Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Als die Flüchtlinge nach Tübingen und das Umland kamen, wollten die Studierenden ihr Arbeitsfeld ausdehnen. Sie trafen auf Anwälte, die händeringend nach kundigen Helfern suchten und die Idee der Refugee Law Clinic unterstützen. In komplizierten Fragen und zur Rückversicherung stehen sie als Volljuristen in Kontakt mit den Studenten. Eine der treibenden Kräfte ist der Tübinger Asylanwalt Manfred Weidmann. Er fungiert seit vielen Jahren als Rechtsberater unter anderem des Diakonischen Werks und des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen. In Tübingen gibt es seit dem vergangenen Sommersemester ein Zertifikatsstudium, in dem die jeweils 24 Studenten eine Zusatzqualifikation erlangen. Für das aktuelle Semester gab es mehr Bewerber als Studienplätze. Der Vizepräsident des Sigmaringer Verwaltungsgerichts, Wolfgang Armbruster, hält die Blockvorlesung zum Migrationsrecht. Der deutschlandweit gefragte Experte in Sachen Ausländerrecht unterstützt die Idee der Refugee Law Clinic tatkräftig: „Ich finde es gut, wenn Studenten in der Praxis lernen, und sich zudem in einem Bereich engagieren, in dem ein großer Bedarf besteht, und dabei auch noch etwas für die Gesellschaft tun.“

 

Zusätzlich zu den Vorlesungen stehen auch Wochenendseminare an, in denen es um alle das Asylverfahren tangierenden Themenbereiche geht – von Traumata bis zur Frage, ob ehrenamtliche Betreuer Asylbewerber bei ihrer Anhörung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge begleiten dürfen. In der Mehrzahl der Fälle bereiten die angehenden Juristen die Ratsuchenden auf ihre Anhörung vor. „Diese paar Stunden entscheiden über das weitere Leben“, sagt Weidmann, der wie Armbruster als Praktiker und Organisator bei den Wochenendtreffen dabei ist.

Dass die Treffen im Weingartener Tagungshaus der Diözese Rottenburg-Stuttgart stattfinden, liegt daran, dass Claus Barwig, deren Referent für Migration, schon über mehrere Jahrzehnte die Experten zum Thema auf Tagungen zusammenbringt. Barwig sieht sein Angebot „als Wertschätzung für die Arbeit der Studenten“. Für ihn sind die jungen Menschen, die sich in den Refugee Law Clinics engagieren, „der Sauerteig, wenn sie später in Behörden und Richterämtern sitzen“.

Im „Coffee to stay“ telefoniert an diesem Abend der Jurastudent Georg Hofmann mit dem Asylspezialisten Manfred Weidmann. In komplexeren Fällen haben die Studenten das Backup durch die Rechtsanwälte. Dann schicken er und Dena Rad den 19-jährigen Albaner mit den zwei Schriftsätzen in einen Copyshop. Von dort muss er bis 24 Uhr seinen Widerspruch faxen. Mehr können sie im Moment nicht für ihn tun. Höchstens noch den Rat geben, die Empfangsbestätigung gut aufzuheben.