Obwohl das Land 14 Stationen aus dem Kreis auf die Vorschlagsliste gesetzt hat, wird wohl kein einziger Bahnhof im Kreis in den Genuss von Bundeszuschüssen für den behindertengerechten Umbau kommen – das liegt an den Förderkriterien.

Rems-Murr-Kreis - Um den barrierefreien Umbau von Bahnhöfen wird seit zwei Jahrzehnten gerungen – nicht nur im Rems-Murr-Kreis. Dort aber ganz besonders, weil hier die Einstiegsnot an vielen Stationen groß ist. An manchen besteht, wie der Unfall mit einem Schwerverletzten an der Station Stetten-Beinstein vor drei Monaten verdeutlicht, für Menschen mit Gehbehinderungen sogar Lebensgefahr. Große Hoffnungen galten hier dem vollmundig angekündigten Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums, für das nun die ersten Konturen bekannt wurden. Und die bedeuten, so teilt jetzt der Bahnpolitische Sprecher der Grünen und Nürtinger Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel mit, wenig Gutes für die Stationen in der Region. Im Rems-Murr-Kreis, so schätzt der Experte die Lage ein, wird voraussichtlich kein einziger Bahnhof in den Genuss von Geldern aus diesem Programm kommen. Und dies, obwohl das Land immerhin 14 Stationen aus dem Kreis für das Programm angemeldet hat.

 

Das Förderprogramm hat nämlich gewisse Tücken, die seine Wirksamkeit in der Bahnlandschaft gewaltig ausbremsen. Der Hauptpunkt: Einen Obolus aus dem bundesweit mit 50 Millionen Euro bestückten Fördertopf gibt es ausschließlich für Kleinbahnhöfe, die von weniger als 1000 Reisenden genutzt werden. Und hat man die zur Förderung taugliche schwache Frequenz, dann muss zusätzlich auch schon eine komplett fertige Planung der Bahn für den Umbau vorliegen. Damit fliegt aus Kreissicht voraussichtlich sogar Urbach aus der Förderung, das mit durchschnittlichen 980 Fahrgästen pro Tag gerade so die Zwergennorm erfüllt, aber eben noch nicht über Planungsunterlagen der Bahn verfügt.

Zu viele Fahrgäste – keine Förderung

Der Nachbarort Plüderhausen ist eigentlich stolz darauf, dass dort täglich immerhin rund 1200 Menschen den Zug nutzen. Dass die Strafe für die erfreulich gute Frequentierung nun der Verstoß vom Fördertopf sein soll, das versteht man im dortigen Rathaus nun wirklich nicht. Informationen über Kriterien oder Entscheidungen gebe es vor Ort bisher keine, sagt der Bürgermeister Andreas Schaffer. Wenn es denn so sein sollte wie aus Berlin verlautet, habe er absolut kein Verständnis für dieses tendenzielle Nichtförderungsprogramm. „Seit 20 Jahren diskutieren wir über die barrierefreien Bahnhöfe, und von Beginn an war für alle klar, dass zuerst die größeren Stationen umgebaut werden müssen.“ Das Ausmaß des Nutzens sei offenkundig kein Kriterium für die Förderung. 50 Millionen Euro, so hatte am Wochenende schon der Landesverkehrsminister Winfried Hermann kritisiert, sei höchsten ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Keine Station im Kreis erfüllt die Kriterien

Wenig Sinn habe angesichts der vorgegebenen Kriterien andererseits die Liste, die das Land als Vorschläge für förderungswürdige Bahnhöfe im Rems-Murr-Kreis nach Berlin geschickt hat, meint Manfred Gastel. Winnenden sei da zum Beispiel mit darunter, wo zwar eine Machbarkeitsstudie für die Verlängerung der bestehenden Fußgängerbrücke und die Schaffung von barrierefreien Zugängen vorliege. Mit 9000 Fahrgästen pro Tag liege die Frequenz dort allerdings um das Neunfache über dem nötigen Mini-Stations-Niveau.

Entlang der Remsbahn fehlen praktisch an allen Bahnhöfen 20 Zentimeter Bahnsteighöhe, einige weisen zusätzliche Mängel in Sachen Barrierefreiheit auf. Alle liegen andererseits aber auch über der 1000-er-Marke bei den Fahrgastzahlen. Trotz des nachweislich höchsten Umbaubedarfs in der Region, so resümiert der Bahnpolitische Sprecher der Grünen, erfülle kein einziger der Bahnhöfe im Rems-Murr-Kreis die eigenwilligen Förderkriterien des Bundes. Gastels grundsätzliche Kritik am minimierten Förderprogramm gilt dabei nicht nur dem K.O.-Kriterium der schnellen Realisierbarkeit: „Leider hat der Bundesminister übersehen, dass der größte Handlungsbedarf nicht bei den ganz kleinen, sondern bei den etwas größeren und mittelgroßen Bahnhöfen besteht. Das Ganze sieht sehr nach einem Schnellschuss aus.“