Als einzige Esslinger Kreiskommune gehört Reichenbach bei der Landtagswahl dem Wahlkreis Göppingen an. Um das Direktmandat kämpfen ausschließlich Parlamentsnovizen.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Reichenbach - Auf die Wahlkreise 07, 08 und 09 verteilen sich bei der Landtagswahl die Esslinger Kreiskommunen. Stimmt nicht ganz. 43 der 44 Städte und Gemeinden sind in der Tat den Wahlkreisen Kirchheim, Nürtingen und Esslingen zugeordnet. Mit Reichenbach gehört ein Ort allerdings seit 2006 und damit zum mittlerweile vierten Mal dem Wahlkreis Göppingen an, der die Nummer 10 trägt. Aufgrund einer ungleichmäßigen Bevölkerungsentwicklung in etlichen Kommunen war diese Änderung seinerzeit erforderlich. Demzufolge sind auch die Gesichter und die Namen auf den Plakaten der Parteien, die sich um Stimmen bemühen, andere als im übrigen Kreis Esslingen.

 

Keiner der bisherigen Mandatsträger kandidiert erneut

Ein weiterer Unterschied: Keiner der bisherigen Mandatsträger aus dem Wahlkreis 10 tritt erneut an, um einen der begehrten Sitze zu erobern. Alex Maier (Grüne), der 2016 direkt in den Landtag gewählt wurde, ist seit Januar dieses Jahres Göppinger Oberbürgermeister. Peter Hofelich (SPD) kandidiert nach drei Legislaturperioden nicht mehr, weil er kürzer treten möchte. Und Heinrich Fiechtner (AfD) verließ bereits 2017 nach Querelen seine Fraktion und zudem auch die Rechtsaußen-Partei, sorgte als fraktionsloser Abgeordneter – und ohne jede Anbindung an seinen Wahlkreis, aber immer wieder für Gesprächsstoff.

Die EZ stellt die Bewerberinnen und Bewerber vor, die künftig den Wahlkreis Göppingen – und damit auch die Belange von Reichenbach – in Stuttgart vertreten wollen. Berücksichtigt wurden, wie auch für unsere sonstige Vorberichterstattung zur Landtagswahl, die Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien, die entweder im Landtag oder im Bundestag vertreten sind. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den Resultaten, die von der jeweiligen Partei beim Urnengang 2016 im Wahlkreis 10 erzielt worden sind.

Ayla Cataltepe (Grüne, 2016: 29,1%) In der Öffentlichkeit ist die 49-jährige Eislingerin bis jetzt nicht oft in Erscheinung getreten. Sie bezeichnet sich aber selbst als „engagierte Politikerin mit Landtagserfahrung“. Dies liegt vor allem daran, dass Cataltepe seit zehn Jahren als persönliche Referentin für zwei Grünen-Abgeordnete in Stuttgart tätig ist. Ihre Schwerpunkte sieht die Alevitin, die in Göppingen geboren wurde, „im Dreiklang zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialer Gerechtigkeit“. Dabei setzt die alleinerziehende Mutter einer 16-jährigen Tochter jedoch eher auf Kooperation als auf Konfrontation. „Offener Austausch, Meinungsverschiedenheiten aushalten und gemeinsam nach der besten Lösung suchen: So verstehe ich Politik“, sagt sie.

Sarah Schweizer (CDU, 23,5%) Oberstes Ziel für die 37 Jahre alte Rechtsanwältin ist es, „das Direktmandat im Wahlkreis zurück zu erobern“. Dieses habe die CDU vor fünf Jahren an die Grünen abgeben müssen. „Das treibt mich an“, betont Sarah Schweizer, die zugleich Vorsitzende des Göppinger CDU-Stadtverbands, Gemeinderatsmitglied und stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU ist. Ihren Fokus im Landtag will sie auf die Schaffung eines „investitionsfreundlichen Klimas“ legen. Da hänge alles dran: die Digitalisierung, die Innovationskraft, der Klimaschutz, aber auch die Landwirtschaft. Schweizer, die eine Kanzlei mit dem Schwerpunkt Energie- und Umweltrecht umtreibt, will dabei stets „nach dem Verbindenden suchen und nicht nach dem Trennenden“.

