Die Flotte der Flugzeuge zur luftgestützten Unwetterbekämpfung wächst. Im Frühjahr wird auf dem Echterdinger Flughafen eine dritte Maschine für die Hagelflieger einsatzbereit sein

Rems-Murr-Kreis - Eines ist sicher: die Hagelfliegerflotte auf dem Stuttgarter Flughafen wird anwachsen in diesem Jahr. Denn im Herbst hat die Württembergische Gemeindeversicherung (WGV) angekündigt, ein drittes Flugzeug für die luftgestützte Hagelabwehr finanzieren zu wollen. Auch andernorts ist die Akzeptanz für die Bekämpfung schadensträchtiger Hagelschläge mittels Impfung der Gewitterwolken mit Silberjodid im vergangenen Jahr gewaltig gewachsen – obwohl es in der jüngeren Vergangenheit auch ganz andere Stimmen gab: Noch vor sechs Jahren hatte der Ex-Wetterfrosch Jörg Kachelmann das Vertrauen in die Hagelfliegerei als Aberglaube bezeichnet.

 

Sein Kommentar zur damals in der Region Stuttgart schon seit fast 30 Jahren praktizierten luftgestützten Hagelabwehr: das Geld für den Hagelflieger könne man getrost auch gleich aus dem Flugzeug werfen – „da wird es zwar auch ungerecht verteilt, kommt aber wenigstens der Bevölkerung zugute“.

Dass die von Kachelmann einst derart gescholtene Hagelabwehr per Flugzeug nun in der Region und drum herum trotzdem nochmals deutlich mehr Menschen zugutekommen soll, das hat wiederum nicht zuletzt mit einem doppelten Hagelunwetter im Juli 2013 zu tun. Damals war eine massive Hagelfront in Richtung Remstal gezogen und eine ähnlich konstituierte Hagelwolke in Richtung Neckar- und Filstal. Diejenige, die über das Remstal zog, wurde von den beiden Hagelfliegern mit Silberjodid geimpft, das dazu führt, dass sich anstelle großer Hagelkörner nur viele kleine Körnchen bildeten. Das Unwetter richtete auf dem Weg in Richtung Schwäbisch Hall keine größeren Schäden an. Ganz im Gegensatz zur ungeimpften anderen Hagelwolke, die mit teils tennisballgroßen Hagelbrocken entlang der Schwäbischen Alb bei Tübingen, Reutlingen und bis Aalen Schäden in Höhe von zig Millionen Euro anrichtete.

In der Folge hat sich unter anderem in Reutlingen eine Initiative für die Hagelabwehr gebildet. Und im Lauf des vergangenen Jahres haben sich auch andere Interessenten im Rems-Murr-Landratsamt gemeldet, wo die Hagelabwehr der Region koordiniert und organisiert wird. Mit in den Hagelabwehrkorridor schlüpfen würden dabei gerne einige Weinbaugenossenschaften im Heilbronner Raum. Den Wunsch aus Esslingen, mit unter den Abwehrschirm zu kommen, wird wohl – bei entsprechender Beteiligung des Landkreises – nun das von der WGV finanzierte dritte Flugzeug erfüllen können. Dieses soll explizit dafür dienen, die bislang innerhalb der Region Stuttgart noch bestehenden weißen Flecke in Sachen Hagelabwehr zu beseitigen.

Einer derer, die die luftgestützte Hagelabwehr in der Region seit Jahrzehnten begleiten, ist der Umweltexperte Hermann Gysi, dessen Karlsruher Firma Radar Info die Daten die Einsätze der Hagelflieger liefert. Einen wirklichen wissenschaftlichen Beweis für die Wirksamkeit der Hagelabwehr könne es nicht geben, sagt er. „Ich vergleiche das mit der Kriminalistik. Wenn man ein Verbrechen hat, für das es keine Zeugen gibt, muss man Indizien suchen, und irgendwann sprechen alle Indizien für oder gegen einen gewissen Täter.“ Genügend Indizien für die Wirksamkeit der Hagelabwehr mit Silberjodid sieht er – auch mit Blick auf jenes doppelte Juli-Unwetter – allemal: „Ich glaube, dass wir dem Glück ein bisschen nachgeholfen haben.“