„50 Jahre CMT – und wir waren jedes Jahr dabei und tauchten ein in die bunten Träume der Welt“, so beginnen Helga und Carl-Uwe Höger ihre Urlaubserinnerungen. Sie und viele andere Leser sind unserem Aufruf „Wie war Ihr Urlaub?“ gefolgt. Hier ihre Berichte.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Die Antworten: vielseitig und bunt. Die persönlichen Schilderungen geben Auskunft darüber, wie sich das Reisen verändert hat – angefangen von den Fortbewegungsmitteln, die häufig schlicht waren. Das tat dem Urlaub aber keinen Abbruch, wie die folgenden Berichte zeigen.

 

Wie im Paradies

Carla Strauß aus Neuhausen Fildern erzählt: In den mittleren 50er-Jahren gab es in unserer 4-köpfigen Familie nur ein Motorrad und wenig später einen Messerschmid-Kabinenroller. Damit konnten jedoch immer nur zwei Personen auf (Tages)Fahrt gehen. Gegen Ende 1961 konnte mein Vater dann ein älteres, gebrauchtes Auto anschaffen, das er aber erst einmal mit seinen technischen Kenntnissen noch zur Fahrtüchtigkeit erwecken musste. Immerhin war es eine schöne, geräumige „Familien-Kutsche“ - unser Lloyd 500 Kleinbus! Mit glaube 20 PS.

Mein handwerklich auf vielen Gebieten sehr geschickter und manchmal auch seiner Zeit voraus denkende Vater reparierte den Wagen nicht nur, sondern baute ihn auch gleich noch als fahrendes Zuhause aus. Damit hatte er sozusagen eines der ersten privaten Wohnmobile geschaffen, nur kannte man diesen Begriff damals noch nicht. Und so konnten wir im Sommer 1962 erstmals in einen Urlaub nach in „Bella Italia“ fahren, alle zusammen.Unser Ziel war ein kleiner, einfacher Campingplatz in einem kleinen Dorf am Westufer direkt am Ufer des Comer Sees. Für die Fahrt dorthin brauchten wir allerdings zweieinhalb Tage, denn mein Vater musste für unseren Geschmack unterwegs viel zu oft anhalten, um Kirchen und Schlösser zu fotografieren und Städte zu besichtigen. Das war uns äußerst lästig. Heute bin ich dankbar dafür. Wir haben viel dadurch gesehen, was sonst an uns vorbeigegangen wäre.

Mutter musste auf dem Julierpass kochen

Und noch ein Kuriosum: Vater kannte kein Pardon, mittags wurde warm gegessen, auch auf einer Urlaubsfahrt. Aber bei Leibe nicht in einer Gaststätte, soweit hätte unser schmales Familienbudget auch nicht gereicht. Nein! Mutter musste an einer kleinen Ausweichstelle mitten auf dem Julierpass den Spirituskocher auspacken, Kartoffel schälen und ein Essen kochen!

Papas Wohn-/Schlaf-/Auto-Konstruktion erwies sich übrigens als recht durchdacht. Die dünn gepolsterten Sitze dieses einst höchst einfachen Autos hatte er zu richtig dicken, gut gepolsterten Modellen umgearbeitet. Die Vordersitze konnte man aus den Führungsschienen ziehen und um 180° drehen. In dieser Position konnte dann zwischen ebenfalls gut gepolsterter Rückbank und den Vordersitzen an der Fahrzeugwand eine Tischplatte hochgeklappt werden – so entstand eine gemütliche, wenn auch enge Vierer-Sitzgruppe. Das war für den Fall wichtig, wenn einmal kein schönes Wetter herrschen sollte, bei dem man den ganzen Tag draußen verbringen konnte.

Schlafen im „Hundehütten“-Zelt

Ansonsten und für die Nacht wurden die Rückenlehnen von der Sitzbank und den beiden Vordersitzen nach unten geklappt. So entstand eine große, ganz ebene Liegefläche, auf der wir bei späteren Urlaubsfahrten sogar auch mal eine Nacht mit 3 Personen Platz fanden. Aber für 2 Personen, also die Eltern, war es recht komfortabel. Man lag mit dem Kopf zum Kofferraum hin und mit den Füßen unter dem Armaturenbrett bzw. Lenkrad. An den Fenstern waren selbstredend Gardinen zum Zuziehen, um nachts die Privatsphäre zu wahren.

Endlich einmal an Ort und Stelle angekommen, bauten mein Bruder und ich dann unser kleines „Hundehütten-Zelt“, wie ich es immer bezeichnete, in knapp 2 m Entfernung und mit dem Eingang zur rückwärtigen Tür des Autos hin auf. Hierin schliefen wir auf Luftmatratzen, in Schlafsäcken und in Trainingsanzügen. Außerdem blieb noch Stauraum für Koffer mit Anziehklamotten. Denn das Zelt war ja auch gleichzeitig unser „Ankleidezimmer“. Letztlich wurde zwischen Zelt und Auto eine Art Vorzelt, bestehend aus nur Rückwand und Dach aufgestellt – und schon hatten wir zusammen mit der geöffneten Autotür (die seitlich zu öffnen war) eine mehr oder weniger gemütliche „Wohnstube“. Denn die geöffnete Autotür hatte wiederum auch verschiedene Funktionen: zum einen diente die ebene Ladefläche in der Regel den Eltern gleichzeitig als Sitzfläche „bei Tisch“, während mein Bruder und ich auf sehr einfachen Camping-Klappstühle saßen.

