Ohne einen zusätzlichen Reitplatz gäbe es keine Vorbereitung auf Dressurturniere: Im Oktober 1982 ist ein solcher Platz deshalb beim Reit- und Fahrverein Murrgau eingeweiht worden. Auf dem 20 mal 40 Meter großen Gelände in Rielingshausen können Besucher Pferden und Reitern zuschauen.

Marbach - Idyllisch ist’s im Marbacher Stadtteil Rielingshausen ohnehin. Noch idyllischer wird es für denjenigen, der dort am Ortsrand entlang spaziert. Vielleicht kommt er dabei am Dressurplatz des Reit- und Fahrvereins Murrgau (RFV) vorbei, und vielleicht lässt er sich dort auf einem der Bänke nieder und schaut Ross und Reiter beim Training zu.

 

An diesem Abend sind Vanessa Sieck und Alexandra Hufnagel die Reiterinnen. Ihre Pferde, Montecarlo und Gastellow, gehen, traben und galoppieren in dem 20 mal 40 Meter großen Rechteck, dass der Staub nur so aufwirbelt. Die Choreografie bleibt das Geheimnis der Reiterinnen.

Dass es keine Kollision gibt, ist aber keinesfalls dem Zufall geschuldet. „Der mit der höheren Gangart hat Vortritt“, erklärt Luise Blatt, die mit ihrem Pferd gerade des Weges kommt. Sie will lieber in die Halle. „Hier draußen ist es mir zu staubig.“ Doch Staub hin oder her. „Wir brauchen den Platz“, sagt Luise Blatt, die lange Jahre im Vorstand des Vereins war.

Pferde werden von Pfützen irritiert

Der heutige Vorsitzende Rudolf Singer bekräftigt das und hat in den Vereins-Annalen geblättert. Am 31. Oktober 1982 wurde der Dressurplatz gegenüber der Reithalle eingeweiht. Singer: „Dieser Platz wurde erforderlich, damit wir als Verein Turniere durchführen können.“ Dazu brauche es zwei Plätze. Denn während draußen das Turnier stattfindet, können die Reiter die Halle zum Abreiten nutzen – das ist die Phase vor oder nach einem Turnier.

Es geht auch anders herum, wie es seit etwa drei Jahren beim Reit- und Fahrverein praktiziert wird. Drinnen in der Halle laufen die Dressurprüfungen, draußen auf dem Platz wird abgeritten. Das hat ganz praktische Gründe. Im April oder Mai, wenn das große Turnier meist stattfindet, regnet es oft. „Dann sieht der Platz draußen aus wie ein See, beziehungsweise in den Ecken bilden sich Pfützen“, sagt Singer.

Alles in allem wird der Untergrund für Pferd und Reiter dabei sehr ungleich. „Gerade bei der Dressur kommt es aber auf den Takt an, und wenn das Pferd in eine Pfütze tritt, ist es irritiert. Wenn also nachher der Reiter wegen einer Pfütze eine schlechte Note bekommt, ist das auch nichts.“

Nur der Laie erkennt kein System

Ein weiteres Problem befindet sich hinter dem schönen Grün am Seitenrand des Platzes. „Da ist eine Koppel“, erklärt der Vereinsvorsitzende. „Wenn da andere Pferde sind, dann lässt das diejenigen auf dem Platz nicht kalt.“

In ihrem Training machen Montecarlo und Gastellow mit Vanessa Sieck und Alexandra Hufnagel derweil nicht den Eindruck, also ob sie sich aus dem Takt bringen lassen würden. Ein bisschen vielleicht von der Kamera des Fotografen. Aber sonst geht es weiter – der Laie würde sagen: kreuz und quer über den Platz. Tatsächlich folgt das Ganze durchaus einem System. Die Fläche ist in zwei Zirkel aufgeteilt. Wer ihn reitet – oder die kleinere Volte, was einen Kreis bezeichnet – sollte darauf achten, den Weg schön rund zu halten, erklärt Vanessa Sieck. Sie reitet ihren Montecarlo jetzt in Schlangenlinien von einer Seite zur anderen. Je mehr Bögen, desto besser.

Eine Frage des Vertrauens

Dass sich die Frauen samt ihren beiden Warmblütern dabei auch bei gleicher Gangart nicht in die Quere kommen, liegt daran, dass es auf dem Platz noch weitere Regeln gibt. Der Reiter „auf der linken Hand“ hat den Vortritt, das ist der, der mit der linken Körperseite zur Mitte des Platzes hin unterwegs ist. Das ist in diesem Moment Alexandra Hufnagel. Geschickt dreht Vanessa Sieck vor ihr ab. Die Reiterin von Gastellow sitzt seit 36 Jahren auf Pferden und ist mit im Vorstandsteam des RFV Murrgau. Und Alexandra Hufnagel ist Breitensportbeauftragte beim Pferdesportkreis Ludwigsburg. Den Breitensport gibt es seit fünf Jahren auch beim RFV Murrgau. „Das ist ein bisschen wie Agility oder Western“, erklärt Hufnagel. An Tonnen vorbei wird Slalom geritten oder auf dem Pferd ein Tor im Zaun geöffnet, durchquert und wieder geschlossen. Auch Planen als Untergrund kommen zum Einsatz. „Das ist eine immense Vertrauenssache, auf dem Pferd über eine flatternde Plane zur reiten.“

Immens ist auch die Auswahl, die Reiter im Verein haben. Neben der klassischen Dressur gibt es Springen, den Breitensport, das Kutschefahren, Westernreiten und Voltigieren. Apropos: während Vanessa Sieck und Alexandra Hufnagel draußen ihre Runden drehen, ist drinnen in der Halle Michael Walkerbeim Training. Gemeinsam mit Nadja Wisenberg ist er kürzlich baden-württembergischer Meister im Doppelvoltigieren geworden. Ende August geht es zu den deutschen Meisterschaften.