Nachdem Silvio Berlusconi einen Zusammenschluss zwischen dem Mitte-Rechts-Bündnis und der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien noch immer blockiert, streckt der Staatspräsident nun die Fühler in die andere Richtung aus: Kommt so der Partito Democratico doch wieder an die Macht?

Rom - Der Titel des Dokuments, das am Montag auf dem Blog der Fünf-Sterne-Bewegung veröffentlicht wurde, zeigt das Dilemma, in dem die stärkste politische Kraft und damit ganz Italien seit der Wahl am 4. März stecken: „Ein Vertrag für die Regierung Italiens zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und. . .“ Es beinhaltet einen Plan, wie die Cinque Stelle das Land regieren wollen. Damit will Frontmann Luigi Di Maio dem Instrument des deutschen Koalitionsvertrages nacheifern, das es in dieser Form in Italien bisher nicht gab. Das Konzept steckt allerdings noch in den Kinderschuhen: Die Version von Di Maio umfasst zehn Punkte verteilt auf 28 Seiten.

 

Davon einmal abgesehen, fehlt dem 31-Jährigen für eine Koalition das alles entscheidende Element: ein Partner. Um diese „. . .“-Leerstelle soll sich nun Parlamentspräsident Roberto Fico kümmern. Nachdem Senatspräsidentin Maria Elisabetta Alberti Casellati vergangene Woche mit leeren Händen in den Quirinalspalast zu Staatspräsident Sergio Mattarella zurückgekehrt war, darf nun der Fünf-Sterne-Mann sein Glück mit den Sondierungen versuchen. Anders als das Mandat für Casellati, die einen möglichen Zusammenschluss zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und dem Mitte-Rechts-Bündnis erkunden sollte, soll Fico nun bis Donnerstag herausfinden, ob eine Regierung aus den Cinque Stelle und dem Partito Democratico möglich sein kann. Dieser war bei den Wahlen mit 19 Prozent der Wählerstimmen abgestraft worden.

Renzi will noch immer in die Opposition

Damit taucht ein eigentlich schon abgeschriebener Spieler wieder auf der politischen Bildfläche auf: die Sozialdemokraten. Der Ball liegt nun in ihrem Feld. Und sie scheinen sich tatsächlich so langsam aus der Deckung zu wagen. Auch wenn die Hardliner um den Ex-Ministerpräsidenten Matteo Renzi sich noch immer strikt gegen eine Regierungsbeteiligung aussprechen und ihr Heil in der Opposition sehen, melden sich immer mehr so genannte „Possibilisti“ zu Wort, also Parteimitglieder, die Verhandlungen mit den einst so verhassten Grillini zumindest nicht von vorne herein ausschließen. Zu ihnen zählen zum Beispiel die noch amtierenden Minister für Justiz, Andrea Orlando, und Kultur, Dario Franceschini.

Sehr weit hergeholt wäre eine Regierung zwischen den Fünf Sternen und dem Partito Democratico nicht. „Die Wählerschaft des Movimento Cinque Stelle kommt zum größten Teil von der Seite der Linken“, sagt Massimo Cacciari, italienischer Philosoph und Politologe. Die Bewegung konnte bisher damit punkten, dass sie sich politisch weder links noch rechts verortet. Bleibt die Frage, ob sich die Sozialdemokraten in so kurzer Zeit zusammenraufen und ihre internen Streitigkeiten beiseitelegen können.

Für den Partito Democratico steht einiges auf dem Spiel

Momentan wird der Partito Democartico vorrübergehend von Maurizio Martina geführt, der sich bislang in der Frage der Regierungsbeteiligung diplomatisch bedeckt hält. Offen ist auch, wie lange Martina in dem Amt bleibt und wann und welche Art von Parteitag die Sozialdemokraten abhalten werden. Eine bereits anberaumte Assemblea Nazionale, die für vergangenen Samstag geplant war und bei der auch ein neuer Vorsitzender gewählt werden sollte, wurde kurzerhand abgesagt und vertagt – ein neues Datum steht noch nicht fest. Beginnt die Partei in dieser kritischen Zeit auch noch einen Wahlkampf um das Amt des Parteivorsitzenden, an dem sich am Ende zehn oder noch mehr Kandidaten beteiligen, kann sie direkt einpacken. „So eine Kampagne, die am Ende nur die Partei selbst interessiert, wird sie von der Bildfläche verschwinden lassen“, sagt der Experte Cacciari.

So könnte diese Woche nicht nur entscheidend für die Regierungsbildung in Italien sein, sondern auch für das Überleben der italienischen Sozialdemokraten. Bei der Regionalwahl im süditalienischen Molise wurde der bis dato amtierende Präsident vom PD am Sonntag abgewählt. Als Sieger ging der Kandidat des Mitte-Rechts-Bündnisses, Donato Toma, hervor. Ein weiterer Regionalpräsident des PD wird wohl kommende Woche abdanken: Am Sonntag wird in der Region Friaul-Julisch Venetien gewählt. Wie desolat es um die Sozialdemokraten steht, zeigt auch ein Blick nach Sizilien, wo in einigen Großstädten am 10. Juni Bürgermeisterwahlen anstehen. Viele der PD-Kandidaten bevorzugen es hier, ohne das Logo der Partei anzutreten.