Reportage: Robin Szuttor (szu)

Sein Heimatgefühl sei nicht besonders ausgeprägt, sagt er. „Vom Herzen her ginge ich schon gern zurück als Rentnerin“, sagt Auður, „aber das Leben ist sehr teuer.“ Für die Kinder ist es jedes Mal wie heimkommen, wenn sie wieder auf poröser Lavaerde stehen. Sie sind in Aspach aufgewachsen, aber irgendwie ist ihr Elternhaus auch eine nordische Insel im Schwäbisch-Fränkischen Wald. Zu Hause sprechen sie nur Isländisch. „Ich würde mir aber nicht zutrauen, die Uni in Reykjavík zu besuchen – wegen der Fachbegriffe“, sagt Elin. Sie studiert jetzt Jura in Jena, kämpft lieber mit den sprachlichen Finessen Thüringens.

 

Auch Trolle sind jetzt heimisch am Klöpferbach von Aspach. Bald ist wieder Advent, dann kommen Löffellecker, Keulenklauer, Türschlitzschnüffler und ihre Brüder. Die Isländer haben 13 Weihnachtsmänner. In den Nächten vor Heiligabend steigt je einer von ihnen die Berge hinab zu den bebauten Gebieten, um Geschenke in die Stiefel zu legen. Die Gnome haben es schwer: Ihre Mutter Grýla ist eine dreckige, hässliche Nörglerin, ihr Vater Leppalúði ein fauler Schnarcher. Und ihr Kater frisst Menschenkinder mit Haut und Haaren.

Bei Emilssons bekommt der Gast leckere Pfannkuchen und Thunfischsalat zum Nachmittagskaffee, später darf er noch getrockneten Schellfisch knabbern. Vor allem Auður liebt die traditionellen Gerichte aus der Heimat. Der Rest der Familie ist nicht ganz so Feuer und Flamme für einen Festschmaus wie in Molke eingelegte Hammelhoden, schwarz gesengte Lammfüßchen, saure Schwimmblasen oder fermentierter Grönlandhai (auch als Gammelhai bekannt), der in gummiartigen Häppchen serviert wird.

Beim letzten Heimatbesuch hat Auður wieder ihren berüchtigten geräucherten Schafskopf zubereitet, den man ratzeputz (inklusive Augen und Zunge) verzehrt. „Es riecht schrecklich“, sagt Harpa. Am liebsten hätte Auður den Kopf mit nach Aspach gebracht, aber die Angst, am Flughafen verhaftet zu werden, überwog. Sie machte eine Sülze draus.