Christopher Sturm nennt den Zölibat als Grund für seinen Wechsel zu den Alt-Katholiken. Am Sonntag hat er sich von seinen Gemeinden verabschiedet, wo sein Schritt mit Überraschung aufgenommen wurde.

Stuttgart - „Ich gehe aus zölibatären Gründen“. Mit diesen Worten verabschiedete sich der katholische Priester Christopher Sturm am Sonntag im Gottesdienst von seinen Gemeinden in Zuffenhausen und Stammheim. Ende August hatte Sturm Bischof Gebhard Fürst um die Entlassung aus dem Pfarrdienst gebeten, in der vergangenen Woche informierte er die Kirchengemeinderäte. Noch größer war die Überraschung für die Gottesdienstbesucher: Was als normaler Sonntagsgottesdienst angekündigt war, entpuppte sich als Abschiedsfeier. Der 49-Jährige Sturm wird zur alt-katholischen Kirche übertreten und eine ihrer Gemeinden übernehmen. Nach der überraschenden Ankündigung gab es Tränen genauso wie Worte der Verärgerung.

 

Sturm war zehn Jahre in Zuffenhausen tätig

Bereits am Montag war Sturm in seiner Seelsorgeeinheit nicht mehr im Dienst. Auch zu einer Stellungnahme war der 49-Jährige nicht mehr zu erreichen, er verwies auf eine Absprache, die er mit Bischof Fürst getroffen habe. Von anderer Seite aber ist zu erfahren, dass der Abschied aus der Diözese brüderlich abgelaufen sei. Sturm kehrt der römisch-katholischen Kirche den Rücken, weil er nicht länger an die Ehelosigkeit gebunden sein will. Bei seinem Abschied im Gottesdienst aber war dem Theologen eines wichtig zu sagen: „Falls jetzt wieder die Diskussion über den Zölibat aufflammen sollte: Die Entscheidung, ein zölibatäres Leben zu führen, habe ich damals getroffen.“ Sturm war zehn Jahr lang in Zuffenhausen, seit März 2003 betreute er als Leiter der Seelsorgeeinheit auch die Gemeinde zum Guten Hirten in Stammheim.Im Stadtdekanat Stuttgart stößt Sturms Entscheidung auf Bedauern: „Wir verlieren einen geschätzten Kollegen“, versicherte Alexander Lahl, Geschäftsführer des Stadtdekanats. Zugleich habe man Verständnis dafür, dass der Theologe eine Beziehung „normal leben“ wolle. Lahl geht davon aus, dass die Stelle erst zum nächsten Sommer wieder besetzt werden kann.

Pro Jahr lässt sich ein Priester von seinem Amt entbinden

Nach Angaben der Diözese bittet von den 600 Priestern im Durchschnitt jedes Jahr einer um seine vorzeitige Entlassung aus dem Priesteramt. „Bei den meisten ist die zölibatäre Lebensweise die Motivation“, räumt Wolfgang Kessler, der Referent für Priester in der Diözese ein. Ein Großteil würde sich dann alternativ für einen sozialen Beruf entscheiden. Wechsel ins Priesteramt der alt-katholischen Kirche dagegen seien eher selten, der jüngste liege bereits zehn Jahre zurück, so Kessler.

Bei der alt-katholischen Kirche in Stuttgart zeichnet Pfarrer Joachim Pfützner ein anderes Bild: Von den 50 alt-katholischen Gemeinden im Bundesgebiet würden 24 von ehemals römisch-katholischen Pfarrern geleitet, auch Pfützner selbst kommt aus der katholischen Kirche. „Allerdings bilden wir immer mehr Pfarrer selber aus.“ Noch etwas macht der Theologe deutlich: „Es reicht uns nicht, wenn ein römisch-katholischer Kollege kommt, weil er als verheirateter Pfarrer weiterarbeiten will.“ Vielmehr sei entscheidend, dass er auch zu den Glaubensgrundsätzen der Alt-Katholiken stehe. Dazu gehört die Gleichstellung von Männern und Frauen im Priesteramt genauso wie das lokalkirchliche Prinzip, das den Bischof von übergeordneten Instanzen unabhängig macht. Nach Angaben von Pfützner wird Christopher Sturm Ende des Jahres eine alt-katholische Gemeinde außerhalb Baden-Württembergs übernehmen. Begleitend werde er ein Studium der alt-katholischen Theologie absolvieren.