Die Kreisjägervereinigung Backnang will Drohnen zur Kitzrettung und Wildschweinjagd ausprobieren. Aus dem Nachbarlandkreis kommt leise Kritik.

Rems-Murr-Kreis - Drohnen – das erinnert an raketenbehangene Flugroboter, die mit tödlicher Präzision zuschlagen. Doch es gibt auch friedliche unbemannte Fluggeräte: Multicopter und ihre Verwandten begeistern immer mehr Hobbypiloten, machen Filmaufnahmen aus der Luft, sammeln Daten für Geologen oder Wetterforscher, überwachen landwirtschaftliche Flächen, Paketdienste überlegen, mit ihrer Hilfe Waren auszuliefern.

 

Nun gibt es ein weiteres mögliches Einsatzgebiet: Reiner Eblen, der Sprecher der Kreisjägervereinigung Backnang, möchte in naher Zukunft mit dem Multicopter auf die Pirsch gehen. Drohnen könnten seiner Ansicht nach Tieren das Leben retten. Denn in Zeiten der Wiesenmahd bringen viele Wildtiere ihre Junge zur Welt oder ziehen sie auf. Die Überlebenstaktik von Rehkitzen, sich auf ihre Tarnung zu verlassen und still liegen zu bleiben, hat bei der Begegnung mit einem Mähdrescher bisweilen tödliche Folgen. „In jedem Jahr gibt es solche Fälle“, sagt Eblen. Die sind auch für die Landwirtschaft gefährlich: Kadaverteile im Viehfutter können bei Kühen Botulismus hervorrufen, eine bakterielle Infektion, die nicht selten tödlich verläuft.

Nicht für alle Tiere kommt das Gute von oben

Ein Multicopter mit Wärmebildkamera könnte helfen, Rehkitze vor dem Mähen aufzuspüren. Genügend Akkuleistung vorausgesetzt, ermüdet er im Gegensatz zu Spürhunden nicht und hat aus der Vogelperspektive sogar hoch bewachsene Wiesen und Felder gut im Blick. Bei einer Flughöhe von etwa 50 Metern könnte ein Hektar Wiese in nur fünf Minuten abgesucht sein. „Das wäre eine enorme Erleichterung. Wenn man ein Feld zu Fuß abläuft, braucht man locker eine halbe oder dreiviertel Stunde pro Wiese“, erklärt Eblen. Laut dem Fachmagazin „Jäger“ ist die Kitzsuche per Drohne quasi schon Alltag in vielen deutschen Revieren. Die eigentliche Rettung der Rehe geht aber noch auf die althergebrachte Weise vonstatten: Einen Jäger, der das Tier in eine Decke wickelt und es vorsichtig außer Gefahr bringt, ersetzt die Drohne nicht.

Nicht alle Tiere haben angesichts der Luftunterstützung Grund zur Freude: Eblen stellt sich auch vor, dass Luftaufnahmen von Feldern dabei helfen könnten, Wildschäden zu erkennen – und die Jäger zu den Verursachern zu führen. Entsprechende Versuche soll es in diesem Herbst geben. „Das müsste auch bei Drückjagden funktionieren“, so Eblen. An Hilfe bei der Wildschweinjagd dürften viele Jagdpächter ein Interesse haben: sie haften für Schaden, den Wildschweine in ihrem Gebiet anrichten.

Einige Einschränkungen für den Drohneneinsatz gibt es aber. So ist der Temperaturunterschied zwischen Umgebung und Tierkörper nur in den Morgenstunden groß genug. Eine Drohne allein dürfte zudem höchstens für das Gebiet einer Jagdgenossenschaft ausreichen. Und die für Wärmebildaufnahmen nötige Technik ist sehr teuer: Für ein vernünftiges Einsteigerset werden rund 9000 Euro fällig, schwere Profigeräte kosten schnell 25 000 Euro. Ein beauftragter Pilot müsste 300 bis 500 Euro pro Stunde verlangen, um letztere Investition wieder hereinzuholen.

Vizechef der Ludwigsburger Jäger mahnt: Jagd soll fair bleiben

Doch schon normale Videoaufnahmen könnten Jägern und Landwirten helfen: Der Fotograf und Drohnenpilot Karsten Schmalz aus Marbach (Landkreis Ludwigsburg) hat für einen Landwirt bei Althütte bereits einen Einsatz mit seinem Quadrocopter geflogen. Ein Maisfeld war von Wildschweinen heimgesucht worden. „Ich habe das Feld überflogen und die Schäden gefilmt. Die Aufnahmen hat der Landwirt einem Gutachter gegeben, der damit den Schaden beziffern kann“, erklärt er. Auch einen Einsatz bei Drückjagden kann er sich vorstellen: „Die Drohnen machen Lärm – damit kann man Sauen aufscheuchen.“

Aus einem Nachbarlandkreis kommt aber auch leise Kritik am Drohneneinsatz durch Grünkittel. Der stellvertretende Vorsitzende der Kreisjägervereinigung Ludwigsburg, Matthias Grünenwald, hält Drohnen zwar dann für sinnvoll, wenn es um die Kitzrettung und die Vermeidung von Wildschäden an Feldern geht. Bei Drückjagden hält er aber wenig von Luftunterstützung: „Die finden meistens im Wald statt, ich weiß nicht, ob das mit dem Fliegen da so gut funktioniert.“ Er sieht aber auch ein Fairnessproblem: „Es sollte eine gewisse Waidgerechtigkeit geben. Da muss man den Tieren nicht noch mit Drohnen und Wärmebildkameras nachspüren.“

Unbemannt in die Luft

Drohnen
Ursprünglich bezeichnete der Begriff unbemannte Übungsziele des Militärs. Heute versteht man darunter militärisch oder kommerziell genutzte Fluggeräte ohne Besatzung. Manche sind wenige Zentimeter klein, andere groß wie ein Verkehrsjet. Einige fliegen wie Flächenflugzeuge, andere wie Helikopter mit Rotor.

Multicopter
Im zivilen Bereich relevant sind vor allem Multicopter – also Hubschrauber-Drohnen, die mit Hilfe mehrerer Rotoren in die Luft gehen. Sie tragen Kameras, können in schwer zugänglichen Regionen Messungen durchführen, Hilfslieferungen transportieren oder Pakete ausliefern. Entsprechende Pilotprojekte gibt es schon.

Gesetz
Laut der Deutschen Flugsicherung gibt es derzeit rund 400 000 Drohnen in Deutschland. Die CSU hat im Bundestag jüngst ein Gesetz vorgeschlagen, das für Drohnen ab einer bestimmten Größe eine Kennzeichnungspflicht, eine Art Führerschein sowie ein Flugverbot in sensiblen Bereichen wie Einflugschneisen vorsieht.