Reid Andersons Coup Neue Stiftung wird Cranko-Schule fördern

Reid Anderson (links) und Dieter Gräfe 2017 bei der Premiere des Musicals „Bodygard“. Nun haben der ehemalige Stuttgarter Ballettintendant und sein Lebensgefährte und Cranko-Erbe die Gründung einer Stiftung verkündet. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Eigentlich sollte an diesem Abend nur ein Schlüssel übergeben werden. Doch beim Festakt im Neubau der John-Cranko-Schule sorgte Ex-Intendant Reid Anderson für einen überraschenden Geldregen.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Stuttgarter Ballettfans wissen es: Das Ringen um ein neues Haus für die John-Cranko-Schule war zäh. Beim ersten Spatenstich im Sommer 2015 war der damalige Finanzminister Nils Schmid froh, dass er, wie er sagte, seine Grußworte nicht in Tanzschritten darbringen muss: „Wenn ich die gesamte Vorgeschichte um den Neubau tanzen müsste, wäre es eine sehr komplizierte Choreografie“, sagte er auf der Baustelle.

 

Ähnlich kompliziert wäre ein Tanzstück, das von der Gründung einer John-Cranko-Stiftung handelt. Immer mal wieder in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat Dieter Gräfe, der Crankos Erbe und mit ihm millionenschwere Tantiemen-Einnahmen verwaltet, entsprechende Pläne geäußert. In die Tat umgesetzt hatte er sie aber vieler kritischer Aufforderungen zum Trotz bislang aber nicht.

Coup des Überraschungsgasts

Und so kommt es einem Paukenschlag gleich, was Reid Anderson als Überraschungsgast auf der Probebühne im Neubau der John-Cranko-Schule verkündete: die Gründung eben dieser John-Cranko-Stiftung. Der langjährige Intendant des Stuttgarter Balletts hatte sich nicht nur für den Neubau der Schule verkämpft, er ist auch der Lebensgefährte Dieter Gräfes. Und in dessen und seinem Namen machte er die Bühne, auf der Stadt und Land als Träger der Schule eigentlich nur den Schlüssel für den Neubau feierlich übergeben wollten, zum denkwürdigen Ort. Die Gründung der Stiftung sei amtlich bestätigt, „Herr Gräfe und ich sind die Stifter“, sagte Anderson. „Zweck dieser Stiftung soll sein, John Crankos Werk zu erhalten und zu fördern.“ Ihre Einnahmen sollen komplett der Cranko-Schule zufließen. „Diese Stiftung soll die Schule schützen für immer“, so Anderson. Bei einer Pressekonferenz am 1. Dezember will er Vorstand und Stiftungsmitglieder vorstellen.

Reid Andersons langen Atem beim Kampf um den Neubau hoben auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn in ihren Ansprachen hervor. „Es ist wahr: Ich war 24 Jahre lang wie ein Tier hinter dieser Schule her. Und ich kann es kaum glauben, dass es nun soweit ist“, sagte Reid Anderson überwältigt.

Faszinierender Neubau

„Nun können Sie die Früchte ernten“, freute sich Kretschmann mit dem ehemaligen Intendanten, entstanden sei „ein Neubau, der dem Ruhm der Schule und dem Renommee John Crankos ansteht“, so der Ministerpräsident. Sein Lob gilt auch Tadeusz Matacz. Der Leiter der Schule habe die Anforderungen einer solchen Einrichtung für die Münchner Architekten Burger Rudacs übersetzt – „mit einem Ergebnis, das wirklich fasziniert in seiner minimalistischen, eleganten Formensprache genauso wie in seiner Ausstattung“.

OB Fritz Kuhn machte keinen Hehl aus dem einst zögerlichen Verhalten der Stadt Stuttgart gegenüber den Neubauwünschen der Schule und dem Versuche, einen Teil der Kosten auf die Staatstheater selbst abzuwälzen. „Ich bin sehr froh, dass der Sponsor Porsche mit 10 Millionen Euro eingestiegen ist und sehr viel ermöglichte.“ Und er appelliert an alle einstigen Zauderer: „Denkt nicht, dass das hier eine Ausbildungsstätte für privilegierte Kinder der Welt ist. Es ist ein Ort harter Arbeit, ohne den wir das Stuttgarter Ballett nicht hätten.“

Der Tanz hatte an diesem Abend das letzte Wort. Rocio Aleman und Martí Fernández Paixá sowie Schüler der Cranko-Schule erzählten bewegend von Hoffnung, zärtlichem Wachsen und einem Vertrauen in die Zukunft, die für sie in Stuttgart nun wahrlich ein solides Fundament hat.

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