Ein Campingplatz ohne jeden Komfort

Die hinteren Radkästen hatte mein Vater verkleidet und zu kleinen Schränkchen umbaut, in dem allerlei Küchen-Kleinkram verschwinden konnte. Bei dem Gedanken daran, dass innen im Auto, auf der zwar dem Tank abgewandten Seite, aber doch auf engstem Raum, auf der Ablagefläche der Radverkleidung der Spirituskocher stand und somit die Küche unseres Feriendomizils darstellte, glaube ich heute nicht mehr, dass das eine so furchtbar sichere Angelegenheit war. Es ist aber zum Glück nie etwas passiert.

Der Campingplatz bot außer Stellplätzen direkt am See und einer kleinen Verkaufsbude, an der man so ziemlich alles (inklusive geschmuggelter Zigaretten) bekam, keinerlei Komfort. Es gab eine einzige Toilette für Männlein und Weiblein, eine Dusche und ansonsten einen Waschtrog außen vor dem Häuschen.

Wurst und Fleisch hatten wir in Konserven für jeden einzelnen Tag von zu Hause mitgenommen, denn in dieser Hinsicht trauten wir dem warmen Süden noch nicht so recht. Wir kamen uns trotzdem oder gerade wegen dieser Einfachheit vor wie im Paradies!

Noch heute brennt die Sehnsucht

Helga und Carl-Uwe Höger, Stuttgart: 50 Jahre CMT und wir waren jedes Jahr dabei, standen in der Schlange an der Kasse und Garderobe und tauchten ein in die bunten Träume der Welt.

50 Jahre sind wir in diesem Jahr verheiratet und haben bewusst den Wandel der Reisen und die Möglichkeiten, die Welt zu erforschen, wahrgenommen. Zunächst mit Weitwanderungen in Deutschland, dann in Europa, die CMT bot ein breites Spektrum von Angeboten dafür.

Unseren ersten Flug im Leben gönnten wir uns zur Hochzeitsreise nach Südspanien. In Estepona baute man damals die ersten zwei Hotels – und wir waren uns einig – nie wieder Strandurlaub. Dann kam der Jumbo, ein unglaubliches Monstrum, das sogar fliegen konnte. Also buchten wir von unseren eisernen Ersparnissen eine Reise mit Neckermann in den Osten der USA und Kanada. Es wurde eine Hungertour, denn der Dollar stand 1:4 und wir füllten die Dose Cola für 4 DM mit Wasser auf, um zu sparen. Die Restaurants durfte mein Mann nur mit Krawatte betreten und die mussten wir ausleihen. Also waren auch solche Urlaube künftig gestrichen.

Einen einzigerartigen Traum erfüllt

Aber auf der CMT gab es ja Auswahl und wir sparten gleich auf den nächsten Urlaub. Ein Filmvortrag von Nepal faszinierte uns so sehr, dass wir uns zu einer Tour in den Himalaya entschlossen, in ein damals völlig unberührtes Land. Traumhafte Landschaften und liebenswerte Menschen eroberten unsere Herzen. Man schleppte auf Höhen über 4000 Meter u.a. einen massiven Esstisch aus Holz mit. Als wir uns dagegen wehrten, bettelte unser Träger unter Tränen um Verständnis. Dies erbrächte ihn doch einen höheren Verdienst.

In den folgenden Jahren haben wir weitere einsame Gegenden im Himalaya erwandert. Heute schläft keiner mehr bei -18°C im Zelt, es gibt genügend Lodges, Lebensversicherungen für die Sherpas und Gepäckbeschränkungen für die Träger.

Mit Pakistan hatten wir uns einen einzigartigen Traum erfüllt. Der Karakorum-Highway war gerade eröffnet und wir erlebten auf gefährlichsten Pisten und Hängebrücken eine unglaubliche Kulisse. Nanga Parbat, Masherbrum, Rakaposhi und unzählige namenlose Gletscherriesen. Noch heute brennt in uns die Sehnsucht danach, aber die Zeiten haben sich leider geändert.

Internet gab es noch nicht

Wir hörten von der Öffnung des auch für Inder damals noch verschlossenen Nord-Ost-Indiens. Öffnung heißt Unberührtheit und wir buchten beim einzigen deutschen Reisebüro, das diese Reise anbot. Der Sicherungsschein war damals unbekannt. In Delhi angekommen, wurden wir von der indischen Agentur aufgefordert, einen Blanko-Scheck zu hinterlegen. Wir hatten die Reise schon längst bezahlt! Es gab noch kein Internet, die Telefonkosten waren utopisch, so versuchten wir per Fax dem Reisebüro unser Problem zu schildern. Das war aber zwischenzeitlich bankrott gegangen, und die Bank führte keine Aufträge mehr aus. Wir waren verzweifelt, unsere ganzen Ersparnisse weg! Aber ein Freund des Unternehmers begriff unsere prekäre Situation und half dem Veranstalter und damit uns auch.

Wir erlebten die Naga-Kopfjäger und die Apatani-Frauen mit Nasenpflöcken in Arunachal-Pradesh. Noch heute sind wir in engem Kontakt mit dem jungen Reiseleiter, den wir nach unserer Rückkehr an eine deutsche Agentur vermittelt haben, an Auf-und-Davon-Reisen, die uns noch heute einmalige Individualreisen vermitteln.

1997 organisierten wir per Luftpost eine Iranreise. Für uns war das der einzige und langwierige Kommunikationsweg. Aber es gab noch so gut wie keine Touristen dort.

Frauen, die Blätterbüschel als Röcke trugen

Die weißen Flecken für touristische Unternehmen wurden immer kleiner. Afrika lockte. Wir stöberten die Völker am Omo in Äthiopien auf. Die Mursi und Surma mit den imposanten Tellerlippen und Stockkämpfe, die heute durch den Staudammbau verdrängt werden. Es folgten Benin, Burkina-Faso, aber auch hier gibt es langsam politische Probleme. Aus dem Norden Kameruns mussten wir spontan ausreisen, nachdem dort eine französische Familie tags zuvor einführt worden war. Aber wir hatten noch das große Glück, in unsäglicher Hitze die Alanta-Berge hinauf zu steigen und das Volk der Koma zu besuchen, deren Frauen nur Blätterbüschel statt Röcken tragen, ganz so, wie wir es in ethnologischen Büchern gelesen haben.

