Die Verwaltungen an Rems und Murr installieren in ihren Räumen derzeit neue Automaten für biometrische Fotos. Die neue, bundesweite Regelung gilt ab Anfang Mai. Alternativ dürfen auch zertifizierte Fotografen Aufnahmen machen.
Der Erste Bürgermeister der Stadt Fellbach (Rems-Murr-Kreis), Johannes Berner, hatte bereits vor fast vier Jahren den richtigen Riecher. Bei einem Pressegespräch im Oktober 2021, in dem es eigentlich um die Stärkung und Umstrukturierung in den Verwaltungsstellen der Stadtteile Schmiden und Oeffingen ging, erwähnte er noch ein weiteres Thema: Bei den Personaldokumenten zeichne sich eine Änderung ab.
Weil es das Phänomen gebe, dass „in Deutschland Ausweise erschlichen werden mit falscher Identität“, plane der Gesetzgeber, dass die Behörden die Aufnahme der biometrischen Passfotos selbst übernehmen. Auch Fellbach werde wohl in absehbarer Zeit Terminals in den Bürgerbüros bereitstellen. Berners Vermutung: „Das wird meines Erachtens 2025 kommen!“
Ab 1. Mai ist ein digitales Passfoto notwendig
Nun, mit dieser Prognose lag er ziemlich richtig. Darauf haben in den vergangenen Wochen die Pressestellen diverser Verwaltungen im Rems-Murr-Kreis hingewiesen. So erläutert Claudia Leihenseder, die Leiterin des Büros des Weinstädter Oberbürgermeisters Michael Scharmann: „Wer ab dem 1. Mai einen Reisepass oder Personalausweis neu beantragt, braucht dafür ein digitales Passbild.“ Die Passfotos könnten dann entweder bei einem zertifizierten Fotografen oder zukünftig im Rathaus direkt erstellt werden. „Ausgedruckte oder entwickelte Bilder werden ab dem Zeitpunkt nicht mehr angenommen.“
Hintergrund ist eine Gesetzesänderung des Bundes, die Missbrauch verhindern soll. Betroffen sind auch die Beantragung von Aufenthaltstiteln sowie Reiseausweise für Ausländer, Flüchtlinge und Staatenlose. Für Führerscheine gilt die Neuregelung jedoch nicht – hier müssen biometrische Passbilder weiterhin in Papierform eingereicht werden, da die Anträge noch schriftlich gestellt werden. Die Stadt Weinstadt wird die Passbildstationen rechtzeitig sowohl im Bürgerbüro als auch in der Ausländerbehörde aufstellen.
Für Passfotos gelten strenge Regeln
Auch in Fellbach, wo man sich ja – wie geschildert – seit Jahren darauf vorbereitet, hat man sich vier Automaten besorgt. So werden im Raum 016 im Foyer des Rathauses – also in unmittelbarer Nähe des Einwohnermeldeamtes und der Ausländerbehörde – zwei Automaten (Produkt „PointID“ der Bundesdruckerei) für die Aufnahme biometrischer Fotos und die Erfassung von Fingerabdrücken aufgestellt. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorgaben stehen die beiden Automaten unter ständiger Beobachtung durch ein Videosystem.
Bürgermeister Berner erklärt dazu: „Streng genommen dürften die Passfotos ab 1. Mai nur noch unter unmittelbarer Beobachtung durch Behördenmitarbeiter aufgenommen werden. Derzeit ist aber auch eine Videobeobachtung zulässig.“
Fellbach stellt vier Automaten für Passfotos auf
Aufgrund der Erfahrungswerte rechnet man im Rathaus damit, dass die allermeisten Kunden die Aufnahme der Passfotos beziehungsweise Fingerabdrücke und die Erledigung ihres eigentlichen Anliegens, zum Beispiel die Neuausstellung eines Ausweisdokuments, unmittelbar miteinander verbinden werden.
Die beiden Geräte im Raum 016 werden für beide Kundengruppen – für diejenigen des Bürgerbüros wie auch der Ausländerbehörde – zur Verfügung stehen. Sollten die Kunden Hilfe benötigen, werden sie von Mitarbeitenden gerne unterstützt. Darüber hinaus ist auch ein „Hilfe-“ Knopf geplant, mit dem Kunden bei Bedarf Unterstützung anfordern können.
Passfoto-Aufnahme unter Beobachtung
In den Bürgerbüros der Stadtteilrathäuser Schmiden und Oeffingen ist die Aufstellung von jeweils einem Gerät angedacht. Dort sind die räumlichen Voraussetzungen so, dass die Aufnahmen unter der gesetzlich vorgeschriebenen Beobachtung erfolgen können.
Berner: „Angesichts von circa 10 000 ,Vorgängen’ pro Jahr in unseren drei Bürgerbüros und der Ausländerbehörde haben wir uns bewusst gegen die Aufstellung der Automaten in den Büros der Kolleginnen und Kollegen entschieden.“ Die Aufnahmen beziehungsweise die Überwachung und Betreuung der Aufnahmen würde eventuell zu einer Arbeitsbeeinträchtigung führen und damit auch die zeitnahe Verfügbarkeit von Terminen gefährden. Hinzu kommt, dass die räumlichen Vorgaben wie etwa Mindestabstände für die Aufstellung der Geräte im Rathaus Fellbach in den Büros nur schwer bis gar nicht zu erfüllen sind.
Neue Passfoto-Regelung: Übergangszeit gilt bis 31. Juli
Alle vier Geräte wurden im Februar bestellt, sie sollen noch im April geliefert werden. In der zurückliegenden Woche hat das Bundesinnenministerium die Kommunen allerdings angewiesen, in einer Übergangszeit bis 31. Juli unter bestimmten Voraussetzungen doch noch die klassischen Papierfotos zu akzeptieren, da es anscheinend zu Lieferverzögerungen kommt.
Passbilder als „Rache der Fotografen“
Vom vor rund 100 Jahren lebenden Schriftsteller Joachim Ringelnatz ist das Bonmot überliefert: „Passbilder sind die Rache der Fotografen.“ Wird es nun mit den amtlichen Passfotos umgekehrt, erfolgt also eine Rache an den Fotografen? Johannes Berner sagte bereits 2021 einen „Aufschrei der Fotografen“ voraus. Eine Schlagzeile unserer Zeitung vom Dezember 2023 über entsprechende Pläne in Stuttgart lautete: „Stadt als Totengräber von Fotostudios?“
Ganz so schlimm wird’s wohl nicht kommen – zumindest nicht für alle. Denn grundsätzlich können die Passfotos auch über zertifizierte Fotografen erstellt werden. Etliche Betriebe im Rems-Murr-Kreis haben deshalb ihre Infrastruktur angepasst und die technischen Voraussetzungen erfüllt, um sich als zertifizierte Fotografen registrieren zu lassen. Die Stadt Weinstadt hat diesen Tipp: „Eine deutschlandweite Übersicht über zertifizierte Fotografen gibt es unter alfo-passbild.com.“