Noch in diesem Jahr könnte der Prozess gegen den Ehemann beginnen. Neue Details werden bekannt – doch der genaue Tathergang und das Verschleppen der Leiche in den Favoritepark bleiben unklar.

Ludwigsburg - Seit drei Wochen sitzt der Ehemann der im vorigen Oktober getöteten Nadine Ertugrul in Haft, hat aber bislang kein Geständnis abgelegt. Für Polizei und Staatsanwaltschaft ist er „dringend tatverdächtig“. Die 55-köpfige Sonderkommission Allee ist aufgelöst, doch die Ermittler müssen immer noch viele Puzzlestücke zusammen setzen. Man hofft, dass die Anklage und der Prozessbeginn noch in diesem Jahr sind. Eine Bestandsaufnahme der Fakten, die bekannt sind.

 

August 2015 In der Beziehung der Eheleute Ertugrul kriselt es. Die beiden hatten sich beim Handball kennengelernt, er war ihr Trainer. Nun will sich die 36-Jährige von ihrem 42-jährigen Mann trennen. Auf Facebook schreibt er: „Welchen Sinn macht das Leben noch?“ Nadine Ertugrul informiert die Polizei, weil sie Suizidabsichten vermutet. Bayerische Beamte greifen den Ehemann in der Nähe des Chiemsees auf, er begibt sich in medizinische Behandlung und reist ins Ausland.

Sommer 2015: Die Eheleute leben nun getrennt im Haus in Eglosheim mit den drei und fünf Jahre alten Kindern. Ein Jogger berichtet, dass sich die 36-Jährige regelmäßig mit einem Mann auf dem Möglinger Häckselplatz trifft, der ein Auto fährt mit dem Markensignet von Caparol, einem bunt gestreiften Elefanten. Trotz vieler Zeugenaufrufe wird dieser Mann jedoch nie gefunden. Dass Nadine Ertugrul nach der Trennung eine neue Beziehung hatte, gilt inzwischen als gesichert.

Dramatische Zuspitzung der Ereignisse am 12. Oktober

12. Oktober 2015, 17.30 Uhr Die Ereignisse spitzen sich dramatisch zu. Nadine Ertrugrul wird um 17.30 Uhr beim Geldabheben in einer Bank von den Überwachungskameras aufgenommen, es ist das letzte Bild von ihr. Danach treibt sie Sport, gegen 20 Uhr ist sie wieder zu Hause. Ob die 36-Jährige noch einmal das Haus verlässt, um Brot einkaufen zu gehen, lässt sich nicht sicher verifizieren. Im Lidl-Markt in Eglosheim will eine Zeugin sie noch um 20.30 Uhr beobachtet haben.

12. Oktober, 20 Uhr Polizei und Staatsanwaltschaft vermuten, dass es um diese Uhrzeit Streit zwischen den Eheleuten in ihrem Haus gibt. Es geht um die zerbrochene Beziehung. Folgt man den Angaben der Behörden, dann kommt es zu Handgreiflichkeiten, Nadine Ertugrul wird durch „stumpfe Gewalteinwirkung auf den Hals“ getötet. Ob ein Gegenstand wie eine Hantel im Spiel ist, dazu werden keine Angaben gemacht.

12. Oktober, 21.30 Uhr Zu diesem Zeitpunkt wird das Handy von Nadine Ertugrul im Favoritepark in Eglosheim zum letzten Mal geortet. Die tote Frau wird nahe der S-Bahn-Station Favoritepark im Gebüsch ohne Kleidung abgelegt. Wie kam ihre Leiche dort hin? Hinter dem Haus der Familie in Eglosheim und dem Garten befindet sich eine schwer einsehbare Straße, von dort könnte sie mit ihrem VW Caddy weggebracht worden sein. Der Wagen wird auf einem Parkplatz nahe der S-Bahn-Haltestelle abgestellt. Nach Auswertung von 300 DNA-Spuren glaubt die Polizei, dass der Ehemann die Frau im Gebüsch abgelegt hat. Ob noch an dem Abend, spät in der Nacht oder am nächsten Tag, ist offen. Nach ihrem Tod werden ihr noch Schnitte am Hals beigebracht, möglicherweise, um die Tat zu vertuschen.

13. Oktober Am nächsten Morgen meldet der Ehemann seine Frau vermisst. Eine aufwendige Suchaktion wird gestartet.

20. Oktober Polizisten finden die entkleidete Leiche im Gebüsch in der Reuteallee, eine Soko wird gegründet. Der Ehemann gerät unter Verdacht, ihm kann aber nichts nachgewiesen werden. Der Schwager von Nadine Ertugrul startet eine Spendenaktion, die gut 5000 Euro einbringt.

Ehemann gerät bereits im Dezember unter Verdacht

Dezember 2015 Auf Facebook postet der Verdächtige einen Song des Rappers Bushido mit dem Titel „Engel unter 1000 Huren“. Die Polizei taucht im See des Schlosses Monrepos nach der Kleidung oder möglichen Tatwerkzeugen, ohne Erfolg. Das Umfeld wird untersucht, etwa das Fitness-Studio, das die 36-Jährige regelmäßig besucht hat, auch Kollegen bei Porsche sind im Fokus. Flugzettel werden an der S-Bahn-Station Favoritepark ausgeteilt, um Zeugen und Hinweisen zu finden. Auch ein Online-Hinweisportal wird geschaltet.

Februar 2016 Noch immer gibt es keine heiße Spur. Die Polizei will die Ermittlungen breiter aufstellen, der Fall kommt in die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY  ungelöst“, doch auch daraus ergeben sich keine neuen Erkenntnisse.

4. August 2016 Die Polizei verhaftet den 43-jährigen Witwer unter dringendem Tatverdacht. Am Samstag davor soll es, wie Nachbarn berichten, noch eine Geburtstagsparty im Garten mit den beiden Kindern gegeben haben. Kurz nach der Verhaftung wäre ein Türkei-Urlaub der Familie geplant gewesen. Einen zeitlichen Zusammenhang damit will Jan Holzner, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, nicht herstellen: „Die Verhaftung erfolgte, als sich die Indizien verdichtet haben.“ Da es bislang kein Geständnis gibt, müssen sich die Ankläger auf Indizien stützen.