Im bisher begünstigten Nahverkehr sollen die Trassenpreise um 23,5 Prozent steigen. Das könnte zu höheren Fahrpreisen in Regionalzügen führen. Über die Klagen gegen die ungleiche Verteilung der Kosten der Infrastruktur soll nun der Europäische Gerichtshof entscheiden.
Über die zahlreichen Klagen gegen umstrittene Regelungen bei der deutschen Schienenmaut soll nun der Europäischen Gerichtshof entscheiden. Das Verwaltungsgericht Köln hat die Richter in Luxemburg angerufen zu bewerten, ob das bisherige Vorgehen europäischem Recht widerspricht. Konkret geht es dabei um die massive Begünstigung des Regionalverkehrs zu Lasten von Anbietern im Fern- und Güterverkehr. Falls die Sonderregeln fallen, könnten sich Fahrkarten für Regionalzüge verteuern oder die zuständigen Bundesländer gezwungen sein, Angebote im Nahverkehr auszudünnen.
Eklatante Unterschiede in Preissteigerungen
Die Klagen in Köln haben die bundeseigene DB Infra-Go und mehrere Bahnunternehmen eingereicht. Die Kläger wehren sich gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur, dass die Trassenpreise von 2025 an im Fernverkehr um 17,7 Prozent und im Güterverkehr um 16,2 Prozent steigen sollen, während für den Regionalverkehr nur eine Erhöhung von 0,6 Prozent kommen soll. Die zuständigen Bundesländer hatten vor Jahren durchgesetzt, dass der Nahverkehr pro Jahr höchstens drei Prozent höhere Trassenpreise tragen muss und sich die Steigerungen daran orientieren, inwieweit der Bund die Mittel für den Regionalverkehr erhöht.
Vor allem Frachtunternehmen kritisieren die Sonderregeln seit Jahren scharf und warnen, dass die weiteren Preisexplosionen den Bahnverkehr abzuwürgen drohen. In einem Brandbrief an den Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags forderte die Branche unlängst einen raschen dreistufigen Maßnahmenplan, um fatale Folgen für die Bahnen und eine Verlagerung von Fracht auf die Straße zu verhindern. Demnach sollte die Regierung auf die beabsichtigte Kürzung der Förderung verzichten, den Gewinnanspruch der DB Infra-Go kappen, das umstrittene Trassenpreissystem reformieren und die Entgelte für je fünf Jahre festzurren.
Der anhaltende Ärger um die Trassenpreise bei der Bahn ist für Reisende ebenso relevant wie für Industrie und Handel. Die explodierenden Kosten könnten die Tickets für den Fernverkehr mit ICE und Flixtrain verteuern, aber auch die Frachttransporte auf der Schiene mit der Folge, dass noch mehr Verkehr auf die bereits vielerorts oft überlasteten Straßen verlegt würde.
Höhere Zinskosten treiben Trassenpreise zusätzlich nach oben
Die Schienenmaut müssen alle Bahnunternehmen zahlen. Das Geld fließt an die DB Infra-Go, die damit das bundeseigene Schienennetz in Schuss halten soll. Die staatliche Netzgesellschaft darf ihre gesamten Kosten auf die Nutzer umlegen, außerdem verlangt der Bund eine Verzinsung des bereitgestellten Kapitals. Da die Infra-Go Kapitalerhöhungen von 21 Milliarden Euro erhalten soll, um die Modernisierung der lange vernachlässigten Infrastruktur finanzieren zu können, treiben die höheren Zinskosten die Trassenpreise noch mehr nach oben. Für dieses Problem versuchen die Bahn und Verkehrsminister Volker Wissing seit Monaten eine Lösung zu finden.
Neuer Zwist mit den Bundesländern ist mit dem Antrag der DB Infra-Go bei der Bundesnetzagentur programmiert, wonach die Trassenpreise für 2026 im Nahverkehr um 23,5 Prozent steigen sollen. Damit soll der bisherige Vorteil teils nachträglich ausgeglichen und die Kosten der Infrastruktur wieder gerechter verteilt werden. Die Trassenpreise für den Fernverkehr sollen um 1,5 Prozent, für Güterzüge um 8,5 Prozent steigen. Insgesamt soll die Maut um gewaltige 16,2 Prozent erhöht werden.
Die Netzagentur wird im Frühjahr über den Antrag entscheiden. Ob bis dahin der EuGH über das deutsche Trassenpreissystem für das Jahr 2025 befunden hat, ist offen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Richter zum Ergebnis kommen, dass die ungleiche Verteilung der Infrastrukturkosten und die Preisbremse für den Nahverkehr gegen geltendes EU-Recht verstößt. Dann dürften höhere Trassenpreise im Regionalverkehr nicht mehr an die Erhöhung der Regionalisierungsmittel gekoppelt werden. Das Problem insgesamt explodierender Mautkosten wäre aber nicht gelöst.