Das Regierungsprogramm einer schwarz-roten Bundesregierung liegt auf dem Tisch. Bei der Bewertung runzeln in Baden-Württemberg so manche die Stirn. Die große Frage ist: Was springt für das Land raus?

Das Regierungsprogramm einer schwarz-roten Bundesregierung liegt auf dem Tisch. Bei der Bewertung runzeln in Baden-Württemberg so manche die Stirn. Die große Frage ist: Was springt für das Land raus?

 

Stuttgart - Wird es einen Minister aus Baden-Württemberg geben? Und was kommt auf die SPD als doppelter Juniorpartner im Bund und im Land zu? Die erfolgreichen Verhandlungen zwischen Union und SPD in Berlin haben auch die Karten in Baden-Württemberg neu gemischt. Doch was genau bedeutet Schwarz-Rot für den Südwesten?

Wird das Miteinander von Grün-Rot im Land schwieriger?

Die SPD wäre dann in der schwierigen Rolle des zweifachen Juniorpartners: im Land und im Bund. Im Südwesten könnten die Konflikte mit den Grünen zunehmen, wenn es darum geht, im Bundesrat über Vorhaben der schwarz-roten Bundesregierung zu entscheiden. Grüne und SPD könnten dann ganz unterschiedlicher Meinung sein. Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) erinnert aber auch daran, dass eine große Koalition keine eigene Mehrheit in der Länderkammer hat. Er sieht deshalb Baden-Württemberg und die Südwest-SPD gestärkt: „An uns hängt die Organisation von Mehrheiten im Bundesrat.“

Welche Folgen haben die schwarz-roten Pläne für den Landeshaushalt?

Finanzminister Nils Schmid (SPD) kalkulierte bei der Sanierung des Landeshaushalts fest mit einem höheren Spitzensteuersatz und hoffte deshalb auf mehr Geld vom Bund. Eingerechnet hat er ein Plus von jährlich 400 Millionen Euro ab 2015. Jedoch wollen Union und SPD die Steuern im Bund nicht erhöhen. Grün-Rot setzt jetzt auf die angestrebte grundlegende Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern. Dazu soll eine Reform des Länderfinanzausgleichs gehören, bei dem Baden-Württemberg zu den großen Einzahlern gehört.

Wie sieht es mit Geld für die Sanierung von Straßen aus?

Schwarz-Rot will für Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur insgesamt fünf Milliarden Euro in vier Jahren zusätzlich mobilisieren. Nach Einschätzung von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist der Bereich damit aber weiterhin drastisch unterfinanziert. Daran werde auch die Pkw-Maut nicht viel ändern - wenn sie denn kommt. Auch die von Hermann grundsätzlich begrüßte Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen und kleinere Lkw könne die Finanzierungslücke allein nicht schließen.

Behindern die schwarz-roten Pläne die Energiewende?

Ja, meinen die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der schwarz-rote Koalitionsvertrag sieht unter anderem vor, dass bei Windrädern an Land die Fördersätze gesenkt und effiziente Standorte bevorzugt werden. Kretschmann befürchtet, dass damit die Hälfte der bislang vorgesehenen Windkraftgebiete im Südwesten wegfallen könnte. Das Ziel der Landesregierung, bis zum Jahr 2020 zehn Prozent der Bruttostromerzeugung aus Windkraft zu generieren, werde damit stark erschwert. Grün-Rot will über den Bundesrat versuchen, gegenzusteuern.

Wie viele Menschen profitieren von dem Kompromiss zum Doppelpass?

Union und SPD wollen die „Optionspflicht“ streichen. Damit müssen sich Kinder ausländischer Eltern, die hier geboren und aufgewachsen sind, nicht mehr bis zum 23. Geburtstag zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern entscheiden, sondern dürfen beide Pässe behalten. Nach Angaben des Integrationsministeriums befinden sich derzeit etwa 4500 Jugendliche in der „Optionsphase“, die mit der Volljährigkeit beginnt und mit dem 23. Geburtstag endet. Jährlich kommen rund 900 18-Jährige hinzu - von 2018 an sogar jährlich mehrere Tausend.

Gibt es mehr Geld für Schulen?

Union und SPD haben eine Finanzspritze für die Länder in Höhe von insgesamt sechs Milliarden Euro in Aussicht gestellt - allerdings für Kitas, Kinderkrippen, Schulen und Hochschulen zusammen. Nach den Worten von Bundesratsminister Friedrich liegt es an den Ländern, zu entscheiden, wo sie das Geld einsetzen wollen. Die Summe gilt aber als zu knapp bemessen. Auch ist unklar, wie viel davon der Südwesten bekommt und was davon in den Ausbau von Ganztagsschulen fließen kann. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) beklagt „nebulöse Formulierungen“ im Koalitionsvertrag. „Ich habe große Sorge, dass die Wissenschaft die große Verliererin dieser Koalition sein wird.“ Zur angekündigten Summe von sechs Milliarden Euro sagt sie: „Wenn es ganz dumm läuft, kommt von dem Geld bei den Hochschulen gar nichts an.“

Sitzen Südwest-Politiker mit in der künftigen Bundesregierung?

Darüber schweigen sich CDU und SPD aus. Da der Baden-Württemberger Wolfgang Schäuble (CDU) weiter einen Ministerposten in Berlin bekleiden dürfte, wird es wohl für CDU-Landeschef Thomas Strobl schwierig, ebenfalls ein Ministeramt zu ergattern - obwohl die Südwest-CDU bei der Bundestagswahl nach der CSU das beste Wahlergebnis aller Unions-Landesverbände einfuhr. Düster sieht es bei der SPD aus. Der Südwest-Verband hat innerhalb des Bundesverbandes keine starke Rolle. Für baden-württembergische Sozialdemokraten dürfte allenfalls der eine oder andere Staatssekretärsposten herausspringen.