Die nächste Regel – „Bestechungsversuche mit Leckerlis sind zu unterlassen!“ – wird von sechs Postlern ignoriert. „Und funktioniert es?“, will der Trainer wissen. „Ja“, beteuern die Regelbrecher. Grundsätzlich sei die Post ja dagegen, werden sie belehrt, denn: „Der Hund kann sich verschlucken oder eine Allergie haben. Dann liegt er röchelnd da und Sie sind schuld.“ Das Risiko geht Bernd Ulrich aus Großbottwar ein. Er schwört auf Leckerli in Knöchelchenform und gehört trotz eines Bisses zur Fraktion der Hundeaffinen. Die Fleischwunde im Schienbein hat er dem Vertreter der Art Canis lupus familiaris verziehen: „Der Hund war krank, er hatte einen Tumor.“ Zur Schulung ist er nur aus Solidarität mit einem Kollegen gekommen, der nicht so gut mit Hunden klarkommt.

 

Als „allerletztes Mittel“ sei ein Pfefferspray hilfreich. Falls dies nicht vorhanden ist, empfiehlt der Experte, dem vierbeinigen Angreifer notfalls das Maul mit etwas zu stopfen, was gerade zur Hand sei – etwa mit einem Brief oder Paket: „Egal, wie teuer das ist und egal, wenn es danach kaputt ist.“ Falls es doch schiefgehe, sei auf jeden Fall ein Arztbesuch angesagt. Und im Zweifelsfall psychologische Hilfe, um chronische Angstzustände zu verhindern.

Dann geht es zum praktischen Teil, bei dem Jack indes nicht wirklich als Übungsobjekt herhalten darf, weil das zu gefährlich ist. Ein Postler muss aus sicherer Entfernung mit einem Stöckchen wedeln, was dem Schäferhund genügt, um wild zu bellen und die Zähne zu zeigen. Ein entspannter Hund sieht anders aus. Nämlich so wie Jago, der zum Schluss noch seinen großen Auftritt hat. Der vier Monate alte Appenzeller Sennenhund marschiert schwanzwedelnd über den Platz, um den Hals trägt er ein postgelbes Band. Bernd Ulrich zückt sogleich ein Knöchelchen – und schon sind die beiden beste Freunde. Jago checkt noch geschwind die anderen in Gelb gewandeten Kollegen ab. Er tut das mit so viel Charme, dass fast alle ihn ein bisschen knuddeln wollen. Na also – geht doch.