Die neu ausgewiesenen Standorte in der Region Stuttgart sind zumindest bisher nicht allzu begehrt. Und einen Verlierer gibt es bereits, meint StZ-Redakteur Thomas Faltin: den Wald.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Für eine abschließende Bilanz ist es noch viel zu früh. Aber eine Tendenz lässt sich ein halbes Jahr nach der Ausweisung von 41 Windkraftstandorten in der Region Stuttgart schon erkennen: Viele Flächen sind nicht so attraktiv, dass sie weggehen würden wie warme Semmeln. Das liegt vor allem an der wackligen Wirtschaftlichkeit – viele Stadtwerke lassen vorerst die Finger von der regionalen Windkraft, obwohl sie vor Lokalpatriotismus glühen. Oftmals ist der Wind einfach doch zu schwach, es drohen weitere EEG-Kürzungen, und auch die Pachtansprüche der Eigentümer steigen beträchtlich.

 

Diese Beobachtung lässt vorerst zwei Schlussfolgerungen zu. Erstens muss man zumindest in den nächsten Jahren keine Verspargelung der Region befürchten, was manche Gegner ja prophezeit haben. Wobei es aufgrund der geringen Zahl bisheriger Windkraftstandorte doch zu einer Verdoppelung kommt, von derzeit knapp 30 Windrädern auf bald wohl etwa 60. Was die weitere Zukunft bringt, ist völlig unklar – durch sinkende EEG-Einnahmen könnten die Fläche noch stärker zum Ladenhüter werden, aber durch eine verbesserte Technologie könnten auch windschwächere Standorte interessant werden.

In Lauterstein sind sieben Hektar Wald abgeholzt worden

Zweitens rächt sich aus Sicht der Windkraftbefürworter nun, dass der Regionalverband viele kleine Standorte gestrichen hat, obwohl dort Bürgerenergiegenossenschaften in den Startlöchern standen, wie in Bönnigheim oder Großbottwar. Diese Bürger hätten die Energiewende vorangetrieben, ohne nur auf den Profit zu achten.

Daneben ist jetzt schon deutlich zu erkennen, dass es einen großen Verlierer bei der Windkraft in der Region Stuttgart gibt: das ist der Wald. Fast alle neuen Standorte liegen im Wald. Es müssen dort also Bäume abgeholzt werden, wodurch wiederum die Artenvielfalt beeinträchtigt und die Freizeitqualität gemindert wird. Das war in dieser Dimension in den vierjährigen Debatten um neue Windkraftstandorte in der Region nicht abzusehen gewesen.

Nun sollte man der grün-roten Landesregierung, die die Windkraft stark fördert, sicher nicht vorwerfen, sie hätte diese Entwicklung in den Wäldern absichtlich herbeigeführt. Aber es ist nun doch so gekommen, dass der wichtigste Eigentümer des Waldes, nämlich der landeseigene Betrieb ForstBW, über die Pachterlöse deutlich davon profitiert. Vielleicht hat das ein G’schmäckle. Viel ärgerlicher aber ist, dass bei der Auswahl der Standorte scheinbar niemand darauf geachtet hat, dass nicht allein der Wald so stark belastet wird. Der Ausbau der Windkraft in der Region könnte dadurch in eine gewaltige Schieflage geraten, auch was die Akzeptanz anbetrifft.