Unbekannte Ecken gesucht

Nun sind wir schon weit in den 70ern und die Reiselust ist ungebrochen, wenn es auch beschwerlicher wird, in die Zelte zur kriechen und keine Waschmöglichkeit zu haben. Und verschwiegene Ecken auf der Welt werden immer seltener oder sind durch Kriege unzugänglich. So haben wir letztes Jahr die CMT aufgemischt, bei der Suche nach einem Veranstalter für Angola. Dort ist der 40jährige Krieg inzwischen vorbei, offizielle Wahlen haben stattgefunden. Wir hatten die Vermutung, dass im Südwesten Angolas – versteckt im Busch – noch einige ursprüngliche Stämme leben. Aber die Suche bei den Agenturen blieb erfolglos, bis wir schließlich via Internet ein englisches Reisebüro ausfindig machten, das uns die Reise letzten Herbst organisierte. Und es war trotz Hitze, Staub und Wassermangel ein Erlebnis. Als ob wir auf Afrikaforschung wären, fanden wir sechs unterschiedliche Volksgruppen, durften in ihren Krals übernachten und – soweit es sprachlich möglich war – von ihrem Leben erfahren.

Sollte jemand noch ein kaum entdecktes Fleckchen auf unsrer Erde kennen, das behutsam dokumentiert werden könnte, dann lassen Sie es uns wissen, bevor wir 90 sind!

Das erste Mal am Meer

Helga Bode: 1967 war unser erster Urlaub an dem es zwei Wochen von Stuttgart an die Nordsee gehen sollte. Camping Seelust, Cuxhaven-Duhnen. Keiner von uns hatte zuvor das Meer gesehen. Ich war 16, meine Schwester 9 Jahre alt. Mein Vater packte unseren Ford 12 M fachmännisch alleine, denn jeder Zentimeter musste ausgenützt werden. Da es damals noch keine Daunenschlafsäcke gab (oder wir sie uns nicht leisten konnten?) , stapelte er jede Menge Wolldecken auf dem Rücksitz zwischen mir und meiner Schwester und zwar so, dass wir uns kaum noch sehen, aber auch nicht streiten konnten. Auch der Dachgepäckträger wurde voll beladen. Das Auto sah danach tiefer gelegt aus.

Man hörte jedes Wort der Nachbarn

Die Reise war lang, sehr lang . . . Mein Vater rauchte (!) mehr und mehr und meiner Schwester war es so langweilig, dass sie nach sechs Stunden an jeder Raststätte behauptete, sie müsse dringend auf die Toilette. Als wir endlich ankamen, hatte meine Mutter einen schweren Migräneanfall. Also mussten wir mit unserem genervten Papa alleine ein kleines und ein großes Zelt (Stange für Stange, wie damals üblich) aufbauen und Luftmatratzen aufblasen. Wir hatten keinerlei Übung, alles war neu.

Darauf, dass das Wasser eventuell „nicht da“ war, waren wir vorbereitet und als beim ersten Anblick tatsächlich Ebbe herrschte, fanden wir es in Ordnung – wir hatten ja keine Vergleichsmöglichkeiten. Es wurde ein sehr schöner und vielseitiger Urlaub. Auch das Leben auf dem Campingplatz fanden wir Kinder total spannend. Die Zelte standen so eng, dass man jedes Wort der Nachbarn hörte. Auf der Rückfahrt tat es plötzlich einen Schlag. Die Auspuffanlage unseres mit vielen Muscheln und Reiseandenken wohl endgültig überladenen Autos war in der Mitte durchgebrochen . . .

Urlaub in den 1960er Jahren

Karin Merkle, Stuttgart: Wenn man heute zurück blickt, erscheinen sie relativ unspektakulär, unsere Familienurlaube in Italien in den 1960er Jahren. Und doch haben sich mir einige Momente besonders eingeprägt.

Wir waren jedes Jahr im gleichen Hotel in Igea Marina, bei Gino, dem Hotelier unseres Vertrauens. Außer uns waren auch noch einige andere Schwaben im nächsten Sommer wieder da und es entstand eine sehr familiäre Atmosphäre. Das Hotel lag direkt am Meer, man brauchte nur die Straße davor zu überqueren und schon hatte man einen wunderschönen Strand mit gemietetem Sonnensegel (später Sonnenschirm) zum Sandeln, Boccia-Spielen und Relaxen. Auch den Bademeister kannten wir natürlich und er schien sich sehr zu freuen uns Jahr für Jahr wiederzusehen.

Eines der Highlights war natürlich das tägliche Eis oder die Holzstäbchen mit aufgespießten Trauben umhüllt von Zuckerguss vom Strandverkäufer. Für mich wiederholte sich auch jedes Jahr die Fahrt auf der Adria mit einem Fischerboot, bei der ich getrocknete Seepferdchen oder außergewöhnliche Muscheln geschenkt bekam. Kurzum: Für die ganze Familie gehörte der Italienurlaub einfach zum Leben dazu.

Freude über „Stuttgarter“ in der Fremde

Für meinen Vater aber gab es noch einen weiteren bedeutenden Aspekt auf dieser Reise, und obwohl er noch nie etwas von Konfuzius gehört hatte, galt auch für ihn: Der Weg ist das Ziel! Um von Stuttgart an die Adria zu gelangen, war natürlich eine Alpenüberquerung erforderlich und die reizte meinen Vaters ganz besonders. Er war ein leidenschaftlicher Passfahrer und baute immer gleich mehrere Pässe auf der Strecke ein.

