Für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat der Umtausch alter Dieselautos höchste Priorität, um die Luft in den Innenstädten zu verbessern und Fahrverbote zu vermeiden. Eine Hardware-Nachrüstung des Abgassystems soll kostenlos sein.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Das Gerangel über die Nachrüstung von Dieselautos geht weiter. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erklärte jetzt, bei möglichen Hardware-Nachrüstungen der Abgasreinigungssysteme sollten Autofahrer nichts bezahlen müssen. Sein oberstes Ziel sei es, „die Selbstbeteiligung der Fahrzeughalter auf null zu setzen“, erklärte Scheuer. Gleichzeitig machte er deutlich, dass er andere Lösungen als eine Nachrüstung bei der Hardware anstrebt: „Meine Priorität Nummer eins bleibt, dass die Dieselbesitzer ihr altes Auto gegen ein sauberes Fahrzeug tauschen können“, erklärte Scheuer.

 

Bei einem Tausch eines alten gegen ein neues Auto müsse der Wertverlust für alte Dieselautos von Herstellern ausgeglichen werden, so der Bundesverkehrsminister. Beim Tag der Deutschen Industrie forderte der Präsident des Bundesverbands der Industrie (BDI), Dieter Kempf, die Autohersteller auf, „in der Dieselkrise Verantwortung zu übernehmen“. Ähnlich wie auch die Autoindustrie zeigte sich Kempf aber skeptisch in Bezug auf eine Hardware-Nachrüstung. Der Verbandspräsident hält Software-Updates für sinnvoller.

Die Deutsche Umwelthilfe spricht vom größten Industrienbetrug der Nachkriegszeit

Der Vizepräsident des Autofahrerverbands ADAC, Ulrich Klaus Becker, erklärte, es sei „wichtig, dass endlich Bewegung in die Frage der Hardware-Nachrüstung kommt“. Becker meinte, die Hersteller signalisierten inzwischen ihre Bereitschaft zu einem solchen Schritt. Dies sei „ein erfreuliches Signal“. Jetzt seien die Autobauer aufgefordert, „alles zu unternehmen, um Fahrverbote zu vermeiden“. Nachrüstungen bei der Hardware dürfe es nicht nur für Dienstwagenfahrer geben. Sie müssten für alle Besitzer von Dieselfahrzeugen gelten „für die das sinnvoll ist“. Um Fahrverbote zu vermeiden, muss nach Ansicht des ADAC ein Maßnahmenpaket geschnürt werden, das sowohl Software-Updates als auch die Nachrüstung bei Hardware umfasst. In keinem Fall aber dürften Autofahrer für Updates und Nachrüstungen durch die Hersteller zusätzlich zur Kasse gebeten werden, fordert die Organisation.

Ähnlich argumentiert auch Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Es kann nicht angehen, dass man beim größten Industriebetrug der Nachkriegszeit von den Kunden verlangt, dass sie sich finanziell an der Beseitigung des Betrugs beteiligen“, sagte Resch unserer Zeitung. Eine Hardware-Nachrüstung sei bei fast allen Fahrzeugen möglich. Früher seien Systeme zur Reinigung der Abgase gegen einen Aufpreis sogar als Zusatzleistung angeboten worden. Auch eine Beschränkung des Angebots zur Hardware-Nachrüstung auf Regionen mit einer besonders hohen Luftbelastung hält Resch für falsch. Solche Überlegungen gibt es offenbar im Berliner Verkehrsministerium. Wer in einer solchen Region wohne, erhalte dann möglicherweise Unterstützung, sagte Resch. „Wer aber nicht dort wohnt und dorthin pendeln muss, wird benachteiligt.“

Der Daimler-Konzern hält sich noch sehr bedeckt

Der Stuttgarter Daimler-Konzern geht in der Debatte über Dieselfahrzeuge in Deckung: „Wir arbeiten an Lösungen“, sagte ein Sprecher lediglich. Diese werde man dann zu gegebener Zeit mitteilen.

Ferdinand Dudenhöffer, Chef des Car Centers Automotive an der Universität Duisburg-Essen, hält nach wie vor seinen früheren Vorschlag zum Umgang mit der Dieselkrise für die beste Lösung: „Man sollte die Kraftfahrzeugsteuer und die Mineralölsteuer für Dieselautos und für Autos mit Benzinmotor gleich hoch festsetzen“, sagte Dudenhöffer unserer Zeitung. Fahrer von alten Dieselfahrzeugen sollten dann eine Steuerrückerstattung bekommen. Aus diesen könnten sie dann „locker eine Hardwarenachrüstung bezahlen“.

Wer aber ein neues Fahrzeug kaufe, müsse sich dann eben entscheiden, ob er einen Benziner oder einen Diesel kaufe. Mit einem solchen Schritt „hätten wir recht schnell saubere Fahrzeuge auf der Straße“, sagte der Wissenschaftler. Alle Vorschläge, die bisher diskutiert wurden, seien nur „halbe Lösungen“ gewesen.