Von Elektroantrieb bis autonomes Fahren – Autofirmen und ihre Zulieferer stehen vor einem großen Umbruch. Für die Region Stuttgart, deren Wohlstand auf der Branche beruht, bedeutet das einen großen Wandel. Deshalb wurde jetzt ein Transformationsbündnis gegründet.

Stuttgart - Wenn Walter Rogg in die Zukunft blickt, dann erkennt der Geschäftsführer der regionalen Wirtschaftsfördergesellschaft WRS Parallelen, die Mitte der 1990er Jahre zur Gründung der Region Stuttgart und der WRS führten. Damals sollte eine bessere regionale Zusammenarbeit der Krise entgegenwirken, die die Automobilindustrie erfasst und zum Verlust von mehr als 100 000 Arbeitsplätzen geführt hatte. „Wir stehen heute wieder vor grundlegenden Umbrüchen in der Autobranche“, sagte Rogg, „doch wir wollen die Veränderungen nicht wie damals einfach hinnehmen und hinterher Schäden beheben, sondern aktiv begleiten, mitgestalten und ihre Folgen abmildern.“ Deshalb wurde am Freitag das Transformationsbündnis Automobilwirtschaft Region Stuttgart gegründet.

 

Geld kommt vom Verband Region Stuttgart

In dem Bündnis arbeiten IG Metall, Agentur für Arbeit, Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammer, Arbeitgeberverband Südwestmetall und DGB zusammen, weitere Verbände, Forschungseinrichtungen und Unternehmen sollen dazu kommen. Bis zum Frühjahr wird eine Geschäftsstelle aufgebaut, am Jahresende will man erste Ergebnisse vorlegen. Das Bündnis, das jährlich rund eine Viertel Million Euro Kosten verursacht, wird aus dem Etat des Verbands Region Stuttgart unterstützt. „Unser Vorgehen ist mit dem Land abgestimmt“, betonte Rogg. Dort gibt es mit dem Strategiedialog und dem Transformationsrat zwei ähnliche Veranstaltungen, die sich mit den Herausforderungen an die Automobilwirtschaft beschäftigen. „Aus diesem Kreis gab es den Wunsch, solche Aktivitäten auch in der Region Stuttgart zu organisieren“, sagte Rogg.

Das Bündnis sei eine „sinnvolle Ergänzung“ der landesweiten Treffen, meinte auch Matthias Toepfer von Südwestmetall. Es könne sich gezielt an kleine und mittlere Betriebe wenden. Auch Uwe Meinhardt, Bevollmächtigter der IG Metall Region Stuttgart, betonte, dass der regionale Bezug wichtig sei, weil es um den Erhalt von Standorten und die Sicherung von Arbeitsplätzen vor Ort gehe. „Wir müssen die Herausforderungen auch den Belegschaften näherbringen“, sagte er. Ziel sei, die Beschäftigung entlang der gesamten Wertschöpfungskette, besonders im Bereich der Zulieferer, abzusichern. „Das Bündnis ist eine Plattform des Austauschs und des Antriebs“, sagte Meinhardt.

Experten erwarten „großen Veränderungsdruck“

Der prophezeite Vormarsch des Elektroantriebs, der Verlust von Marktanteilen des Verbrennungsmotors, das autonome Fahren und die Digitalisierung treffen die Branche, die in der Region Stuttgart mehr als 200 000 Menschen beschäftigt. „Der Wohlstand dieser Region beruht auf dem Automotivecluster“, sagte Meinhardt. Der absehbare Wandel werde deshalb einen „großen Veränderungsdruck aufbauen“, so Rogg. Dazu gehöre auch, das neue Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote geschaffen werden müssten, betonte Susanne Koch, Chefin der Agentur für Arbeit.

Das Bündnis will sich bis Ende des Jahres Orientierung verschaffen über technologische Entwicklungen, wegfallende Komponenten, mögliche neue Geschäftsfelder und künftige Anforderungen an die Beschäftigten. „Sobald wir über ein verlässliches Bild verfügen, können wir auf regionaler Ebene konkrete Strategien entwickeln“, sagte Rogg. In zwei Jahren ist dann eine erste Bilanz geplant.