Sommermärchenaffäre? Krise? I wo! Beim Deutschen Fußball-Bund läuft alles prächtig – diese Botschaft soll vom DFB-Bundestag ausgehen. Der Präsident Grindel inszeniert sich dabei als Erneuer. Eine Analyse von Jens Weinreich.

Erfurt - Die Krönungsfeierlichkeiten haben begonnen. Zur Eröffnung des 42. Ordentlichen DFB-Bundestages schaute die Kanzlerin im Theater Erfurt vorbei. Angela Merkel, die sich bei anderen Sportarten selten blicken lässt, hielt die Laudatio auf den neuen DFB-Ehrenspielführer Jürgen Klinsmann. Durch ihre Anwesenheit gab Merkel ihrem CDU-Parteifreund Reinhard Grindel in schwierigen Zeiten Rückendeckung. Sie verlor kein kritisches Wort zum Skandal um die WM 2006, sondern lobte das Sommermärchen und die Arbeit Klinsmanns in den höchsten Tönen. So wurde der Auftritt der Kanzlerin auch zu einem PR-Manöver des DFB.

 

Reinhard Grindel, bis Anfang des Jahres noch Bundestagsabgeordneter der Unions-Fraktion, hatten die Enthüllungen über dubiose Millionenzahlungen im Vorfeld der WM 2006 an die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gespült. Im April war Grindel auf einem außerordentlichen Bundestag in Frankfurt ohne Gegenkandidaten als Nachfolger des inzwischen vom Weltverband Fifa suspendierten Wolfgang Niersbach installiert worden. Seither propagiert er bei jeder Gelegenheit den Begriff des „neuen DFB“. Das Motto dieses Bundestages lautet folgerichtig: „Vereint neue Wege gehen“.

Wahl ohne Gegenkandidaten

Am Freitag wird Grindel vom Bundestag für weitere drei Jahre bis zum Ende der Legislaturperiode gewählt – natürlich wieder ohne Gegenkandidaten. Grindel hatte kürzlich bundesweit Fassungslosigkeit ausgelöst, als er seine Teilnahme an einer Anhörung zur WM 2006 im Sportausschuss des Bundestages absagte und bei dieser Gelegenheit sogar die „Zuständigkeit des Deutschen Bundestages in dieser Angelegenheit“ in Frage stellte. Das Bundesinnenministerium und die Bundesregierung erteilten ihm eine kleine Lektion und gaben es ihm schriftlich, dass das Thema der WM-Vergabe 2006 keinesfalls aufgeklärt ist. Grindel versuchte die Peinlichkeit auszubügeln und hat der Sportausschuss-Chefin Dagmar Freitag (SPD) inzwischen versprochen, für eine Anhörung im Januar zur Verfügung zu stehen.

Die kurzfristige Zusage der Kanzlerin war wichtig. Grindel und der DFB brauchen Merkels Unterstützung für die Bewerbung um die EM 2024, die als „Leuchtturmprojekt“ bezeichnet wird und das politisch nicht unumstritten ist. Dafür geht der Verbandspräsident merkwürdige Allianzen mit dubiosen Funktionären wie dem neuen Uefa-Präsidenten Aleksander Ceferin (Slowenien) und dessen Gönner Witali Mutko ein, der vom russischen Sportminister gerade zum stellvertretenden Ministerpräsidenten aufgestiegen ist.