Seit 51 Jahren zieht sich die Idyllische Straße durch den Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald. Jetzt wurde die Strecke überarbeitet. Wir sind den 180-Kilometer-Rundkurs mit der Videokamera abgefahren.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Der silberne Porsche 356 glänzt in der Sonne. Der elegante Oldtimer nimmt Kurs Richtung Berglen – und schon ist er meinem Blick entschwunden. Jetzt am Steuer einer solchen Autolegende sitzen, das wär’ was. Doch heute muss es mein treuer Golf 4 tun – Baujahr 2003, bescheidene 105 PS. Ob er für seinen bevorstehenden Tüv noch einmal hergerichtet wird, ist angesichts seiner Macken mehr als fraglich. Doch heute ist sein großer Auftritt: Wir testen die Neuauflage der Idyllischen Straße.

 

Dieser Rundkurs zieht sich über vier Landkreise durch den Schwäbisch-Fränkischen Wald. Es gibt die Strecke seit 51 Jahren, weswegen sie jetzt nicht nur den Beinamen „Route 51“ erhalten hat, sondern auch neue Schilder, neue Ladestationen für E-Bikes und Elektroautos – und eine Ausdehnung auf 180 Kilometer.

Ich starte in Berglen. Den Weg zeigt mir ein kleiner weißer Vogel auf braunem Grund. Nicht immer sind diese Wegweiser sofort zu erkennen – das muss ich erfahren, als ich mich in Schorndorf-Buhlbronn auf einem Feldweg wiederfinde. Auch sehr idyllisch, aber leider ohne Vogelschilder. Wer solche Abstecher vermeiden will, tut gut daran, die Karte mitzunehmen.

Doch eine Anwohnerin gibt Auskunft, und schon geht es weiter Richtung Miedelsbach. Von den Serpentinen aus bietet sich ein spektakulärer Ausblick über das Wieslauftal. Ein Radfahrer schnauft mir entgegen. Ich bemitleide ihn irgendwie – dabei eignet sich die Idyllische Straße auch für tolle Radtouren, denn für Fahrrad- und Pedelec-Fahrergibt es auch auch eine 116-Kilometer-Version der Route. „In den vergangenen Jahren sind E-Bikes viel beliebter geworden. Jetzt können hier auch Menschen radeln, die das vor kurzem noch nicht als Erholung empfunden hätten“, hatte der Landrat Richard Sigel vor meiner Abfahrt gesagt. Dass auch Ladestationen für alternative Antriebe auf der Karte verzeichnet sind, sei ihm wichtig gewesen.

Dichter Wald, goldene Felder und Architektur-Highlights

Die vertrauten, bewaldeten Serpentinen des Altkreises Backnang lasse ich bald hinter mir und bin erstaunt darüber, wie abwechslungsreich die Strecke ist. Auf der Hochebene um Abtsgmünd (Ostalbkreis) etwa erstrecken sich rechts und links goldene Felder. Der Wasserturm von Hohenstadt erhebt sich darüber und bleibt mir im Gedächtnis – dabei gehört er noch nicht einmal zu den 98  Sehenswürdigkeiten entlang der Route, die auch in der Karte aufgeführt sind.

Rund 220 000 Euro haben die 24 teilnehmenden Kommunen sich die Frischzellenkur für die Strecke insgesamt kosten lassen, um mehr Gäste in den Schwäbisch-Fränkischen Wald zu locken. Doch es dürfte schwer werden, die Zahl der Tagesausflügler festzustellen, die sich von der Route anlocken lassen.

Aber je nachdem, wie viel Zeit man sich für Abstecher zum Beispiel zu einem alten Silberstollen in Großerlach, zu den Römerkastellen in Welzheim oder einem der vier Schlösser rund um Abtsgmünd nimmt, kommt auch eine Übernachtung in Frage. Und wer mit dem Wohnmobil kommt, findet an vielen Orten einen Stellplatz. Ich bin zwar mit vier Rädern unterwegs, aber die verschlungenen Landstraßen der Route 51 eignen sich mit Sicherheit auch für ansprechende Motorradtouren. Motor und Bremsen meines Golfs bekommen auf der kurvigen, bergigen Strecke einiges zu tun.

Die karte umfasst auch Wander – und Radtouren

Hinter Abtsgmünd führt die Route nach Nordwesten, Richtung Gaildorf. Die saftigen Wiesen entlang der Straße und der Wald auf den Hängen darüber erinnern mich ans Allgäu. Die Idyllische Straße macht wieder einmal ihrem Namen Ehre. Ich bekomme Lust, auszusteigen und mir die Füße zu vertreten. Und das wäre in der Tat kein Problem: seit dem Jahr 2000 enthält die offizielle Karte zur Route auch Wandervorschläge und Radrouten. Die neueste Ausgabe umfasst 24 Rundwanderungen verschiedener Schwierigkeitsgrade.

Bald schnauft mein VW wieder hinauf in vertrautere Gefilde – über Wüstenrot, Spiegelberg und Murrhardt geht es nach Althütte und nach Kaisersbach, wo der Ebnisee verlockend in der Sonne glitzert. Wenige Kilometer später bin ich wieder am Anfang des Rundkurses. Und es bleiben zwei Erkenntnisse. Erstens: Wenn ich in dieser Gegend nicht schon leben würde, würde ich für einen Urlaub herkommen. Zweitens: Der Golf wird fit gemacht für den Tüv. Denn das hat er sich verdient.

Eröffnungsfeier am Sonntag

Offiziell eröffnet wird die neugestaltete Idyllische Straße am Sonntag, 17. Juni, ab 11 Uhr auf dem Murrhardter Marktplatz. Die Karten mit der Streckenführung gibt es aber erst in den nächsten Wochen in Rathäusern, Touristinfos sowie unter schwaebischerwald.com.