Damals war so ein Pass noch eine echte Herausforderung, denn die Straße war oftmals so schmal, dass man in eine Parkbucht einscheren musste, um den Gegenverkehr vorbei zu lassen. Auch gab es kaum Leitplanken und so fuhren wir manchmal recht „päb“ (also knapp) am Abgrund entlang. Wobei der Gegenverkehr in den 1960ern noch sehr überschaubar war. Kam uns ein Auto von der Ferne entgegen, so musste mein Vater als erstes eine geeignete Stelle zum Vorbeifahren finden. Kam das Auto dann näher und man konnte am Nummernschild sehen, dass es sich um ein deutsches Auto handelte, schaute die ganze Familie gespannt auf das Ortskennzeichen. Und wenn da dann auch noch ein „S“ stand, waren sämtliche Insassen in beiden Wagen völlig aus dem Häuschen und man winkte wie wild, obwohl man sich gar nicht kannte. Heutzutage ist ja eher das Gegenteil der Fall: Hört man im Ausland heimischen Dialekt, duckt man sich eher weg!

Die ganze Fahrt über wurde geraucht

Unsere Rückfahrt erfolgte aufgrund der baden-württembergischen Ferienregelung meist erst im September und so konnte es passieren, dass wir sogar ab und zu in ein Schneegestöber bei der Alpenüberquerung kamen. Auch an manch ein Gewitter mit Steinschlag kann ich mich erinnern. Also Abenteuer pur!

Die Reise legten wir übrigens in immer wieder wechselnden Automarken zurück: War es anfangs ein VW-Käfer, so kam danach ein Opel Rekord mit durchgehender Sitzbank vorne, die ich besonders schätzte, weil ich dann vorne sitzen durfte (natürlich ohne Anschnallpflicht!); dank des wirtschaftlichen Wachstums stiegen wir anschließend auf einen Opel Taunus um und reisten so immer bequemer.

Einen letzten Punkt möchte ich aber nicht unter den Teppich kehren: Meine Eltern waren beide begeisterte Raucher, wie das damals zum Lebensgefühl der späten Kriegsgeneration gehörte. Und so war ich gezwungenermaßen auf der ganzen Fahrt ein Passivraucher! Doch vielleicht beeinflusste gerade diese frühe Erfahrung meine spätere Haltung zu Zigaretten: Noch heute stößt mich Rauch ab und so wurde ich nie zur Raucherin. Dennoch wollte ich keine dieser Urlaubsfahrten missen!

Zufälle gibt’s

Karin Merkle, Stuttgart: Es begann 2014 auf der Osterinsel, einem Fernziel, das für mich endlich wahr geworden war. In meinem Hotel saß am Nebentisch Sandy, eine Amerikanerin wie ich in den 60ern, und weil wir beide alleine reisten, kamen wir ins Gespräch. Ich zeigte ihr Fotos vom Sonnenaufgang am Anakena Beach und sie war begeistert; daraufhin gab sie mir ihre Visitenkarte und bat mich, ihr doch ein paar der Fotos per Mail zu schicken.

Etwa zwei Monate später fiel mir daheim Sandys Visitenkarte in die Hände und mir fiel auch mein Versprechen mit den Fotos wieder ein. Etwas verwirrt schaute ich auf ihre eine Adresse im US-Bundesstaat Michigan und auf die andere in Paris! Da nur eine Mailadresse da stand, schickte ich ihr die gewünschten Fotos. Bald darauf bedankte sie sich überschwänglich und meinte, sie sei gerade noch in Paris, in ihrer „Zweitwohnung“. Ob ich sie nicht besuchen wollte? Man braucht mich in solchen Fällen nicht zweimal zu fragen – schon war ein Ticket mit dem TGV gebucht.

Einmal im Leben in den Rocky Mountains Skifahren

Sandy wohnte in einer Art Bohème-Appartement mit Oberlicht auf Montmartre; sie selbst hatte viele Jahre in Paris gewohnt und sich später vom Erbe ihres Vaters diese kleine Wohnung gekauft. Wir hatten uns viel zu erzählen und verbrachten ein sehr unterhaltsames Wochenende zusammen.

Im März 2016 erfüllte ich mir einen weiteren Traum: Einmal im Leben in den Rocky Mountains Ski zu fahren! Zusammen mit drei Freunden saß ich schließlich im Flugzeug nach Aspen, Colorado, mit der Aussicht auf sechs tolle Skitage. Doch es hatte nicht sollen sein. In Denver hatte ein Schneesturm den Flugverkehr lahm gelegt und unser Flieger bog mal eben nach Detroit ab! Dort wurde eine Jumbo-Ladung Passiere abgesetzt und in Hotels verfrachtet. Am nächsten Tag fanden wir uns hoffnungsvoll am Flughafen ein, doch man stellte uns wegen der an den Ostertagen völlig ausgebuchten Flüge einen Weiterflug erst zwei Tage später in Aussicht! Gestrandet mitten in den USA machten wir entsprechend lange Gesichter, konnten aber nichts an der Situation ändern. Die Fluggesellschaft gab uns Gutscheine für Hotel und Transfer und so packten wir alles in ein Taxi, das nun Kurs ins Niemandsland zu nehmen schien. Es regnete, die Sicht war entsprechend, um uns nur Grau in Grau.

