Dass Bund und Länder das neue Schuljahr nach den Ferien im Regelbetrieb beginnen wollen, ist klar. Was das heißt, bleibt noch diffus. Fast sicher ist aber: Baden-Württemberg hat Chancen auf den letzten Platz.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Bleiben die Infektionszahlen niedrig, soll nach den Sommerferien in den Schulen wieder der „Regelbetrieb“ gelten. Das bedeutet nicht, dass alles so sein wird, wie vor der Corona-Krise. Ein Überblick über das, was jetzt auf die Schulen zukommt.

 

Wie geht es im September in Baden-Württembergs Schulen weiter?

Die Regierungschefs haben am Mittwoch beschlossen, dass spätestens nach den Sommerferien an den Schulen der Regelbetrieb beginnen soll. Als Konsequenz hat die Kultusministerkonferenz einen Tag später das Abstandsgebot im Klassenzimmer gekippt – „wenn es das Infektionsgeschehen zulässt“. Dabei sollen die Schulen die „ geltende Stundentafel“ beachten. „Unser Ziel ist, nach den Sommerferien so viel Präsenzunterricht anzubieten, wie möglich“, erklärte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Ende Juli, also vor dem letzten Schultag, will sie ihre konkreten Pläne fürs neue Schuljahr auf den Tisch legen. „Einig waren wir uns darin, dass es einen normalen Schulalltag nur geben kann, wenn das Abstandsgebot entfällt“, sagte sie im Blick auf die Kultusministerkonferenz (KMK). Die Entscheidung über Abstände im Klassenzimmer, behält sie sich für die Landesregierung vor. „Dies ist eine Frage, die jedes Land sorgfältig prüfen muss, auch vor dem Hintergrund des jeweiligen Infektionsgeschehens.“

Worauf haben die Länder sich bundesweit verständigt?

Spätestens nach den Sommerferien sollen alle Schüler prinzipiell wieder jeden Tag Unterricht im Klassenzimmer haben. Die Betonung liegt auf spätestens; denn Thüringen und Sachsen liebäugeln damit, schneller mit der Rückkehr zum Normalbetrieb zu beginnen. Insgesamt sollen die Schulen dann „nach geltender Stundentafel“ und im normalen Klassenverband oder in festen Lerngruppen unterrichten. Damit legen die Kultusminister die Latte hoch: Sie wollen mit möglichst wenig Abstrichen an die normalen Stundenpläne herankommen – wenn es die Infektionszahlen zulassen. Das dazu passendes Hygienekonzept, das den Arbeitsschutz für die Lehrer berücksichtigt, muss noch erarbeitet werden. Ob im Klassenzimmer Maskenpflicht herrscht, ist deshalb noch offen. Dennoch ist sicher, dass der neue schulische Normalbetrieb in etwa einem Dutzend verschiedener Geschwindigkeiten wirklich wird. Schuld sind die Ferien: Wenn der Südwesten Ende Juli in Ferien geht, beginnt in Mecklenburg-Vorpommern bereits das Schuljahr. Nebeneffekt: Baden-Württemberg wird Letzter beim Start in den Regelbetrieb der Schulen.

Wie können Schüler Stoff aufzuholen?

Während der Sommerferien will das Land freiwillige Angebote machen, damit Stoff nachgeholt werden kann. Das haben die Kultusministerin und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) angekündigt. „Das Angebot zielt nicht nur auf die Schüler mit nachweislichen Lernschwierigkeiten, sondern auch auf Kinder und Jugendliche, die sich bei ihrem Pensum unsicher fühlen“, betonte Eisenmann. Eine Pflicht zur Teilnahme soll es weder für Lehrer, noch für Schüler geben, betonten beide. „Da das Ferienangebot freiwillig ist, ist das rechtlich kein Problem“, ergänzte Kretschmann. „Im übrigen haben Lehrer nicht mehr Urlaub als andere Leute; der Rest ist unterrichtsfreie Zeit.“

Was geschieht jetzt, um beim Digital- und Fernunterricht besser zu werden?

Baden-Württemberg schafft für insgesamt 130 Millionen Euro, die zur Hälfte vom Bund finanziert werden, 300 000 Laptops an. Damit kann ein Fünftel der Schüler im Land mit Leihgeräten ausgestattet werden. Das Angebot gilt Schülern, die keine eigenen Geräte haben. Der Bund will zudem mit Mobilfunkanbietern nach Lösungen für Schüler suchen, die daheim keine Netzanbindung haben. Bund und Länder streben an, bis Ende August eine Sondervereinbarung zum Digitalpakt abzuschließen, damit die Umsetzung noch 2020 erfolgen kann.

Gibt es Kritik daran?

Die Lehrerverbände sind besorgt, weil mit Kippen des Abstandsgebots das Ansteckungsrisiko für die Pädagogen wächst. Die Lehrergewerkschaft GEW warnt deshalb vor einem Wettlauf beim Öffnen der Schulen und fordert alternativ einen „Mix aus Präsenz- und Fernunterricht“.

Im Südwesten erneuert der Landeselternbeirat die Kritik an Grün-Schwarz. Mit vielen Verbänden stimme das Land sich ab, nicht aber mit den Eltern, schreibt LEB-Chef Carsten Rees im neuen Elternbrief. In der Kritik steht nach Eisenmann jetzt auch Kretschmann. „Es scheint die Linie dieser Landesregierung zu sein, die Eltern zu ignorieren“, wettert Rees.