Jeder dritte Internetnutzer bucht seine Reisen online, schließlich kann man so Geld sparen. Doch noch immer tricksen viele Anbieter bei Preisangaben und Zusatzgeschäften. Brüssel will die Missstände nicht länger dulden.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Nur ein paar Klicks – und ab in den Urlaub. Wer günstig reisen will, findet bei Preissuchmaschinen im Internet und Online-Reisebüros viele Angebote. Jeder dritte Internetnutzer in Europa bucht Reisen und Hotels schon online. Solche Buchungen können aber auch zum Reinfall werden, denn manche Anbieter treiben den Preis durch wenig transparente Nebenkosten in die Höhe oder verkaufen den Kunden eine unerwünschte Versicherung mit.

 

Seit Jahren warnen Verbraucherschützer vor schwarzen Schafen und raten, die Angebote immer sorgfältig zu prüfen. Wie berechtigt diese Warnung ist, zeigt das kürzlich veröffentlichte, erschreckende Ergebnis einer konzertierten Prüfaktion der EU-Kommission aus dem vorigen Jahr. Nur 31 Prozent von 552 Reiseinternetseiten hielten sich an das europäische Verbraucherrecht. Bei 382 Seiten, also mehr als zwei Dritteln der Angebote, wurden dagegen von den zuständigen Behörden und Verbraucherverbänden teils gravierende Verstöße festgestellt.

Kunden sollen Zusatzangebote untergejubelt werden

Der häufigste Mangel: bei 30 Prozent der Internetseiten fehlten Informationen über die Identität des Anbieters und Kontaktmöglichkeiten, besonders die Mailadresse. Bei 28 Prozent gab es keine Hinweise zu Beschwerdemöglichkeiten. Fast jeder vierte Anbieter versuchte, dem Kunden noch Zusatzangebote wie Versicherungen über Voreinstellungen unterzujubeln. Und bei jeder fünften Seite erschien der Gesamtpreis gesetzeswidrig nicht sofort, wenn die Hauptelemente der Buchung erstmals angezeigt wurden.

Der zuständige EU-Kommissar Neven Mimica will nach eigener Aussage „nicht ruhen, bis die Rechte der Verbraucher uneingeschränkt geachtet werden“. Die Anbieter wurden aufgefordert, die Rechtsverstöße abzustellen, lediglich 173 lenkten bisher ein. Zum Stichtag am 3. April 2014 boten nur 62 Prozent der geprüften Internetseiten die vorgeschriebenen Informationen. Mehr als jeder dritte geprüfte Anbieter habe deshalb nun „weitere Maßnahmen“ der Behörden zu erwarten, kündigte die Kommission an. Ein Viertel der Betreiber dieser 209 Webseiten habe die Abstellung der Mängel aber immerhin zugesagt, wenn auch noch nicht umgesetzt.

Verbraucherzentralen nennen Namen der schwarzen Schafe

In Deutschland überprüften das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), der Dachverband der Verbraucherzentralen (Vzbv) und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs insgesamt 30 Internetseiten für Reise- und Flugangebote. Bei nahezu allen Angeboten seien Verstöße gegen das Verbraucherrecht festgestellt worden, teilte das BVL mit, das ausschließlich Anbieter mit Sitz im Ausland unter die Lupe nahm. Häufig sei der Endpreis nicht vorschriftsgemäß ausgewiesen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien nicht ausreichend zugänglich und transparent gewesen. Man arbeite mit Partnerbehörden daran, die grenzüberschreitenden Verstöße abzustellen.

Anders als die Behörde nennen die Verbraucherzentralen auch Namen der schwarzen Schafe. Der Vzbv untersuchte im vergangenen Jahr zwölf Internetseiten von Fluggesellschaften und Vermittlern und stellte zahlreiche Verstöße fest. Darauf wurden gegen sechs Anbieter Verfahren eingeleitet, zwei davon gaben die geforderten Unterlassungserklärungen ab und passten ihre Seiten den Vorschriften an. Gegen drei Fluganbieter und einen Vermittler, die nicht einlenkten, wurde Klage erhoben.

Dabei geht es um die korrekte Darstellung der Preise und Zusatzangebote, die in der EU-Verordnung 1008/2008 geregelt ist. Demnach müssen Preise vollständig dargestellt und Zusatzkosten am Beginn des Buchungsvorgangs angegeben werden. Besonders das Verbot der Voreinstellung von Zusatzangeboten umgingen viele Anbieter „äußerst einfallsreich“, kritisiert Vzbv-Expertin Kerstin Hoppe (siehe Interview) die Machenschaften mancher Unternehmen.

Auch gegen Tuifly ist eine Klage anhängig

So unterlag die Fluggesellschaft Condor vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main im Streit über die Darstellung der Reiseversicherung. Kunden wurden bei den Buchungsschritten gezwungen, eine Auswahl zu treffen, zudem gab es den Hinweis, dass es ohne Reiseschutz teuer werden könne. Das Gericht erklärte eine solche Praxis für unzulässig. Der Kunde dürfe nicht gezwungen werden, eine Auswahl für oder gegen eine Reiseversicherung treffen zu müssen (Az. 2-06 O379/13 vom 22. 1. 2014). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil Condor Berufung einlegte.

Auch gegen Tuifly klagte der Vzbv vor dem LG Hannover, weil auf der Internetseite gewarnt wurde, dass Krankenrücktransportkosten von 18 000 Euro oder mehr entstehen können, wenn keine Reiseversicherung gebucht wird. Das Urteil steht noch aus. Die Fluggesellschaft Germania dagegen gab Zusatzkosten für einen Sitzplatz erst im vierten Buchungsschritt an, was das LG Berlin als zulässig einstufte (Az. 52 O242/13 vom 22. 2. 2014). Dagegen will der Vzbv in Berufung gehen. Beim LG Leipzig läuft eine Klage gegen die Unister GmbH. Auf deren Portal fluege.de werden nach Ansicht der Verbraucherschützer Zusatzkosten zu spät und die Reiseversicherung unzulässig dargestellt.