„Ann Arbor? Da kenn ich jemand!“

Wir waren alle in entsprechender Stimmung und stierten wortlos aus den Fenstern. Plötzlich bewegte sich das Ausfahrtsschild „Ann Arbor“ an meinem Auge vorbei und schlagartig kam mir Sandy in Erinnerung. Ich rief überrascht: „Ach, hier ist Ann Arbor? Da kenn’ ich jemand!“ Im Hotel angekommen, schrieb ich ihr gleich eine Mail und kurz darauf meldete sie sich bei mir. Nachdem ich ihr unsere traurige Situation geschildert hatte, meinte sie, sie würde am nächsten Tag kommen und uns ihre Stadt zeigen. Und so quetschten wir uns tags darauf in ihr kleines Auto und bei herrlichem Sonnenschein lernten wir eine höchst interessante amerikanische Universitätsstadt kennen!

Wir schafften es dann schließlich doch noch nach Aspen; aus sechs Tagen Skifahren waren dann allerdings nur noch vier geworden. Aber die Überraschungsbegegnung mit Sandy hat die Enttäuschung beachtlich gemindert!

Papa hat den besten Platz

Uta Merz, Stuttgart: Mit der ganzen Familie – Papa, Mami, meine zwei Schwestern und ich – machten wir im August 1957 Sommerurlaub in Lignano/Italien. Wir starteten an einem Freitag, gegen 1 Uhr nachts, es war noch schön kühl und relativ ruhig und kamen gegen 16 Uhr in Lignano an – so steht es in meinem Tagebuch.

Die Fahrt unternahmen wir mit unserem schwarzen Mercedes 220 mit ausgeliehenem Gepäckträger (drei Koffer auf dem Dach und im Kofferraum das dazugehörende Koffer-Set), was zu dieser Zeit recht komfortabel war. Trotzdem war die Fahrt über den Brenner für uns Kinder sehr lang. Die einzigen Abwechslungen bestanden in Tank-, Pinkel- und Vesperpausen. Mein Vesper bestand aus einer Tafel Schokolade, die ich hinten auf der Hutablage versteckt hatte, dass meine Schwestern nicht davon naschten.

Ich hatte Nutella erfunden

Als wir endlich haltmachten, bemerkte ich, dass die Sonne meine Schokolade zum Schmelzen gebracht hatte. Egal, ich schmierte mir die geschmolzene Schokolode einfach mit einem Messer auf das mitgebrachte Weckle. Und oh Wunder – es schmeckte so unglaublich, dass ich mich noch sehr oft an dieses Geschmackserlebnis erinnerte! Rückblickend meine ich, ich hätte Nutella erfunden! Nur leider kam ich nicht auf die Idee, es mir patentieren zu lassen. Ein Foto von damals zeigt unsere Familie auf dem mitgebrachten Schlauchboot, welches an einer Tankstelle in Italien aufgepumpt wurde. Wie so üblich in dieser Zeit, hatte der Papa den besten Platz – umgeben von Frau und Kindern . . .

Hochzeitsreise mit Pannen

Marie-Louise und Peter Albeck, Warmbronn: 1968, ja, das war „unser“ Jahr! Ende April feierten wir Hochzeit – also können wir in diesem Jahr 2018 auf 50 Jahre intensive „Reiselust“ zurückblicken. Schon damals drängte es uns in die Ferne und so begaben wir uns Ende April auf unsere Hochzeitsreise. Ein schon in die Jahre gekommener, blauer VW Stufenheck 1600, war der fahrbare Untersatz und so tuckerten wir gemütlich und frohgemut gen Süden.

Unser Ziel sollte Rom sein. Da es ja damals weder Internet noch Fax oder gar Mobil Telefon gab, hatten wir nirgends ein Quartier gebucht, sondern fragten dort an, wo am Straßenrand ein Schild mit „Zimmer zu vermieten“ zu sehen war. Es hatte immer gut geklappt und oft fragte man uns, ob wir überhaupt weiter wollten, wir könnten doch auch bei ihnen bleiben! Aber die Entdeckerlust war größer und so eroberten wir Venedig und die Adria Küste, bis uns unser Auto einen Strich durch die Rechnung machte. Immer wieder setzte der Motor aus, das Gefährt ruckelte und wir mussten anhalten. Dann erst einmal alles Gepäck raus, Motorklappe auf, Motor an – alles ok! Hm, wir hatten ja von Autoreparatur keine Ahnung. Also weiter, bis der Fehler wieder auftrat....und wieder....und wieder. Wir waren genervt und suchten schließlich in Bologna eine Werkstatt auf. Aber auch die konnten keinen Fehler erkennen und so fuhren wir weiter, bis das „Geruckel“ wieder anfing.

Nach einer Woche war die Reise beendet – unfreiwillig

Rom lag in weiter Ferne und eine Weiterfahrt schien nicht ratsam. So tuckerten wir langsam mit mehrmaligem Halt, vielem Aus- und Einpacken wieder gen Heimat und verblüfften die Eltern, als wir die Hochzeitsreise nach knapp einer Woche schon beendet hatten. Die heimische Werkstatt fand dann den Fehler schnell heraus, da sie denselben, seltenen Fall schon einmal hatten. Die innere Alu-Abdeckung der Motorabdeckung des Kofferraums ( gegen aufsteigende Hitze ) drückte bei Beladung auf die Zündkabel, dadurch entstand ein Kurzschluss des Zündstroms, sodass der Motor nicht mehr rund laufen konnte! Wenn wir alles ausgepackt hatten, war alles ok – weil ja nichts mehr drückte! Ein verrücktes Erlebnis!

Ja, so kann’s gehen und die Hochzeitsreise wird uns auch deshalb ewig denken! Wir haben’s dann doch noch irgendwann nach Rom geschafft, aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte!

