Reformvorhaben Die Justiz soll digitaler werden

Aktentransport in den Amtsstuben – die Justiz soll digitaler werden. Foto: Caro / Ponizak

Tausende wurden befragt, wie die Justiz von morgen aussehen könnte. Die Ergebnisse werden nun umgesetzt – zumindest teilweise.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Die Bundeswehr macht es, die Polizei macht es, jetzt macht es auch die Justiz im Land: Werbung um Nachwuchs, und das auf für die Branche eher ungewöhnlichen Pfaden. Mit schnell geschnittenen Video-Clips soll vor allem auf der Plattform Instagram für einen Job beim Staat geworben werden. Mit Menschen, die wissen wovon sie sprechen. Vor der Kamera haben Richter, Staatsanwälte aber auch Rechtspfleger, Justizwachtmeister und Mitarbeiter aus Gefängnissen erzählt, warum sie ihre Arbeit für interessant und erfüllend halten. „Arbeiten Sie auf der guten Seite der Macht“ sagt Justizministerin Marion Gentges (CDU).

 

Mehr als 16 000 Verbesserungsvorschläge

Die Werbefilme sind der wohl offensichtlichste Teil eines Projektes, den Gentges zu Beginn des vergangenen Jahres angestoßen hat. „Zukunftsgerichtet“ hieß die Aktion, deren Ziel es war, den Rechtsstaat weiter zu entwickeln und voran zu bringen. Mehr als 1100 Vorschläge von rund 16 000 Teilnehmern sind dabei allein in einer ersten Runde gesammelt worden. Justizmitarbeiter in allen Bereichen wurden gefragt, und natürlich die ganz normalen Bürger im Land. Nur acht Prozent von denen hätten angegeben, keine Berührung mit der Justiz zu haben, sagt Gentges. Das habe sie schon überrascht.

Justizwachtmeister wünschen sich bessere Ausrüstung. Foto: picture alliance/dpa

Die Erkenntnisse des Beteiligungsprozesses waren dementsprechend vielschichtig. Durch alle Gruppen zog sich allerdings der Wunsch, dass der Zugang zur Justiz künftig digitaler werden sollte. In der Tat gehören die Gerichte hierzulande zu den letzten Orten, an denen Faxgeräte regelmäßig fröhlich vor sich hin rattern. Immerhin 37 Prozent der Befragten haben nun angegeben, einen Rechtsanspruch eher gerichtlich geltend zu machen, wenn das Gericht ausschließlich online arbeiten würde. So etwas gibt es bereits – allerdings im chinesischen Hangzhou, dem Sitz des Internet-Giganten Alibaba.

Dass zumindest die Klageerhebung im Zivilprozess auch Online möglich wird, dafür will sich das Ministerium nun stark machen. Schließlich könnte dies dazu führen, ein weiteres Problem zu beseitigen, mit dem die Justiz kämpft. Seit Jahren gehen die Klagen an Zivilgerichten kontinuierlich zurück. Das ist schlecht für die Rechtsfortbildung in diesem Bereich – und sorgt für Unwuchten. Gleichzeitig versinken die Staatsanwaltschaften in Arbeit.

Chat-Bots sollen Rechtssuchenden helfen

Die Liste an Themen, die es in nächster Zeit anzugehen gilt, ist lang. Der Einsatz von Chat-Bots gehört dazu. Diese könnten Ratsuchenden eine erste, schnelle Hilfe bieten. „Die Justiz hat entsprechende Vorhaben im Blick“, heißt es in dem Abschlussbericht. Künstliche Intelligenz soll auch an anderer Stelle vermehrt helfen, zum Beispiel bei Aktendurchsicht und bei Übersetzungen.

Auch sollen künftig mehr Notebooks für Mitarbeiter bereit gestellt werden, um denen das mobile Arbeiten zu erleichtern. Im Justizvollzug wünschen sich die Mitarbeiter mehr Schutzausrüstung, vor allem aber eine dauerhafte Doppelbesetzung auf jedem von ihnen betreuten Gefängnis-Stockwerk. Das sei das Ziel, heißt es in dem Bericht.

Manch ein wünschenswertes Vorhaben wird daran scheitern, dass neben dem Justiz- auch das Finanzministerium zustimmen müsste. Das Projekt „Zukunftsgerichtet“ selbst schlägt bereits mit 700 000 Euro zu Buche. Dabei kam ebenfalls heraus, dass die Kommunikation der Justiz verbessert werden muss – möglichst ohne Lapsus und nicht so wie vergangenes Jahr bei den Kollegen des Kultusministeriums. Die hatten am Flughafen mit dem Spruch geworben: „Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen? Hurra! Mach was dir Spaß macht und werde Lehrer“ – und einen Sturm der Entrüstung geerntet. Den von einer Agentur vorgeschlagenen Spruch „Gott allein wird’s nicht richten“ ist von der Justizministerin daher noch im Vorfeld gestrichen worden.

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