Bislang sind keine Fälle des Vogelgrippevirus in der Region Stuttgart aufgetreten. Die hiesigen Bauern, die Gänse halten, sind dennoch indirekt davon betroffen.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Rund 500 Gänse schnattern tagsüber auf der Wiese vom Hof Bonholz in Waldenbuch, nachts geht es in den Stall. Denn nicht der Fuchs soll sie holen, sondern Köche und all jene, die eine Martins- oder Weihnachtsgans zubereiten möchten. Einzig eine Sache könnte den Menüplanern dabei einen Strich durch die Rechnung machen: die Vogelgrippe. Europa erlebt der EU-Gesundheitsbehörde ECDC zufolge derzeit die schwerste jemals erfasste Vogelgrippe-Epidemie. In Norddeutschland (Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Brandenburg und auch in Nordrhein-Westfalen,) ist in Nutztierbeständen das Vogelgrippevirus aufgetreten. „Bei uns noch nicht“, sagt Hermann Mayer vom Hof Bonholz.

 

Der Waldenbucher Landwirt hofft, dass es dabei bleibt, denn wenn unter seinen Gänsen ein Vogelgrippefall auftreten würde, müsste er seine Tiere töten und entsorgen. In den 50 Jahren, die auf seinem Hof Gänse gehalten werden, sei das zum Glück noch nie passiert. Die Sorge sei dennoch da. „Man hat immer Angst, dass es eingeschleppt wird. Das Risiko hat jeder Züchter“, sagt er.

Betriebe werden regelmäßig kontrolliert

Um zu kontrollieren, dass sich die Geflügelpest nicht auch hier ausbreitet, komme regelmäßig ein Veterinärarzt auf Mayers Hof und prüfe, ob es kranke Tiere gebe. Im Verdachtsfall werde eine Probe entnommen. Das sei aber bisher nicht eingetreten, „alle sind topfit“, sagt der Landwirt. „Gott sei Dank.“ Kurz vor dem Martinstag am 11. November steht für die ersten Gänse die Schlachtung an. Die meisten Tiere würden aber erst kurz vor Weihnachten geschlachtet. „Der Martinstag ist bei uns nicht so verbreitet“, sagt Hermann Mayer und hofft, dass seine Gänse den ganzen Advent über gesund bleiben.

Auch Patrick Haag vom Tegerhof in Degerloch beobachtet die aktuelle Lage genau. Auf seinem Hof leben ebenfalls mehrere Hundert Gänse, die er zwischen dem Martinstag und Weihnachten schlachtet und verkauft. „Die Lage in Deutschland ist recht kritisch“, sagt er in Bezug auf die Vogelgrippe. Dass es hierzulande Infektionen gebe, sei zwar seit einigen Jahren gängig, das besondere in diesem Jahr sei indes, dass die Welle im Sommer nicht abgeebbt sei. „Das ist unüblich“, sagt er.

Die konkrete Gefahr für seine Gänse schätzt Haag jedoch als moderat ein, da der Infektionsherd weit weg sei. Trotzdem habe er am Stall vorsichtshalber eine Art überdachte Außenterrasse anbringen lassen, die er kurzfristig so abriegeln könnte, dass kein anderer Vogel hineinfliegen könnte. Dann hätte er im Falle einer Stallpflicht, die gilt, wenn die Geflügelpest in der Nähe auftritt, weiterhin ausreichend Platz für seine Gänse. Denn: „Stallpflicht ist ein Problem, wenn man auf Freilandhaltung ausgerichtet ist.“

Die reduzierten Bestände schlagen sich im Preis nieder

Auch wenn die Vogelgrippe bislang vor allem für die Gänsezüchter im nördlicheren Deutschland ein Problem darstellt, sind die hiesigen Züchter indirekt davon betroffen. „Man merkt es an den Kükenpreisen“, sagt Haag. Die seien ordentlich nach oben gegangen, und nicht jeder Züchter habe die gewünschte Menge erhalten. Das schlägt sich – zusammen mit dem Preisanstieg beim Futter und den hohen Energiekosten – im Gänsepreis nieder. Hermann Mayer verlangt 18 Euro pro Kilogramm, das sind etwa drei Euro mehr als im vergangenen Jahr. „Eigentlich müsste ich 22 Euro verlangen, damit es deckend ist. Aber das traue ich mich nicht, denn es könnte dann sein, man bleibt drauf sitzen“, sagt er. Bisher sei die Nachfrage aber gut, vor allem von Hotels, mit denen er zusammenarbeite. Das erfährt Patrick Haag ebenso. „Wir haben mehr Anfragen aus der Gastronomie gekriegt. Man merkt, es gibt weniger Angebot“, sagt der Hobbylandwirt.