Die Rems-Murr-Kliniken haben das zweite Jahr unter Pandemiebedingungen vergleichsweise gut gemeistert. „Die wirtschaftliche Bilanz 2021 fällt Corona zum Trotz positiv aus“, sagt der Geschäftsführer Marc Nickel. Das Betriebsergebnis liegt mit 1,6 Millionen Euro im positiven Bereich und nur knapp unter dem zuvor selbst gesteckten Ziel. Dass der Landkreis als Träger der Kliniken dennoch mehr als 15 Millionen beisteuern muss, um das Jahresergebnis auszugleichen, liegt an dem Abtrag der Schulden, die insbesondere durch den Neubau der Klinik in Winnenden gemacht worden sind.
Landrat Sigel: erfreulich positive Zahlen
Die laut dem Landrat und Aufsichtsratsvorsitzenden Richard Sigel unter den gegebenen Bedingungen „erfreulich positiven Zahlen“ seien freilich „nicht vom Himmel gefallen“, sondern „ein gutes Stück Arbeit“ – und dem Umstand geschuldet, dass die Politik letztlich „auf mehrfaches lautes Rufen reagiert hat“. Sprich: Ohne den Rettungsschirm für die Freihaltung von Bettenkapazitäten und andere Zuschüsse zum Ausgleich von Corona-Mehraufwendungen wäre das Defizit mehr als doppelt so groß ausgefallen.
Genau diese Sorge treibt die Verantwortlichen freilich für das laufende Jahr um. Zwar behandeln die Kliniken zurzeit nach zuletzt im Schnitt 80 Corona-Patienten aktuell nur noch zehn Infizierte, doch die Auswirkungen der Pandemie seien nach wie vor zu spüren. Der Dauereinsatz habe tiefe Spuren beim medizinischen wie pflegerischen Personal hinterlassen.
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Viele Mitarbeiter seien erschöpft, sagt der Geschäftsführer Nickel und räumt ein, dass der wirtschaftliche Druck auch in den Rems-Murr-Kliniken für Spannungen zwischen Management, Ärzteschaft und Pflegepersonal führe. Seit April sei der Rettungsschirm nicht mehr aufgespannt, aber die Rückkehr zur Normalität könne nicht von heute auf morgen gelingen. Viele Patienten seien noch zurückhaltend, schöben Behandlungen oder Vorsorgeuntersuchungen weiter auf. Deshalb sei man mit den Fallzahlen auch noch im Rückstand.
Die Erreichung der Planziele werde eine große Herausforderung, zumal man spätestens im Herbst wieder mit einer Verschärfung der Pandemielage rechne. „Wir stellen uns darauf ein, dass Corona gekommen ist, um zu bleiben“, sagt dazu Torsten Ade, der Chefarzt der interdisziplinären Notaufnahme. Auch wenn der Ukraine-Krieg die Problematik zurzeit in der Wahrnehmung verdränge, „die nächste Welle wird kommen“, sagt Marc Nickel und appelliert an die Politik: „Vergesst uns dann bitte nicht!“
Onkologisches Zentrum zertifiziert
Unabhängig davon wolle man an dem eingeschlagenen Weg einer weiteren Verbesserung der Strukturen und der medizinischen Versorgung im Rems-Murr-Kreis festhalten, betonen Nickel und Sigel unisono. In diesem Jahr sei beispielsweise das Onkologische Zentrum der Kliniken nach strengen Kriterien als solches vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt und als Erstes in Baden-Württemberg zertifiziert worden. Seit einem Jahr im Einsatz sei das sogenannte da Vinci-Operationssystem, das vor allem in der Urologie schonende und präzise Behandlungen ermögliche.
Zur Medizinkonzeption gehören aber auch bauliche Maßnahmen an beiden Standorten. So soll in Schorndorf möglichst noch in diesem Jahr mit dem Neubau der Notaufnahme nebst Diagnostik, Operations- und Kreißsälen sowie Pflegestation begonnen werden. Das rund 100 Millionen schwere Projekt hätte eigentlich schon in das Jahreskrankenhausbauprogramm des Landes aufgenommen werden sollen, doch die ursprünglich für März angesetzte Entscheidungsrunde ist noch einmal vertagt worden. Und ohne eine Zuschusszusage werde man keine Bauleistungen ausschreiben, sagt der Landrat. Ähnliches gilt für den in Winnenden geplanten fünfstöckigen Erweiterungsbau, in dem unter anderem eine vorstationäre Patientenaufnahme sowie mehrere Pflegestationen untergebracht werden sollen. Für die beiden Projekte gilt zudem: Die Auswirkungen der aktuellen Bau- und Energiekostensteigerungen müssen noch näher geprüft werden.
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Lediglich die Endabrechnung hingegen ist demnächst bei dem nachträglich gebauten zusätzlichen Parkhaus in Winnenden fällig. Die 567 Stellplätze sollen bald freigegeben werden. Die offizielle Eröffnung ist am Mittwoch, 1. Juni, um 16 Uhr.