Zwischen Oppenweiler, Kernen, Alfdorf und Schorndorf stehen etliche prunkvolle historische Gebäude. Welche einen Besuch wert sind und welchen Zwecken sie heute dienen, lesen Sie hier.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Seit Jahrhunderten faszinieren Burgen die Menschen. Die dicken Mauern symbolisieren Macht, Beständigkeit und lassen den Besucher eintauchen in eine Zeit fernab von ständiger Erreichbarkeit, ohne Lebensmitteldiscounter und Reihenhäusern, in die Ära von Grafen, Räubern, Rittern und Burgfräulein.

 

Für einen Trip in die Vergangenheit muss man aber nicht unbedingt zum Schloss Neuschwanstein oder zur Burg Hohenzollern reisen: Auch im Rems-Murr-Kreis gibt es mehrere Burgen und Schlösser. Manche befinden sich in privater Hand, andere lassen sich besichtigen, wieder andere dienen sogar öffentlichen Zwecken. Unsere Übersicht zeigt eine Auswahl der sehenswertesten historischen Gebäude im Kreis.

Burg Waldenstein

Oberhalb von Rudersberg steht die Burg Waldenstein. Die sogenannte Spornburg wurde um 1200 erbaut. Zwar hat sie ein Brand im 19. Jahrhundert teilweise zerstört, doch das Hauptgebäude und alte Mauern sind gut erhalten. Der Sage nach gibt es sogar ein Burggespenst: Ende des 16. Jahrhunderts wurde einer jungen, schwangeren Witwe der Einlass in die rettende Burg ihrer Eltern verwehrt – aus Furcht vor der Pest. Die Einsicht der Eltern kam zu spät: Die Frau brachte ihr Kind im Wald zur Welt. Dieses überlebte, doch die Frau starb. Der Überlieferung zufolge geht sie nun auf der Burg um. Im Jahr 2019 hat unsere Zeitung die Burg in Begleitung eines Ghosthunter-Teams auf paranormale Aktivitäten untersucht – und bis auf einen verschmusten Burgkater keine heimlichen Bewohner entdeckt.

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Die Burg ist ein lohnendes Ziel für Wanderungen. Vom Bahnhof Rudersberg aus kann man beispielsweise einen knapp zwei Stunden langen Rundweg zur Burg laufen. Einige Zeit lang stand die Burg Waldenstein sogar für rund 2 Millionen Euro zum Verkauf. Nachdem sich lange kein Käufer fand, entschied der Inhaber sich, sie mit einigen Änderungen weiter zu führen. Im Restaurant mit dem prunkvollen Rittersaal und dem Burgstüble gibt es seitdem kein À-la-carte-Essen mehr, sondern nur noch Events – beispielsweise Krimidinners, Hochzeiten und Whisky-Tastings. Zudem verfügt das Hotel Garni über 40 Betten.

Unsere interaktive Karte zeigt noch mehr Schlösser und Burgen im Kreis:

Wasserschloss Oppenweiler

Im hübschen Wasserschloss in Oppenweiler geht es zumindest ganz sicher weltlich zu. In dem im 18. Jahrhundert entstandenen Bauwerk, das malerisch auf einer Insel in einem kleinen See liegt, ist seit 1939 das Rathaus der Gemeinde untergebracht. Schon vor dem achteckigen Gebäude stand an dieser Stelle wohl eine Wasserburg, die jedoch schon bald dem Schlösschen in seiner – ungefähren – heutigen Form wich. Das Wasserschloss war von den damaligen Herren derer von Sturmfeder als Landhaus konzipiert.

Die katholischen Herren von Sturmfeder ließen außerdem auch eine Kapelle in das Wasserschloss bauen – diese dient inzwischen als Sitzungssaal. Das Schloss wird umgeben von einem Park, der zu netten Spaziergängen einlädt.

Ruine Kappelberg

Nicht mehr in Benutzung ist dagegen die Burg Beutelsbach, auch Ruine Kappelberg genannt, bei Weinstadt-Beutelsbach. Zu ihrer Hochzeit, dem 11. Jahrhundert, sollte sie eine dort verlaufende wichtige Verbindungsstraße schützen. Doch schon knapp 200 Jahre später tauchte sie bereits als Ruine in Schriftstücken auf. Im Jahr 1968 wurden schließlich für eine Rebflurbereinigung große Teile der Ruine von Archäologen freigelegt, bevor das Gelände planiert wurde. Inwiefern der heute stehende, rekonstruierte Teil der Ruine mit dem historischen Vorbild übereinstimmt, ist unklar.

Von der Ruine aus hat man jedenfalls einen wunderbaren Ausblick über Beutelsbach; vom Bahnhof aus führen auch mehrere Wanderrouten unterschiedlicher Schwierigkeitsstufen zu der Ruine.

Schloss Ebersberg

Auf einem Berg bei Auenwald-Lippoldsweiler thront Schloss Ebersberg. Es handelt sich um die Überreste der Staufer-Burg Ebersberg, die Anfang des 12. Jahrhunderts erbaut wurde. Da große Teile der Anlage 1714 bei einem Brand zerstört und neu aufgebaut wurden, ist das Schloss in seiner heutigen Form barock geprägt.

