Die Pleite der Bäckerei Lang wirft ein Schlaglicht auf die Branche. Das Bäckergewerbe ist im Wandel, der Druck durch Supermärkte und Discounter wächst. Doch mit gutem Konzept könne sich auch kleine Betriebe behaupten.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Für viele Mitarbeiter kam das Ende der Bäckerei Lang nicht überraschend. Vieles war schief gelaufen die vorigen Monate. Neben Managementfehlern hat der Abstieg des Filialbäckers aber auch mit Entwicklungen der Branche zu tun.

 

„Der Strukturwandel hält an und ist nicht abgeschlossen“, sagt Andreas Kofler, der Geschäftsführer des Landesinnungsverbands für das Württembergische Bäckerhandwerk. Das zeigen die Zahlen für den Bereich der Innung Stuttgart Nord, zu dem die Landeshauptstadt sowie die Kreise Ludwigsburg und Rems-Murr gehören. 109 Bäckerbetriebe mit im Schnitt vier Verkaufsstellen gab es dort im Vorjahr, 27 davon in Stuttgart. Im Jahr 2005 waren es noch 179 Betriebe gewesen. Das ist ein Minus von knapp 40 Prozent. „Jedes Jahr verlieren wir in Deutschland drei bis fünf Prozent der backenden Betriebe“, weiß Kofler.

Mehr Verkaufsstellen, stagnierender Umsatz

Im Großen betrachtet, gibt es dafür eine einfache Erklärung. „Der Umsatz mit Backwaren stagniert, aber die Zahl der Verkaufsstellen hat zugenommen“, sagt Detlef Specovius, Fachanwalt der Kanzlei Schultze und Braun, einer bundesweit tätigen Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung, die 2017 bei der Bäckerei Lang tätig war. Supermärkte, Discounter und Backshops haben ihre Angebote an Backwaren erweitert. Die Konkurrenz und der Preisdruck nehmen zu. Beispiel Brotkonsum: „35 Prozent der Kunden werden noch vom klassischen Bäcker bedient, 65 Prozent gehen in den Supermarkt oder zum Discounter“, sagt Andreas Kofler. Und: „Diese Tendenz verstärkt sich noch.“

Entsprechend wächst die Zahl der Bäckerinsolvenzen. Laut dem Informationsdienst Insolvenz-Portal sind 2016 bundesweit bei 38 Herstellern von Back- und Teigwaren Insolvenzverfahren eröffnet worden. 2017 waren es dann 44, eine Zahl, die in diesem Jahr schon im September erreicht wurde. „Probleme haben häufig – wie im Textilhandel – mittelständische Betriebe“, sagt Detlef Specovius. Auch Lang gehörte mit zuletzt 200 Beschäftigten zu dieser Kategorie.

Kleine Bäckereien punkten mit Qualität und Service

Mit einer mittleren Betriebsgröße kann man sich nicht so wie eine Kleinbäckerei durch Qualität, Service und neue, auf die Kundenwünsche abgestimmte Spezialitäten profilieren, die auch höhere Erlöse ermöglichen. Auch Masseneffekte wie bei den Discountern, die oft Teiglinge zum Aufbacken für wenige Cent in osteuropäischen Fabriken kaufen, stellen sich noch nicht ein.

Doch auch kleinere Bäckereien, von denen es durchaus noch viele erfolgreiche gibt, stehen unter Druck. Nicht nur, weil die Kosten wachsen. „Kleinere Betriebe finden oft keinen Nachfolger“, sagt Andreas Kofler. Weil die Kunden von diesen schon wegen der höheren Preise mehr Qualität erwarten, leiden sie stärker unter dem Fachkräftemangel. Wie in anderen Branche gilt für Bäcker: „Es wird schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden“, sagt Frank Sautter, stellvertretender Geschäftsführer der Württembergischen Landesinnung. Nachwuchs ist rar: Im Vorjahr waren in Baden-Württemberg 1392 Bäckereifachverkäuferinnen in Ausbildung, vor zehn Jahren waren es 3462. Macht minus 60 Prozent. Ähnlich in der Produktion: Voriges Jahr waren im Land 919 Bäckerlehrlinge in Ausbildung, vor zehn Jahren waren es mit 1851 noch doppelt so viele. Immerhin stagnieren die Zahlen inzwischen und gehen nicht weiter zurück. In der Produktion kommen der Branche junge Flüchtlinge, die eine Bäckerlehre machen, zugute.

Das Angebot wird breiter

Trotz der gestiegenen Anforderungen behaupten sich noch viele Handwerksbetriebe. „Das Geschäftsmodell ändert sich – wie in anderen Branchen“, sagt Falk Hafendörfer, der mit seinem Bruder die gleichnamige Bäckerei in Stuttgart führt. Der Betrieb mit fünf Läden hat 80 Beschäftigte. „Man muss sich breiter aufstellen“, sagt der Bäckermeister. Gebacken wird heute auch tagsüber, um die Frische der Produkte zu sichern, und auch in den Filialen. Das Angebot wird erweitert, reicht von der klassischen Backware über das Mittagessen bis zum Eis. Hafendörfer: „Man muss das Ohr am Kunden haben.“