Spanienurlaub mit der Clique

Katjana R. Günther: Ich erinnere mich an eine Urlaubsreise in die Region Granada in Südspanien im Juli 1978. Bis dahin sind es rund 2200 Kilometer in eine Richtung, und wir benötigten meiner Erinnerung nach zwei Nächte und zwei Tage, wobei wir in der ersten Nacht durchgefahren sind. Wir waren eine Clique von 14 Leuten mit sechs Autos. Jeder Ausflug vor Ort wirkte so, als ob eine Reisegruppe eines Pauschalanbieters unterwegs wäre z. B. zur wunderschönen Alhambra – kostenlos und überschaubar besucht – und von da aus hoch auf 2600 Meter Höhe auf die Sierra Nevada, um dort auf einer Plastiktüte sitzend bzw. ohne Nichts an den Füßen auf dem restlichen Schnee den Berg herunter zu gleiten.

Ungeplante Zwischenstopps an der Grenze

Los ging es für den Haupttrupp abends nach einem Spaghetti-Essen bei den Eltern eines italienisch sprechenden Mitfahrers. Da Italienisch und Spanisch verwandte Sprachen sind, fungierte dieser Mitfahrer oft als Übersetzer. Der Haupttrupp bestand aus zehn Menschen verteilt auf vier Autos. Und einem angehängten Segelboot, was die mögliche Reisegeschwindigkeit deutlich herabsetzte, da wir in Kolonne fuhren.

Die Fahrt verbrachte ich halb sitzend und halb liegend zusammen mit anderen auf der Ladefläche eines roten VW-Busses ohne Klimaanlage, der mit Matratzen und Decken ausgelegt war. Wir mussten zwei Grenzen überqueren, und da wir jung waren und fast alle längere Haare trugen, wurden wir auf der Rückfahrt an der deutschen Grenze heraus- und einer gesonderten Prüfung unterzogen. Solche ungeplanten Zwischenstopps konnten einem den ganzen Zeitplan durcheinander bringen.

Ein entsetzliches Unglück

In meiner Erinnerung tauchen große schwarze Stiere aus Pappmaché auf, die auf den Hügeln entlang der damals noch fast menschenleeren spanischen Nationalstraßen standen und für einen Weinbrand warben; solch eine Werbung hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Als die zweite Nacht herein brach und der nächste Campingplatz etwas zu weit entfernt war, übernachteten wir direkt neben einem Parkplatz ohne alles an solch einer Nationalstraße in der Außenhülle des größten mitgeführten Zelts; man könnte es als Matratzenlager bezeichnen. Vorsorglich wurde ein Häring eingeschlagen, falls Wind aufkommen sollte.

Als wir am nächsten Morgen einen Boxenstopp im nächsten Ort einlegten – es war der 11. Juli 1978 – kam unser Übersetzer mit der Nachricht zurück, dass an der damaligen Nationalstraße N-340 in der Provinz Tarragona ein mit 23 Tonnen Propan beladener 38-Tonner-Tanklastzug in den mit 800 Menschen überfüllten Campingplatz gerast sei, in dem wir fast übernachtet hätten, und explodiert war. Es gab rund 140 Todesopfer. Die Zeitungen berichteten, dass es fast eine Stunde dauerte, bis die ersten offiziellen Helfer am Unglücksort eintrafen. Diese Tragödie wurde später unter dem Titel „Tarragona – ein Paradies in Flammen“ verfilmt.

Telefnieren mit Telefonmarke

Glücklicherweise kam ich auf die Idee in Deutschland anzurufen; entweder in einer Post als R-Gespräch oder in einer Kneipe mit Fernsprecher bzw. mit einer in einer Kneipe gekauften Telefonmarke an einem öffentlichen Münzfernsprecher, genau weiß ich es nicht mehr. Denn meine Mutter, die zur selben Zeit mit ihrem Auto im rund 2600 Kilometer von der Unglücksstelle entfernten Allenstein/Ostpreußen (heute Olsztyn/Polen) weilte, war verrückt vor Angst, als sie von diesem Unfall erfuhr. Von einer Post aus schickte sie ein Telegramm an unsere gemeinsame Kontaktperson in Deutschland und nach ein oder mehreren anschließenden Anrufen bei dieser – an ein Festnetztelefon ohne Anrufbeantworter – war sie zutiefst erleichtert zu hören, dass wir nicht betroffen waren. Hätte sie nichts von mir gehört, hätte sie ihren Urlaub abgebrochen. Ihren Urlaub, der sie zum ersten Mal nach mehr als dreiunddreißig Jahren nach ihrer Flucht über das vereiste Haff, bei der sie ihre kleinen Zwillinge – meine Halbschwestern – verloren hatte, wieder in ihre Heimatstadt geführt hatte.

Somit erreichten wir letztendlich alle unversehrt unseren südspanischen Campingplatz am Meer, wo wir ein spanisches Paar kennenlernten. In einer stabilen Kühltasche wurde von ihm eine Sangria für uns alle angesetzt – was auch sonst. Ein toller Urlaub am Meer im sonnigen Spanien konnte beginnen.

Für was eine Zeitung alles gut ist

P.S.: Ich erinnere mich auch noch an die 60er Jahre. Meine Mutter hatte gerade den Führerschein gemacht, und wir fuhren mit unserem VW-Käfer nach Spanien und wohnten in einem stabilen kleinen Haus mit einem Dach, das eine ummauerte Dachterrasse war, erreichbar über eine Außentreppe vom Innenhof aus. Trotz geschlossener Fenster kamen in der ersten Nacht durch einen schmalen Spalt zwischen der Wand und dem Rollladenkasten Dutzende von diesen blutsaugenden Quälgeistern. Eine zusammengefaltete Zeitung in den Spalt geschoben, setzte am nächsten Tag dem Spuk ein Ende. Machen Sie das mal mit einem E-Paper; oder nasse Schuhe ausstopfen und Fensterscheiben glänzend reiben . . .

