Bei extrem starken Regenfällen kommen die Kanäle an ihre Grenzen. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen versucht, sich trotzdem gegen das Schlimmste zu wappnen. Wie, erklären wir hier.

Leinfelden-Echterdingen - Anfang Juni hatte es in Teilen von Leinfelden-Echterdingen wie aus Kübeln gegossen. Besonders betroffen waren Musberg und Oberaichen. Knapp 50 Liter Regen auf den Quadratmeter wurden an der Kläranlage im Reichenbachtal bei Musberg gemessen. Fotos, die nun im Stadtwerkeausschusses präsentiert wurden, zeigen die Auswirkungen der starken Regenfälle, die als sogenannter Dreißigjähriger Niederschlag Einzug in die Ortschronik halten werden.

 

Zu sehen ist auf den Bildern Wasser, das zentimeterhoch in breiter Front über die Albstraße in Oberaichen in Richtung Häuserwiesenstraße strömt und dabei auch Gärten unter Wasser setzt; ein Garten an der Holbeinstraße, von dem das Wasser ungebremst in Keller und Erdgeschoss läuft; die Klingenstraße in Musberg, die zu einem Bach wurde, und ein Garten, mit einem Fußballtor, das eher schon für ein Wasserballspiel geeignet wäre; eine „Seenlandschaft“ am Kapweg. „Und das Sportgelände am Hauberg stand zehn bis 15 Zentimeter unter Wasser“, sagte Andreas Waibel, der Leiter des städtischen Tiefbauamts.

Klar ist offenbar: Gegen die Wassermassen war wenig auszurichten. Diese Mengen hätte die Kanalisation nicht aufnehmen können, so Waibel, auch wenn – wie an der Rohrer Straße – viel Geld für größere Kanäle ausgegeben worden sei. Und Stadtwerke-Chef Peter Friedrich, zu dessen Zuständigkeit das Kanalnetz gehört, betonte, dass dieses auf dem Stand der Technik sei.

Auch auf Anwohner können Kosten zukommen

Der Bauhof hat in den Tagen nach den Unwettern aufwendig die Straßen und Wege vom Schlamm befreit, dafür seien Kosten in Höhe von rund 12 000 Euro aufgelaufen. Auch im Reichenbachtal mussten die Mitarbeiter tätig werden, da Bäume quer über dem Wasserlauf lagen und den Bach aufstauen würden, sollte es zu weiteren Unwettern kommen.

Doch nicht nur die Kommune muss für die durch den Starkregen verursachten Kosten aufkommen, sondern auch einige Anwohner. „Bei wild abfließendem Niederschlagswasser handelt es sich nicht um Abwasser, die Stadt ist nicht zu dessen schadloser Beseitigung verpflichtet“, so Waibel. Und das gelte auch für Wasser, das von landwirtschaftlichen Flächen in die Keller und Wohnungen läuft. Gegenüber dem Landwirt, aus dessen Acker das Schlammwasser nach unten läuft, gibt es keine rechtliche Handhabe, wurde in der Sitzung deutlich. Besonders problematisch scheinen Maisfelder zu sein, die die Wassermassen im Vergleich zu anderen Kulturen nur schlecht ausbremsen können. „Diese Regenmenge hätte aber auch eine Wiese nicht aufnehmen können“, sagte Walter Vohl (Freie Wähler), der selbst Landwirt ist. Trotzdem denkt man nun über einen Vorschlag nach, mit dem sich auch Oberbürgermeister Roland Klenk anfreunden könnte. Die Idee: Einen Blühstreifen am Ackerrand schaffen und den betroffenen Landwirt für die Einbußen entschädigen.

Das Problem mit dem Hochwasser verlagere sich nur

Das Wasser hat nicht nur Gebäude und Straßen geflutet, sondern trübt auch das Verhältnis von Nachbarn. „Jeder schützt sich nun vor Hochwasser, die Nachbarschaft ist untereinander zerstritten“, erzählt ein Musberger, der sich die Ausführungen der Verwaltung angehört hatte. Denn jeder Tropfen Wasser, der nicht in den eigenen Keller oder Garten fließt, setzt möglicherweise das Nachbargrundstück unter Wasser – das Problem wird zwar für den Einzelnen gelöst, verlagere sich aber eigentlich nur.

Erneuert wurde der jährliche Aufruf an Hausbesitzer, nach den Rückstauverschlüssen im Keller zu schauen. Manchmal, so Stadtwerke-Chef Friedrich, seien aufwendigere Lösungen nötig. Die Stadt will zudem ein Ingenieurbüro beauftragen, das ein „Handlungskonzept zum Starkregenrisikomanagement“ erstellen soll. „Das Angebot“, so Waibel, „ist schon eingeholt“.