Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega wollen Giuseppe Conte zum italienischen Ministerpräsidenten machen. Nun muss noch der Staatspräsident zustimmen.

Rom - Durchbruch in der italienischen Regierungsbildung: 80 Tage nach der Wahl haben die Chefs der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega dem Staatspräsidenten am Montagabend einen Vorschlag gemacht, wer das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen könnte. Doch ganz weiß war der Rauch noch nicht über Rom: Den Namen nannten nach ihren Treffen mit dem Präsidenten weder Luigi Di Maio noch Matteo Salvini offiziell. Wenig später erschien der Name aber – ob absichtlich oder nicht – in einer Mitteilung auf dem Blog der Fünf Sterne: Giuseppe Conte, Professor und Rechtsanwalt, werde Premier der neuen Regierung.

 

Conte hat eine Kanzlei in Rom und lehrt an der Universität von Florenz

Es wäre das sechste Mal, dass jemand von außen, also ein nicht vom Volk Gewählter, die Geschicke Italiens leitet. Der 53-jährige Jurist steht den Fünf Sternen nahe, politisch aktiv war er bislang nicht. Conte wurde aber bereits im Wahlkampf von Sterne-Chef Di Maio als möglicher Minister für Verwaltung ins Gespräch gebracht. In diesem Zusammenhang hatte sich Conte sowohl für die Abschaffung von mehr als 400 „sinnlosen Gesetzen“ und damit eine Entbürokratisierung als auch für einen verstärkten Kampf gegen Korruption ausgesprochen. Conte hat eine Kanzlei in Rom und lehrt an der Universität von Florenz Privatrecht. Seine akademische Laufbahn führte ihn an die bekanntesten Hochschulen: Er war in Yale, Wien, Paris und Cambridge tätig. Die Italiener witzelten in den sozialen Netzwerken bereits, dass dieser Premier – anders als sein Vorvorgänger Matteo Renzi – wohl keine Probleme mit der englischen Sprache haben werde.

Er habe früher die Linke gewählt, so äußerte sich Conte im Wahlkampf, aber heute würden die ideologischen Muster des 20. Jahrhunderts nicht mehr passen. Die Fünf-Sterne-Bewegung, die sich selbst politisch weder links noch rechts verorten will, bezeichnete er als „wunderbares, unglaubliches politisches Labor“, weil sie auch unabhängige Figuren miteinbezöge. Laut einer Umfrage der Zeitung „La Repubblica“ wären die Italiener mit der Lösung Conte halbwegs zufrieden. Die Variante, einen Dritten als Premier einzusetzen, der weder ein Politiker der einen noch der andere Partei ist, unterstützen 35 Prozent der Befragten, während die Parteichefs Luigi Di Maio und Matteo Salvini nur für 21 beziehungsweise 22 Prozent geeignete Regierungschefs wären.

Nun liegt der Ball wieder im Feld von Staatspräsident Sergio Mattarella

Mit der Einigung auf einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten ist die angestrebte Regierungsbildung zwischen den Sternen und der Lega einen großen Schritt weitergekommen. Nun liegt der Ball wieder im Feld von Staatspräsident Sergio Mattarella, der sich am Montagabend nicht äußern wollte. Er muss Conte formal den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen und mit dem künftigen Premier ein Kabinett formen, bevor das Parlament über die neue Regierung abstimmt. Mattarella hatte bereits in den vergangenen Tagen klargemacht, dass seine Rolle nicht die eines Notars sei, der einfach nur etwas fertig Verhandeltes absegnet. Der 76-Jährige legt vor allem Wert darauf, Italiens Stellung innerhalb der Europäischen Union nicht zu verspielen.

Doch alleine die Aussicht auf eine populistische Regierung in Italien lässt die Partner und die Finanzmärkte unruhig werden. Am Montag, der in Italien kein Feiertag war, wuchs der sogenannte Spread, der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen, im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen auf zeitweise mehr als 180 Punkte. Vor dem Bekanntwerden des ersten Entwurfs für ein Regierungsprogramm, in dem noch ein Ausstieg aus dem Euro thematisiert wurde, lag der Spread relativ stabil bei rund 130 Basispunkten. Aber zum Vergleich: Der Höchststand während der Krise lag im Herbst 2011 bei 574 Basispunkten.