Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Auch der Umgang der Eltern mit der Krankheit ihrer Kinder habe sich geändert. „Die Eltern gehen heute bereitwilliger auf uns zu“, sagt du Bois. Was Außenstehende gar nicht mitbekommen: „Wie viel Arbeit die Eltern uns machen.“ Die Mütter und Väter würden immer mittherapiert, in der Regel vom selben Therapeuten, der sich auch um das Kind kümmert. Er habe dabei immer versucht, den Eltern mit Verständnis zu begegnen, sagt der Vater zweier erwachsener Söhne.

 

Kinder schlagen ihre Eltern

Ein Fall einer besonders ungewöhnlichen Eltern-Kind-Beziehung ist du Bois besonders im Kopf geblieben – der Fall war auch Anlass für eine Studie. Ein betrunkener Jugendlicher hat seine Eltern geschlagen und diese ließen es sich gefallen. Du Bois’ Studie ergab, dass es häufiger vorkommt als weithin angenommen, dass Kinder ihre Eltern schlagen: Betroffen seien hauptsächlich Schulverweigerer, so der Psychiater.

In seiner Karriere ist der Ärztliche Direktor durchaus auch angeeckt: So hätten ihn Eltern von Kindern, die an dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ADHS leiden, vor Jahren als Gegner der Stimulanzientherapie hingestellt. „Das hat mich damals geschmerzt, wir nehmen eine vermittelnde, sachliche Position ein“, sagt du Bois. So würden auch in seiner Klinik bei ADHS Medikamente eingesetzt, aber nicht immer. „Man muss auch mal gegen den Strom schwimmen“, sagt du Bois. Inzwischen hat sich die Meinung in der Gesellschaft gedreht. Die Stimulanzien werden deutlich kritischer gesehen als damals.

Amokläufe wissenschaftlich untersucht

Er hat sich immer für einen offenen Umgang mit der Psychiatrie eingesetzt. Diese Einstellung habe er von seinem großen Lehrer und Förderer Reinhart Lempp, einem der Pioniere der Kinder- und Jugendpsychiatrie, übernommen.

Immer mehr Selbstverletzer

In den vergangenen 18 Jahren hat es in seinem Fach viele Entwicklungen gegeben. So hätten sich die Ausdrucksformen, mit denen die Jungen und Mädchen ihre Not zeigten, über die Jahre geändert. Früher seien Essstörungen beispielsweise viel häufiger gewesen als heute, das habe sich verschoben: „Inzwischen gibt es mehr Selbstverletzter.“ In seiner Anfangszeit seien autistische Störungen noch eine Rarität gewesen, heute sei das ein Riesengebiet. Wie ist das zu erklären? „Die Anforderungen an soziale Kompetenzen sind höher geworden“, sagt du Bois, die „Schon- und Schutzmöglichkeiten“ für Sonderlinge hätten nachgelassen, die Gesellschaft sei weniger tolerant geworden, sagt du Bois.

Viel Arbeit mit den Eltern

Auch der Umgang der Eltern mit der Krankheit ihrer Kinder habe sich geändert. „Die Eltern gehen heute bereitwilliger auf uns zu“, sagt du Bois. Was Außenstehende gar nicht mitbekommen: „Wie viel Arbeit die Eltern uns machen.“ Die Mütter und Väter würden immer mittherapiert, in der Regel vom selben Therapeuten, der sich auch um das Kind kümmert. Er habe dabei immer versucht, den Eltern mit Verständnis zu begegnen, sagt der Vater zweier erwachsener Söhne.

Kinder schlagen ihre Eltern

Ein Fall einer besonders ungewöhnlichen Eltern-Kind-Beziehung ist du Bois besonders im Kopf geblieben – der Fall war auch Anlass für eine Studie. Ein betrunkener Jugendlicher hat seine Eltern geschlagen und diese ließen es sich gefallen. Du Bois’ Studie ergab, dass es häufiger vorkommt als weithin angenommen, dass Kinder ihre Eltern schlagen: Betroffen seien hauptsächlich Schulverweigerer, so der Psychiater.

In seiner Karriere ist der Ärztliche Direktor durchaus auch angeeckt: So hätten ihn Eltern von Kindern, die an dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ADHS leiden, vor Jahren als Gegner der Stimulanzientherapie hingestellt. „Das hat mich damals geschmerzt, wir nehmen eine vermittelnde, sachliche Position ein“, sagt du Bois. So würden auch in seiner Klinik bei ADHS Medikamente eingesetzt, aber nicht immer. „Man muss auch mal gegen den Strom schwimmen“, sagt du Bois. Inzwischen hat sich die Meinung in der Gesellschaft gedreht. Die Stimulanzien werden deutlich kritischer gesehen als damals.

Amokläufe wissenschaftlich untersucht

Reinmar du Bois’ Name verbindet sich auch mit dem Thema Amoklauf, hier ist er einer der wenigen Experten. Er hat zu dem Phänomen auch wissenschaftlich publiziert. Er ist der Frage nachgegangen, wie das Risiko von jungen Leuten einzuschätzen ist, die mit einem Amoklauf drohen. 15 Jugendliche seien allein bei ihm nach solch einer Drohung innerhalb von zwei Jahren gelandet. Umso schmerzlicher muss für ihn gewesen sein, ausgerechnet beim Winnendenprozess gegen Jörg K. als Gutachter wieder abgesetzt worden zu sein. Es war herausgekommen, dass eines der überlebenden Opfer bei ihm in Therapie gewesen war. „Das war richtig dumm von mir“, räumt er ein.

Man kann sich den umtriebigen Psychiater nicht wirklich im Ruhestand vorstellen. Tatsächlich klingen die Pläne des Mediziners eher nach einem Unruhestand: Er will weiterhin als Gutachter an Familien- und Strafgerichten in Deutschland arbeiten. Auch Interviews wird er weiter geben. Und er will „endlich wieder schreiben“ – das letzte längere Buch ist von 2005. „Da muss unbedingt wieder etwas kommen“, sagt Reinmar du Bois.