Obwohl in der Nähe des Meers und nicht weit weg von der französischen Grenze, gab es damals noch keinerlei Lichtverschmutzung. Diese milden Nächte, in denen der Gesang von gefühlt 1000 Zikaden und der Duft der Kräuter der Wiesen zu uns herauf auf die Dachterrasse drang und über uns zum Greifen nah dieser unglaubliche Sternenhimmel mit seinen Sternschnuppen thronte, bleiben unvergesslich.

Eine Reise vor genau 60 Jahren

Oskar Plank, Stuttgart: Das Jahr 1958. Schule beendet, die Lehrzeit beginnt. Mein Freund und ich – beide Jahrgang 1941 -stehen vor einer Zäsur, wollen deshalb nun das angehen, was uns immer wieder umgetrieben hat: Eine Reise nach Frankreich – per Autostopp.

Erster Tag: Wir stehen an der Autobahneinfahrt in München, Obermenzing, Richtung Stuttgart. Es ist kalt, Regen durchnässt unsere dünnen Jacken und noch dünneren Jeans. Auch die Rucksäcke leiden zusehends. Kein Auto hält an, niemand nimmt uns mit. Stunden vergehen. Spätnachmittags klappen wir reichlich frustriert unsere Tramper-Daumen wieder ein. Fahren aus verständlichen Gründen nicht nach Hause in die Obhut der elterlichen Wohnungen sondern logieren in der Jugendherberge unserer Heimatstadt.

Am nächsten Tag, neuer Mut, neues Glück. Und siehe da, jetzt geht die Post ab – in zwei Tagen sind wir in der belgischen Metropole Brüssel. Weltausstellung. Wir bestaunen Sputnik im russischen Pavillon, das Atomium als Wahrzeichen der Expo. Wir sind wie im Rausch der Sinne. Saugen alles auf – das erste Mal im fremdsprachlichen Ausland.

Eine surreale Szene in der Weltstadt Paris

Weiter geht’s durch das Steinkohlerevier der Borinage, nahe der Grenze nach Frankreich. Schwarze Häuser reihen sich entlang trostloser regennasser Straßen. Ort an Ort. Mittags ist Schichtwechsel. Stimmengewirr rauher Männer in einer Kneipe. Sie blicken finster zu unserem Tisch, an dem wir eine schlichte Suppe löffeln. Wir verstehen kein Wort der immer lauter werdenden Männer. Haben die was gegen uns, weil wir als Deutsche erkannt wurden? Wir wissen es nicht. Vielleicht haben wir die ganze Situation nur falsch gedeutet – jedenfalls verlassen wir sehr schnell diesen für unser Empfinden ungastlichen Ort. Steigen fix ein in eine Art Straßenbahn, die uns viele Kilometer näher zur Grenze nach Frankreich bringt.

Ankunft in Paris. Übernachtung in einer Not-Jugendherberge im Norden der Stadt, bei der Porte de la Chapelle. Ähnlich wie ein größerer Kiosk steht die Behausung mitten auf dem Mittelstreifen eines Boulevards. Links und rechts Citroens, Peugeots in einem steten Strom – auch während der ganzen Nacht. Surreal aber wir befinden uns eben in einer Weltstadt …

Wir sind noch jung!

Ab in den Süden. Unsere Autostopp-Tour führt uns an die Loire, nach Tours. Angesichts der milden Temperaturen verzichten wir auf die „expensiven“ Übernachtungskosten einer „Juhe“ und biwakieren lieber auf freiem Feld: Gemeinsam eine dickere Unterlage, Marke italienische Pferdedecke, zum Schutz vor Schnecken und anderem Getier, eine leichtere als Zudecke. Richtig, wir sind ja noch jung!

Auf der Strecke nach Bordeaux hält ein schicker „Dauphine“. Ein freundlicher Herr will wissen „woher und wohin“. Da wir nur englisch sprechen können und der Franzose nur französisch, gestaltet sich die Unterhaltung äußerst lustig. Das wird noch lustiger als er bei einem kurzen Stopp den Kofferraum seines Autos öffnet und uns viele Kisten Champagner zeigt. Wir verstehen: „Isch bin Vertreter aus Reims“. Der Schampus ist zwar warm aber in unserem Alter ist man da noch nicht so wählerisch.

Das passende Nachtlager: eine frisch gemähte Wiese

Wir sind an der Atlantikküste bei der Bucht von Arcachon. Ein kilometerlanger feiner, hellweißer Sandstrand – ohne eine Menschenseele. Auf einem Jägerhochstand richten wir es uns gemütlich – allerdings spartanisch was das Essen anbelangt – für ein paar Tage ein. Schwimmen im kalten Atlantik. Wir fühlen uns frei.

Jetzt wechseln wir die Richtung nach Südosten, steuern das Mittelmeer an. Einige Kilometer vor der Festungsstadt Carcassonne. Es ist spätnachmittags, wir sitzen entspannt an einer Straßenböschung. Unter schattenspendenden Alleebäumen lassen wir uns das Abendbrot munden – Baguette und etwas Marmelade mit einem guten Schluck Wasser. Unser Nachtlager haben wir schon erkundet: eine frisch gemähte Wiese mit wunderbar bequemen Heuhaufen. Alles Roger also. Ein großer Citroen hält an. Ein in unseren Augen älterer Mann, so um die Vierzig, steigt aus und fragt ob wir denn mitfahren wollen. Sein Ziel wäre Carcassonne. Na gut, mittlerweile fühlen wir uns als Profi-Tramper. Schnell sind unsere Habseligkeiten zusammengepackt, sagen Ade zu unserem Heulager und machen es uns im Inneren des komfortablen Gefährts gemütlich.

