Mit einem Maßnahmenpaket will Arbeitsminister Luigi Di Maio den italienischen Arbeitsmarkt auf Trapp bringen. Kritiker fürchten aber, dass die neuen Regelungen genau das Gegenteil bewirken werden.

Rom – Mit einem Maßnahmenpaket will der italienische Arbeitsminister Luigi Di Maio den Arbeitsmarkt des Landes in Gang bringen. Kritiker fürchten aber, dass die neuen Regelungen genau das Gegenteil bewirken werden.
Wie sehen die Pläne der neuen Regierung in Rom für die Wirtschaft aus?
Superminister Luigi Di Maio, Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, sagte direkt nach seiner Vereidigung: „Ich werde jetzt Arbeit für die Italiener schaffen.“ Der 31-Jährige ist nun seit rund sieben Wochen Minister für Arbeit, Soziales, wirtschaftliche Entwicklung und Industrie. Im Wahlkampf wurden den Italienern von den jetzigen Regierungsparteien Fünf Sterne und Lega ein Grundeinkommen für Arbeitslose von 780 Euro, die Senkung des Renteneintrittsalters und drastische Steuererleichterungen versprochen. All diese Vorhaben mussten aber erst einmal hintangestellt werden, denn der parteilose Finanzminister Giovanni Tria hat Maßnahmen, die neue Ausgaben verursachen, in diesem Jahr einen Riegel vorgeschoben.
Das erste Gesetz, das von der neuen Regierung verabschiedet wurde, trägt den verheißungsvollen Titel „Dekret Würde“. Was genau ist darunter zu verstehen?
Luigi Di Maios „decreto dignità“ berührt die unterschiedlichsten Fachgebiete: Das reicht von strengeren Regeln für befristete Arbeitsverträge über Werbeverbote für Glücksspiel bis hin zu erheblichen Strafen für Unternehmen, die staatliche Unterstützung einstreichen und innerhalb von fünf Jahren Teile ihrer Produktion ins Ausland verlegen.
Wie ist die aktuelle Lage auf dem italienischen Arbeitsmarkt?
In den vergangenen Jahren hat sich die Situation zwar verbessert, allerdings nur langsam. Die Arbeitslosenquote liegt mit 10,7 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit sechs Jahren, die der jugendlichen Arbeitslosen sank in den vergangenen zwölf Monaten um 4,6 Prozent auf heute 31,9 Prozent. Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi betont gerne, dass durch seine Reformen eine Million Arbeitsplätze entstanden seien. In den vergangenen vier Jahren ist aber vor allem die Zahl der befristeten Arbeitsverträge um 726 000 gestiegen.
Wie sehen die künftigen Regeln für befristete Verträge aus?
Mitarbeiter dürfen künftig höchstens für 24 statt wie bisher für 36 Monate befristet angestellt werden. Innerhalb dieses Zeitrahmens können die Arbeitsverträge nur noch maximal vier statt fünf Mal verlängert werden und mit jeder Verlängerung erhöhen sich die Sozialabgaben für den Arbeitgeber um 0,5 Prozent. Für eine befristete Anstellung, die über 12 Monate hinaus geht, müssen im Gegensatz zur bisherigen Regelung zusätzlich außergewöhnliche Gründe vorliegen.
Kritiker warnen, dass das Dekret Würde der Wirtschaft schaden wird. Warum?
Es fehlen Anreize für die Unternehmer, die bisherigen befristeten Arbeitsverträge in unbefristete umzuwandeln, stattdessen besteht die Gefahr, dass sie einfach einen neuen Arbeitnehmer erneut befristet einstellen. Silvio Berlusconi, Chef der Forza Italia, befürchtet sogar, dass Di Maios Dekret die Schwarzarbeit fördert. Tito Boeri, der Chef der italienischen Sozialversicherung INPS, warnt, die Maßnahmen der neuen Regierung würden in den kommenden zehn Jahren 80 000 Arbeitsplätze kosten. Für die Confindustria, die größte Arbeitgeberorganisation Italiens, liegt das Problem weniger in der Begrenzung der Höchstdauer auf 24 Monate als in der Einführung der speziellen Begründung für eine Befristung. Diese könnte zu einer Flut an Klagen führen. Auch an den Universitäten ist man alarmiert: Die neue Regelung würde die Forschung gefährden. Die Arbeitsverhältnisse an den Hochschulen würden befristet, weil sie von der Finanzierung einzelner Forschungsprojekte abhingen. Ohne befristete Verträge würde das System kollabieren, Italiens Wissenschaft nicht mehr wettbewerbsfähig sein.
Welche Anreize bietet die neue Regierung Unternehmen?
Im Regierungsprogramm zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega ist viel von Ausgaben die Rede, die vor allem Arbeitnehmern zu Gute kommen sollen. Anreize für Arbeitgeber oder Investoren sucht man darin vergeblich. Die Regierung plant wohl, die Kosten für unbefristete Verträge für die Arbeitgeber zu senken. Aber erst in einem weiteren Schritt. Die Strafen für subventionierte Unternehmen, die ihre Produktion ins Ausland verlegen, sind vielen ein Dorn im Auge: Kritiker befürchten, dass damit ausländische Investoren davon abhalten werden, nach Italien zu kommen.