In einer alternden Gesellschaft müssen die Menschen länger arbeiten, dafür aber auch entsprechend fit gehalten werden. Dafür sind Maßnahmen der Rehabilitation gut. Doch ist das dafür zur Verfügung stehende Geld begrenzt. Die Träger von Reha-Kliniken fordern jetzt eine Stärkung der Vor- und Nachsorge.

Stuttgart - Vor einer Wahl ist die Zeit für Interessenverbände, den Blick von Wählern und Mandatsbewerbern auf die Bedeutung ihrer Belange zu richten. So hat die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) jetzt ein Positionspapier präsentiert, in dem sie sich für „faire Rahmenbedingungen der ambulanten und stationären Vorsorge und Rehabilitation“ starkmacht. Die „politischen Entscheidungsträger in Bund und Land“, denen das Papier zugegangen ist, sehen sich darin aufgefordert, zehn Forderungen umzusetzen. Die wichtigste: eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen.

 

Die BWKG ist ein Zusammenschluss von 420 Trägern, die Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen sowie Vorsorge- und Rehabilitationskliniken betreiben. Die Trägerstruktur ist dabei stark unterschiedlich. Während zum Beispiel Akuthäuser überwiegend von kommunalen und freigemeinnützigen Institutionen getragen werden, herrschen bei Vorsorge- und Rehaeinrichtungen private Betreiber vor.

Reha rechnet sich

Die medizinische Vorsorge und Rehabilitation ist neben Prävention, Akutversorgung und Pflege „eine der vier Säulen des Gesundheitswesens“, stellt der Vorstandsvorsitzende der BWKG, der Reutlinger Landrat Thomas Reumann fest. Vorsorge und Rehabilitation helfen nicht nur, die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Sie rechnen sich auch für die Gemeinschaft der Sozialbeitragszahler: „Arbeitsausfallzeiten werden minimiert, vorzeitige Erwerbsunfähigkeit vermieden und Pflegebedürftigkeit verringert oder hinausgeschoben.“

Eine erfolgreiche Rehabilitation rechne sich für die Rentenversicherung bereits, „wenn der Beginn einer Erwerbsminderungsrente nur um vier Monate hinausgeschoben wird“, assistiert der BWKG-Hauptgeschäftsführer Matthias Einwag.

Und dennoch: seit 1995 stagnierten die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen – ganz anders als in anderen Feldern, etwa dem Pharmabereich. Eigentlich sei die Bedeutung der Rehabilitation in einer alternden Gesellschaft, in der die Menschen länger arbeiten und entsprechend fit gehalten werden müssen, allen klar. Doch wachse die Zahl der Rehabilitationen nicht. Den Grund dafür sieht die BWKG in hohen Zugangshürden und niedrigen Budgetgrenzen.

Komplizierter Antragsweg

Eine Rehabilitation zu beantragen und genehmigt zu bekommen sei zu kompliziert. Das sei, so eine weitere Forderung an die Politik, zu vereinfachen. Problematisch sei, dass nur ein eingeschränkter Kreis von Ärzten mit Sonderqualifikationen Rehaleistungen verordnen dürfe. Bevor eine Maßnahme beantragt werden kann, müsse zudem ein Vorverfahren durchlaufen werden. Für die BWKG sind aber grundsätzlich alle Haus- und Fachärzte qualifiziert, Anträge zu stellen. Die geforderten Sonderqualifikationen seien überflüssig.

Der Krankenhausgesellschaft liegt auch eine leistungsorientierte Vergütung der Vorsorge- und Rehabilitationskliniken am Herzen. Viele dieser Einrichtungen „stehen vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten“. Kostensteigerungen, steigende Qualitätsansprüche und ein höherer Versorgungsbedarf der Patienten werde seit Langem nicht mehr in den Vergütungssätzen eingepreist. „Der Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung muss gesetzlich festgeschrieben werden“, fordert die BWKG. Die Budgetgrenze der Rentenversicherung müsse weg.

Reha als Jobmotor

Darüber hinaus sei eine Kostenerstattung von der Pflege- an die Krankenversicherung notwendig. So soll es sich für die Krankenversicherung eher lohnen, eine medizinisch notwendige Rehabilitation zu bezahlen, von der freilich nicht sie, sondern die Pflegeversicherung profitiert.

Die Rehaträger weisen regelmäßig auf ihre wirtschaftliche Bedeutung hin. Das Beratungsunternehmen Prognos hat vor zwei Jahren für die BWKG eine Analyse gemacht. Demnach sind in den Rehakliniken im Land knapp 20 000 Menschen angestellt. Indirekt entstünde ein Beschäftigungseffekt von 27 000 Arbeitsplätzen. Die Wertschöpfung des Rehabilitationswesens betrage 1,2 Milliarden Euro. Dazu rechnen müsse man die vermiedenen Tage von Arbeitsunfähigkeit und die gewonnenen Jahre der Berufstätigkeit, in denen die Betroffenen sozialproduktswirksam sind.