 Prozent. Hier gebe es Nachholbedarf. Die Koalition sieht die Betriebsrente als die beste Ergänzung der gesetzlichen Rente an.
Auf welche Weise profitieren Geringverdiener?
Weil gerade Menschen mit geringem Einkommen Gefahr laufen, später nur eine geringe Rente zu erhalten, setzt die Reform hier an. Dafür spricht auch die Statistik. Während Beschäftigte mit mittlerem und hohem Einkommen häufig eine Betriebsrente erhalten, haben nur ein Drittel der Geringverdiener darauf Anspruch. Es wird eine staatliche Förderung für Geringverdiener eingeführt. Wer über ein Bruttoeinkommen von bis zu 2200 Euro monatlich verfügt und eine Betriebsrente abschließt, erhält künftig vom Staat einen Zuschuss von 72 bis 144 Euro jährlich. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Arbeitgeber mindestens 240 bis 480 Euro pro Jahr in die Betriebsrente einzahlt. Die Koalition setzte in den Beratungen im Parlament eine höhere Einkommensgrenze durch als von der Regierung geplant. Rund 14,4 Millionen Beschäftigte können rechnerisch den staatlichen Zuschuss erhalten. Auch die steuerliche Förderung wird verbessert: Künftig sind Beiträge an Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherung von maximal 6000 Euro im Jahr steuerfrei.
Wird die Zusatzrente später angerechnet?
Eine entscheidende Verbesserung besteht darin, dass Betriebs- und Riester-Renten größtenteils nicht mehr auf die staatliche Grundsicherung angerechnet werden. Erstmals wird ein Freibetrag in der staatlichen Grundsicherung eingeführt, der für Betriebsrenten und Riester-Renten gilt. Der Sockelbetrag von 100 Euro pro Monat bleibt in jedem Fall anrechnungsfrei. Darüber hinaus ist eine gleitende Regelung vorgesehen: Danach bleiben bis zu 202 Euro pro Monat ohne Anrechnung auf die Grundsicherung. Damit soll erreicht werden, dass Beschäftigte, die über Jahrzehnte hinweg betrieblich und privat vorgesorgt haben, die Zusatzrente behalten dürfen – selbst, wenn sie auf Grundsicherung angewiesen sind.
Warum fallen Garantien weg?
Neu ist, dass der Gesetzgeber Arbeitgebern und Gewerkschaften die Möglichkeit gibt, eine neue Form der Betriebsrente einzuführen: das Sozialpartnermodell. Damit soll erreicht werden, dass die Tarifpartner die Betriebsrente in eigener Verantwortung organisieren und branchenweit anbieten. Möglich ist, dass ein Betrieb der gesamten Belegschaft eine Betriebsrente anbietet. Es muss aber gewährleistet sein, dass Beschäftigte die Möglichkeit abwählen können. Das Gesetz sieht vor, dass das Sozialpartnermodell auf Garantien verzichtet. Das Unternehmen muss damit nicht mehr eine Betriebsrente in bestimmter Höhe garantieren, sondern stellt eine unverbindliche Zielrente in Aussicht. Weil Betriebe künftig nicht mehr für Betriebsrenten haften müssen, fielen Hürden weg, argumentiert der Gesetzgeber. Das fördere vor allem die Bereitschaft bei kleinen und mittleren Betrieben, sich zu beteiligen. Im Gegenzug wird der Arbeitgeber bei der Entgeltumwandlung verpflichtet, die ersparten Sozialversicherungsbeiträge pauschal mit 15 Prozent an die Beschäftigten oder die Versorgungsträger weiterzugeben. Der Wegfall der Garantien gilt nur beim Sozialpartnermodell. Bei allen anderen Formen der betrieblichen Altersvorsorge kann es weiterhin Garantien geben.