Die öffentlichen Schulden sind so hoch wie nie. Eine Ebene verzeichnet aber einen sinkenden Schuldenstand. Und was fordern SPD und Grüne: Noch mehr Schulden machen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Mehr als 480 Milliarden Euro will die Ampel-Regierung im nächsten Jahr ausgeben, fast ein Zehntel davon auf Kredit. Eigentlich hatten sich die drei Regierungsparteien auf einen Bundeshaushalt geeinigt.

 

SPD und Grüne fordern: Schuldenbremse aussetzen

Doch in der SPD und bei den Grünen wird weiterhin ein Aussetzen der Schuldenbremse gefordert, um größeren Spielraum für Investitionen zu haben. So hat SPD-Chef Lars Klingbeil deutlich gemacht, dass seine Partei sich statt einer Aussetzung der Schuldenbremse etwa auch ein kreditfinanziertes Sondervermögen für Investitionen vorstellen kann.

Noch mehr Schulden also? Ist das die Lösung für die politische Herausforderungen der Gegenwart: die künftigen Generationen noch größere Hypotheken zu hinterlassen?Dabei ist die Schuldenlast von Bund, Ländern und Kommunen schon jetzt erdrückend, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen.

Neuer Rekord bei Staatsschulden

Demnach sind die öffentlichen Schulden Ende vergangenen Jahres mit 2445,1 Milliarden Euro auf ein Rekordhoch gestiegen. Dies entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 28 943 Euro, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilt. Das sind 778 Euro mehr als Ende 2022. Der Öffentliche Gesamthaushalt besteht aus Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte.

Die öffentliche Verschuldung stieg zum Jahresende 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent oder 77,1 Milliarden Euro und damit auf den höchsten nationalen Schuldenstand, der am Ende eines Jahres in der Schuldenstatistik gemessen wurde.

Schulden des ÖPNV werden jetzt mitgerechnet

„Der Zuwachs kam durch Schuldenanstiege beim Bund und bei den Gemeinden sowie bei der Sozialversicherung zustande, während die Länder Schulden abbauen konnten“, erklären die Statistiker.

Das Bundesamt verweist auf einen Sondereffekt. Denn seit 2023 werden vor dem Hintergrund der Einführung des Deutschlandtickets die Schulden der Verkehrsunternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in die Berechnung des öffentlichen Schuldenstandes aufgenommen. Ohne den ÖPNV wäre der Schuldenstand um 2,8 Prozent gewachsen und damit um 9,8 Milliarden Euro niedriger ausgefallen.

Laut den Angaben war der Bund Ende 2023 mit 1696,3 Milliarden Euro verschuldet, das sind 4,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anstieg sei insbesondere auf die Schuldenzuwächse in den Extrahaushalten „Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energie“ und „Sondervermögen Bundesweh“ mit zusammen 47,3 Milliarden Euro zurückzuführen, heißt es.

Länder bauen Schulden ab

Die Schulden der Länder sanken dagegen um 12,7 Milliarden Euro beziehungsweise 2,1 Prozent auf 594,2 Milliarden Euro. Ohne die Schulden der neu hinzugekommenen ÖPNV-Unternehmen hätte der Rückgang den Daten zufolge 2,6 Prozent betragen.

Erneut wiesen die Stadtstaaten die höchsten Schulden auf. So lag die Pro-Kopf-Verschuldung in Bremen bei 34 012 Euro, in Hamburg bei 17 095 Euro und in Berlin bei 16 602 Euro.

Unter den Flächenländern hatte das Saarland mit 13 187 Euro pro Kopf weiterhin die höchste Verschuldung, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 10 737 Euro. Am niedrigsten waren die Zahlen in Bayern mit 1 297 Euro und in Sachsen mit 1 405 Euro.

Höchste Pro-Kopf-Verschuldung bei Kommunen in NRW

Wie sieht es bei den Kommunen aus? Die Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände wuchs laut der Statistik im Vorjahresvergleich um 9,8 Prozent auf 154,6 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1979 Euro. Ohne die Schulden der ÖPNV-Unternehmen hätte der Anstieg bei 5,2 Prozent gelegen.

Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 3132 Euro liegen die Kommunen in Nordrhein-Westfalen jetzt vor den Kommunen in Rheinland-Pfalz (3039). Die geringste kommunale Pro-Kopf-Verschuldung verzeichneten 2023 die Kommunen in Brandenburg mit 551 Euro, gefolgt von den Kommunen in Sachsen mit 752 Euro und in Thüringen mit 895 Euro.