Im 20. Jahrhundert wurde das Schloss mehrmals umfassend renoviert, die Räume werden gegenwärtig als Bildungs- und Begegnungsstätte der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg genutzt. Rund um das Schloss zieht sich ein beschilderter Kultur-Landschaftsweg, auf dem große und kleine Besucher auf 17 Schautafeln Wissenswertes über Flora, Region und Fauna erfahren und ein kleines Quiz absolvieren können.

Burg Reichenberg

Ebenfalls auf die Staufer geht die Burg Reichenberg zurück, es ist die wohl imposanteste Burg im Rems-Murr-Kreis. Sie steht oberhalb der Gemeinde Oppenweiler. Das romanische Gebäude wurde ab dem Jahr 1230 erbaut und ist bis heute fast vollständig erhalten. Sie war einst eine sogenannte Ministerialburg, also eine Art Verwaltungszentrum, in dem lange die Sturmfeders aus Oppenweiler ihren Sitz hatten.

In der jüngeren Geschichte fand die Burg verschiedene Verwendungen. Um 1880 brachte die Samariterstiftung dort Menschen mit Behinderung unter, das Heim wurde später nach Gomadingen verlegt – das dortige Schloss fungierte im Dritten Reich wiederum als Tötungsanstalt, in der Menschen mit Behinderung ermordet wurden. Auf Burg Reichenberg betrieb die Evangelische Gesellschaft Stuttgart dagegen eine Auffangstelle für Prostituierte, und später wurde diese wieder in ein Heim für Behinderte umgewandelt.

Heute ist das Land Baden-Württemberg der Eigentümer, die Burg wird von der Paulinenpflege Winnenden als Heim genutzt. Viele Teile der Burg sind dennoch öffentlich zugänglich, so ist die Burg eine beliebte Kulisse für Hochzeitsfotos. Auch jetzt finden – mit Voranmeldung – Führungen statt.

Schloss Winnental

Anfang des 14. Jahrhunderts entstand in Winnenden im Auftrag des Deutschherren-Ordens ein Teil des heutigen Schlosses Winnental. Im Lauf der Jahrhunderte veränderte das Schloss mehrere Male sein Aussehen, unter anderem wurde es zur Zeit des Barock umgebaut. Quasi in der Gegenwart, im Jahr 1975, wurde ein Flügel des Schlosses abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.

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Seit dem Jahr 1834 ist das Schloss Winnental eine Heilanstalt, heute ist hier ein Zentrum für Psychiatrie untergebracht. Der Schlosspark ist öffentlich zugänglich. Wer hier spaziert, kann den barocken Monumentalbrunnen und das Mopsdenkmal bewundern. Vor der Corona-Krise wurden auch botanische Führungen angeboten. Das Schloss selbst ist Patienten und ihren Besuchern vorbehalten.

Burgschloss Schorndorf

Das Burgschloss in Schorndorf ist der Rest einer ehemaligen Renaissance-Festung. Es handelte sich seinerzeit um den Eckpfeiler der Stadtfestung, welche deutlich größer war als der heute erhaltene Teil. Die Anlage überstand sogar das große Feuer von 1634 – anders als große Teile der Stadt. Besonders sehenswert sind die Inschriften und Wappen an den Türmen sowie das Wappen und die Pechnase über dem Hauptportal. Das Schloss beherbergt heute verschiedene Behörden – etwa das Schorndorfer Amtsgericht.

Nicht weit vom Burgschloss findet sich zudem das Jagdschloss, das 1555 von Herzog Christoph erbaut wurde. König Friedrich diente es ab 1810 als Jagdschloss –jetzt hat hier das Finanzamt seinen Sitz.

Yburg Stetten

Zugegeben, es gibt imposantere Burganlagen als den Quader namens Yburg, der sich oberhalb von Kernen-Stetten aus den den Weinbergen erhebt. Doch auch diese Ruine ist ein Stück Geschichte – und ein Wahrzeichen des Ortes: Im frühen 14. Jahrhundert haben die Truchsessen von Stetten sie erbaut, damals wohl noch unter dem Namen Eibenburg. Sie war als reine Wohnburg konzipiert und verfügte über keine Wehranlagen. Zeitweilig hatte sie sogar ein viertes Stockwerk.

Die Yburg ist ein beliebtes Wanderziel, da sie einen spektakulären Ausblick über die Weinberge und das Remstal bietet. Zudem gibt es dort Skulpturen von Karl-Ulrich Nuss zu bewundern.

Wissenswertes zu historischen Bauwerken

Unterschiede
 Während Burgen vorrangig der Verteidigung, der Machtdemonstration und als Zufluchtsstätte für die Bevölkerung dienten, waren Schlösser für ihre Herren Wohnstätten, wo sie Gäste empfingen und ihren Reichtum zur Schau zu stellten.

Arten
 Je nach Zweck und Geografie unterschied man zwischen verschiedenen Arten von Burgen. So gab es Höhenburgen, die auf natürlichen Anhöhen errichtet wurden, Niederungsburgen in der Ebene, die oft als Wasserburg von einem Graben umgeben wurden, sowie Höhlenburgen. Im Mittelalter waren auch Turmburgen mit einem hohen Wohn- und Wehrgebäude verbreitet.