Speisen im Spitzenrestaurant

Der Fahrer stellt sich als Architekt aus Toulouse vor, der seine Freunde in C. besuchen will. Reagiert ganz begeistert als erfährt, dass wir aus Deutschland kommen. „Endlich kann ich wieder einmal die Sprache sprechen, die ich in meiner Schulzeit lieben gelernt habe“. Wir sind eingeladen zu einem wunderbaren Abendessen, in einem wunderbar edlen Restaurant, in standesgemäßer Kleidung (weißblau gestreiftes T-Shirt, etwas fleckige Shorts, barfuß in Sandalen). Unser Gastgeber nimmt uns aber jegliche Scheu vor den vielen Obern, fremden Gerichten, zeigt lässig den Gebrauch der unzähligen Bestecke, animiert uns ungeniert zu Essen, was das Zeug hält. Unvergesslich diese Begegnung!

„Dös wär nix für mi!“

Wir setzen unsere Reise fort. Narbonne, das Mittelmeer – Marseille. Das Rhonetal aufwärts, entlang der Route Napoleon, nach Genf, Montreux, Schaffhausen. Immer Daumen raus oder viele, viele Kilometer Wegstrecke zu Fuß zurücklegen, übernachten in der freien Natur und ewigen Kohldampf schieben. Unser weniges Geld wird noch weniger – Gott sei Dank gibt es am Bodensee schöne saftige Äpfel. Man verzeihe den „Mundraub“.

Nach vier Wochen „Unterwegssein“ letzte Übernachtung bei einem Bauern in Wangen. Alle sitzen in der Küche zusammen – es gibt einen Teller Brotsuppe - sie hören sich unseren Reisebericht etwas ungläubig aber doch staunend an. Kommentar des Jungbauerns angesichts unserer doch etwas geschrumpften Magen: „Dös wär nix für mi, do bleib i liaba dahoim, do is doch a schee“.

Dann im „dicken“ Mercedes triumphaler Einzug in München. Die Menschen stehen Spalier und winken uns begeistert zu: Ein wunderbarer Traum, nach einem totenähnlichen Schlaf in meinem Bett zu Hause . . .

Ein Raderlebnis am Chilkat Pass

Helmut Mutschler, Renningen: Nach langer Planung und Vorbereitung begann meine Nordamerikareise Ende Mai 2012. Start war in Vancouver/Kanada mit dem Ziel Anchorage in Alaska. Als Fortbewegungsmittel kam für mich in erster Linie das Fahrrad in Frage. Zusätzlich wollte ich auch die vielseitigen Fährverbindungen, die Eisenbahn und die Möglichkeiten der zahlreichen Trails nutzen.

Ausgehend von Vancouver setzte ich auf Vancouver Island über und fuhr mit dem Rad nordwestlich bis nach Port Hardy. Mit der Kanadischen und Amerikanischen Fähre kam ich nach 36 Stunden Fahrt durch die Insidepassage nach Skagway. In Haines begann dann der zweite Teil der Fahrradtour auf dem Haines Highway mit dem Etappenziel Haines Junction. Im Reiseführer ist die Landschaft um den Highway als malerisch aber auch hochalpin beschrieben. Auf der kanadischen Seite verläuft die Strecke durch den Kluane National Park.

Ein 235 Kilometer langer Tourabschnitt

Die letzte Rastmöglichkeit, auf dem 235 Kilometer langen Tourabschnitt, war eine Tankstelle nach 60 Kilometern. Bei einem Stopp kam ich mit David ins Gespräch, ein radsportbegeisterter Amerikaner, der sich sehr für meine Tour, mein Rad und die Ausrüstung interessierte. Nach einem Foto fragte ich noch, wo sich an der Strecke eine Übernachtungsmöglichkeit oder ein Platz zum Campen bietet. Ohne zu zögern erzählt er mir von einer kleinen grünen Hütte ca. eine Meile nach dem Pass, nicht zu übersehen auf der linken Straßenseite.

Bei Kilometer 70 erfolgte der Grenzübergang nach Kanada und das Streckenprofil wurde sehr anspruchsvoll. Ich kam nur sehr langsam voran denn der Anstieg wurde durch viele Abfahrten und Querungen von Tälern verlängert. Die Landschaft war beindruckend doch das sonnige Wetter vom Start begann sich zusehends zu verschlechtern. Kurz unterhalb der Passhöhe, die Baumgrenze hatte ich schon lange hinter mir, begann es zu Regnen und die Temperatur sank auf 6° Celsius. Nass und klamm schwand die Zuversicht noch vor Einbruch der Dunkelheit über den Pass zu kommen. Die ganze Hoffnung konzentrierte sich nun auf diese Hütte. Und tatsächlich, kurz hinter der Passhöhe tauchte ein Punkt auf. Die kleine grüne Hütte, für mich ganz groß.

Die „kleine grüne Hütte“

Die Spannung stieg und erst nachdem ich die unverschlossene Türe geöffnet hatte und sah dass es eine Pritsche für das Nachtlager, sowie eine Ofen zum Heizen, Trocknen und Kochen gab wurde mir bewusst was dieser Tipp von David für mich in diesem Moment bedeutete. Eine heiße Suppe, Tee und die Wärme vom Ofen sorgten für Zufriedenheit nach 105 ereignisreichen Tageskilometern. Die Nacht war sehr erholsam und ein neuer sonniger Tag ließ keinen Abschiedsschmerz aufkommen. Bevor ich mein „Zuhause“ verlies habe ich im Hüttenbuch noch ein paar Zeilen eingetragen und mich bei Unbekannten und natürlich bei David für diese außergewöhnliche „kleine grüne Hütte“ die mir für ein Nacht Schutz und Zuhause bot bedankt.

Nach einer spannenden Fahrradtour über 2700 Kilometer und 18 800 Höhenmetern erreichte ich mein Ziel: Anchorage in Alaska.