Hans-Jürgen Goßner (AfD, 17,4%) Er möchte, „dass der Wahlkreis Göppingen im Landtag wieder von einem AfD-Abgeordneten vertreten wird“. Was Hans-Jürgen Goßner mit diesem „wieder“ meint, ist klar. Denn Heinrich Fiechtner, der 2016 gewählt wurde, hat nicht nur die AfD verlassen. Der Stuttgarter war auch im Filstal selten präsent. Das ist bei dem 50-jährigen Ebersbacher anders. Goßner ist in Göppingen geboren und fungiert als stellvertretender Kreisvorsitzender der AfD. Sollte er ein Mandat holen, sieht er seine politischen Schwerpunkte im Gesundheits- und Sozialbereich. Er selbst sei ein „Bewahrer konservativer Werte“, unterstütze den Kurs von Parteichef Jörg Meuthen und distanziere sich von Ansichten, wie sie der aufgelöste „Flügel“ habe, betont er.

Sabrina Hartmann (SPD, 14,8%) Im zarten Alter von 22 Jahren hat Sabrina Hartmann 2015 den Kreisvorsitz der Göppinger Sozialdemokraten übernommen. Jetzt mit gerade 28 Lenzen möchte sie den langjährigen Abgeordneten Peter Hofelich im Landtag beerben. Dass sie von der SPD als Kandidatin nominiert wurde, hält die Salacher Landwirtstochter „für eine Anerkennung meiner Arbeit und für einen tollen Vertrauensbeweis“. Hartmann, die bei einem Stuttgarter Verlag in der Öffentlichkeitsarbeit tätig ist, hat auf ihrer To-Do-Liste die Themen Bildung, Digitalisierung, Daseinsvorsorge und den Wandel der Arbeitswelt ganz oben stehen. „Das zentrale, übergeordnete Anliegen dabei ist immer die Gerechtigkeit“, stellt sie klar.

Heidi Nader (FDP, 8,3%) Aus Überzeugung und Begeisterung für die liberalen Werte sei sie 2017 der FDP beigetreten, sagt Heidi Nader – und keine vier Jahre später möchte die Friseurmeisterin, die zudem auch als Tauchlehrerin arbeitet, für die Partei in den Landtag einziehen. Sollte ihr der Sprung ins Parlament gelingen, möchte sich die 57-Jährige – ganz unabhängig von den Folgen der Corona-Lockdowns für die Selbstständigen und für den Mittelstand stark machen. Außerdem hat Nader die Bildungspolitik, die Digitalisierung, den Arbeitsplatzerhalt im Strukturwandel und die Mobilität auf ihrer Agenda stehen. Nachhaltig gehe dabei weit über Schulcomputer und den Elektroantrieb hinaus. „Es geht ums große Ganze“, betont sie.

Joachim Kalitowski (Linke, 2,1%) Trotz seines jungen Alters von 22 Jahren hat Joachim Kalitowski die Ziele der Linkspartei bereits verinnerlicht. Der Stuttgarter, der vom Göppinger Kreisverband einstimmig zum Landtagskandidaten gekürt wurde, wirbt für eine ökosoziale Politik. „Öko“ heißt für ihn vor allem Klimaschutz. Sozial umfasst sein Wirken gegen jede Form von Benachteiligung. Der angehende Erzieher, der seiner Ausbildung ein Politikstudium anschließen will, hat dabei die Themen Bildung, Verkehr und Wohnen auf der Agenda. „Ein kostenloser ÖPNV, kostenlose Kita-Plätze und vieles mehr lassen sich durch weniger Militärausgaben und eine höhere Besteuerung der Superreichen finanzieren“, betont Kalitowski.