Heute lassen wir uns von Google Maps durch Afrika führen, zahlen Drinks auf Bali per Smartphone und posten die schönsten Fotos im Internet. Noch vor ein paar Jahren alles undenkbar. Eine Rückschau.

Stuttgart - Früher war nicht alles besser, aber vieles anders, vor allem auf Reisen. Hier eine Auswahl an Dingen, die sich geändert haben.

 

Reisekataloge

Erst schleppen, dann wälzen: Etwa so dick wie das Telefonbuch von Hamburg war ein Spanien-Reisekatalog. Vier bis fünf davon gab’s im Reisebüro – zum Mitnehmen im Neckermann-Jutebeutel. Vor dem Drin-Schmökern und Auswählen auf dem Sofa stand immer erst das Symbole-Lernen – auf der Vokabel-Seite, meist gleich vorn im Katalog: Was bedeuten noch mal zwei Sonnen, eine durchgestrichene Dusche und der eingeklammerte Hund?

Flugtickets

Mit den Reise-Unterlagen im Umfang einer Gerichtsakte lagen Wochen später auch die Flugtickets im Briefkasten. Längliche Papierstreifen, mit unendlich vielen Durchschlägen an WC-Papier erinnernd, aber nur entfernt, denn die Tickets waren ja LSD-quietschbunt und von wächsernem lila Tintenstrahl-Druck auf rosafarbenen und beigen Feldern mit seltsamen Krypto-Kürzeln versehen. Hatte man das Ticket verloren, war quasi auch die Reise verloren. Neu-Ausstellung? Ganz schwierig.

Plattensammlung

Kein Urlaub ohne Lieblingsmusik. Ob gregorianische Choräle oder Elektrobeats – heute ist quasi jeder weltweit aufgenommene Ton im Smartphone verfügbar – dank neuzeitlicher Erfindungen wie Spotify, Napster und Co. Damals musste der Discman mit, eine lustige Abspiel-Brotdose, hinter deren (meist zerkratztem) Fenster eine CD kreiselte. Was vor jedem Urlaub aufs Neue die schwierige Insel-Frage aufwarf: Welche 20 CDs aus der heimischen Sammlung dürfen mit? So wie Bayern und Borussia in der Bundesliga gewannen immer „Kuschelrock“ und „Bravo Hits“.

Bordkino wurde zum TV-Quiz

Bordkino

Fern-sehen im Wortsinn: Der Runter-klapp-Bildschirm im Flieger hing immer zehn Reihen weiter vorn, war kaum größer als heutige Tablet-PCs. Und so wurde jedes Bordkino zum TV-Quiz: Läuft da jetzt „Forrest Gump“? Oder „Rain Man“? Oder doch „Mission Impossible“?

Telefonzelle

Kurze Nachricht, langer Weg: SMS oder Whatsapp schon aus dem ausrollenden Flieger versenden? Ging vor ein paar Jahren noch nicht. Also Schlange stehen vor und dann rein in eine dieser (im Ausland gerne offenen) Telefonzellen. Inmitten von Roms Soundtrack aus Vespa-Gehupe, Straßenpalaver und Polizeisirenen-Geheul reichte es leider nur für „Hallo, wir sind . . . “, weil dann das Kleingeld durchfiel und das Gespräch abriss. Weitere Versuche scheiterten am Operator, der verbinden sollte, aber überhaupt nicht verbindlich war sowie schließlich am völlig unverständlichen Anleitungs-Kauderwelsch auf der final gekauften Telefonkarte.

Reisekasse

Immer am Hals! Kreditkarten: Hatten nur Geschäftsleute, und man bekam sie auch noch nicht alle zehn Meter im Flughafen aufgedrängt. Man tourte daher als wandelnde Reisebank durch die Lande – mit D-Mark, Schillingen, Lira, alles unter Büroklammern gebündelt und vor Langfingern sicher verstaut im Brustbeutel. Speckig war er, aus beigem Leder und baumelte an einer ebensolchen Kordel um den Hals – wie das erste Kindergarten-Täschchen, nur kleiner. Eiserne Reserve darin: Travelers Cheques. Künstlerisch durchaus aufwendig gestaltete Papiere, etwas kleiner als Geldscheine, dafür aber mit einem Feld zum Unterschreiben. In Italiens Banca Risparmo etwa, dortselbst mit schweißnassen Händen und Puddingknien darauf hoffend, dass der gegelte Krawattennadelträger hinter dem Panzerglas das Papier in Berge von Lira eintauschen möge.

Die Tageszeitung am Kiosk war nicht aktuell

Filmrolle

Immer im falschen Moment zu Ende: 36 Bilder pro Filmrolle, Profis holten 38 raus, klemmten sie kürzer als empfohlen in die Plastiknasen des Transportrades der Analog-Kamera. Selfies? Pure Verschwendung! Einfach draufgehalten wurde auch nicht, sondern gut überlegt, wie man den Eiffelturm nun knipst. Und wenn es doch mal ein Schnappschuss sein sollte, war der Film garantiert alle. Nach dem Urlaub dann zwei Wochen warten, bis die Bilder entwickelt waren. Kundenorientierte Drogisten nahmen Abzüge, „die nichts geworden waren“, gnädig zurück.

Nachrichten

Michael Schumacher wurde Formel-1-Weltmeister? Erich Honecker verhaftet? „Verdammt, ich lieb Dich“ ist Nummer eins in Deutschland? Alles Nachrichten, die heute binnen Sekunden im Handydisplay aufpoppen würden. Damals bekam man auf Fernreisen nichts und in europäischen Nachbarländern fast nichts davon mit. Denn was wollte der Franzose schon von „Verdamm-isch-lieb-disch“ wissen? Mit Glück klemmte im Kiosk-Ständer eine vergilbte, drei Tage alte „Bild“-Zeitung. Aktualitäts-Junkies mussten schon mit der nötigen Finger-Feinsensorik die Deutsche Welle im Radio so einjustieren, dass wenigstens deren Nachrichten einigermaßen rauschfrei zu verstehen waren.