Wenn es nach Verkehrsminister Peter Ramsauer geht, können bald alle Städte in der Region Stuttgart ihr eigenes Kennzeichen beantragen. Während der Städtetag den Vorschlag begrüßt, befürchten die Behörden in der Landeshauptstadt erheblichen Mehraufwand.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Stuttgart - Die Stadt Eislingen hat gute Chancen auf ein schmackhaft klingendes Kennzeichen. „EIS“ ist als Herkunftsbezeichnung noch nicht vergeben. Vielleicht aber bald: denn künftig sollen Gemeinden und Städte selbst wählen können, wie ihr Autokennzeichen lautet. Selbst dann, wenn die Stadt in einem Landkreis liegt, der bereits ein festes Kennzeichen hat. Wie in Eislingen. Dort beginnen die Nummernschilder derzeit mit „GP“, da die Stadt im Kreis Göppingen liegt.

 

Ob Städte wie Eislingen künftig ihr eigenes Kennzeichen beantragen dürfen, entscheidet der Bundesrat voraussichtlich im September. Dort stimmen die Ratsmitglieder über die Verordnung des Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer (CSU) ab, die neben der Wiedereinführung von Altkennzeichen auch die Einführung völlig neuer Kennzeichen ermöglichen soll. Und das Interesse an alten Nummernschildern im Südwesten wächst. Mittlerweile wollen 15 Kommunen ihr altes Autokennzeichen wiederhaben.

Doch nicht nur historische Kennzeichen wie „LEO“ für Leonberg, „NT“ für Nürtingen und „VAI“ für Vaihingen könnten dann zurückkehren. Es würden sich in Baden-Württemberg etliche neue Kombinationen ergeben. Auch Städte wie Herrenberg, Ditzingen und Donzdorf, die bisher unter den Kennzeichen der Kreise Böblingen, Ludwigsburg und Göppingen fahren, könnten dann ihre eigenen Kennzeichen beantragen.

Gerhard Mauch vom Städtetag Baden-Württemberg begrüßt den Vorstoß des Verkehrsministers. Schließlich hat der Städtetag diese Verordnung mit initiiert. „Der Wunsch ist da bei den Bürgern, warum sollte man ihn nicht erfüllen?“ Viele Autofahrer seien daran interessiert, dass ihre Gemeinde am Nummernschild erkennbar ist, sagt Mauch. Das habe nichts mit „Kleinstaaterei“ zu tun. „Dabei geht es um das Bauchgefühl.“ Eine ganz ähnlich Motivation wie bei der Erkennungsnummer, der zweiten Zeichenfolge auf Nummernschildern. Viele Fahrzeugbesitzer ließen sich dort eben gerne die eigenen Initialen zuteilen, sagt Mauch.

Netznutzer stellen die Frage nach dem Sinn

Kritiker befürchten jedoch, dass die freie Auswahl auch eine Kennzeichenflut mit sich bringt. Allein in Stuttgart könnten 23 Stadtbezirke ein eigenes Nummernschild beantragen. Frank-Michael Eggart, der Leiter der Zulassungsstelle in Stuttgart, sagt: „Ich bin skeptisch, was dieses Verordnung anbelangt.“ Da es bisher keine Bezirkskennzeichen in Stuttgart gegeben hat, müssten Eggart und seine Mitarbeiter sich radikal umstellen. Sollten Bezirke wie Bad Cannstatt, Degerloch oder Vaihingen ihr eigenes Kennzeichen beantragen, würde es neben dem „S“ sehr schnell ziemlich viele Möglichkeiten für Autos geben, die in der Landeshauptstadt angemeldet werden. Natürlich nur, wenn der Bezirk sein eigenes Kennzeichen beantragt. „Das könnte eine Fülle von Kennzeichenkombinationen mit sich bringen – das wäre ein erheblicher Mehraufwand“, sagt Eggart.

Auch viele Nutzer im Netz stellen sich die Frage nach dem Sinn. Offenbar steht ihr Wunsch nach individuellen Kennzeichen nicht sehr weit oben auf der Liste. Einige werfen dem Verkehrsminister Peter Ramsauer vor, von wichtigen Themen abzulenken. Andere halten die Idee für sinnlos. So schreibt ein User bei Twitter: „Wir haben ja derzeit auch keine anderen Sorgen.“ Ein anderer beklagt sich: „Toller Verkehrsminister dieser #Ramsauer. Statt sich um ne #MPU-Reform zu kümmern, will er Freiheit bei Gestaltung für #Kfz-#Kennzeichen.“ Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Kommentaren bei StZ-Online. Dort heißt es etwa: „Schönes Ablenkungsthema“ und „Sonst nix zu tun?“