Einige Fuhrunternehmen fordern vom Landkreis eine höhere Vergütung ihrer Leistungen. Und zwar als Ausgleich für die enorm gestiegenen Treibstoffkosten. Wie stehen ihre Chancen?

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Der Krieg in der Ukraine zeitigt auch für den Rems-Murr-Kreis Auswirkungen, die wohl kaum jemand erwartet hat. Aktuell werden Verträge für die Müllabfuhr in Frage gestellt.

 

Als der Vorstandsvorsitzende Marcus Siegel seinen „Bericht über die möglichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die laufenden Verträge“ für den Aufsichtsrat der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Rems-Murr-Kreises (AWRM) fertiggemacht hat, schien die Betrachtung noch eher theoretischer Art gewesen zu sein. „Seither sind ein paar Wochen vergangen, und das Telefon steht in der Angelegenheit nicht mehr still“, sagt Siegel jetzt. Der Grund sind die explodierenden Preise für Diesel und Benzin. Wie schon die Omnibusunternehmen sehen jetzt auch andere Betriebe des Transportgewerbes die Geschäftsgrundlage für unter anderen Voraussetzungen ausgemachte Verträge als nicht mehr gegeben an.

„Keine Grundlage für Preisaufschlag“

Eine erste Prüfung durch den Verband kommunaler Arbeitgeber habe allerdings keine juristische Grundlage für einen nachträglichen Aufschlag bei der Vergütung der Sammelleistungen ergeben, wie AWRM-Vorstand Marcus Siegel sagt. Zumal in langfristige Verträge ohnehin sogenannte Gleitklauseln eingebaut seien, die Preissteigerungen im Vergleich zur ursprünglichen Kalkulation berücksichtigten – wenn auch mit einem zeitlichen Verzug. Ein nachträglicher Aufschlag könne auch kaum durch höhere Müllgebühren bei den Kunden ausgeglichen werden, schließlich seien diese auf zwei Jahre festgeschrieben. Einige wenige Vereinbarungen mit den Fuhrunternehmen enthielten zwar Regelungen, in denen die Dienstleistungspflicht durch den Vertragsnehmer ausgesetzt werden könne, wenn außergewöhnliche Umstände, die nicht in dessen Einflussbereich liegen, aufträten. Als Grund werde unter anderem auch explizit ein Krieg angeführt. Das Aussetzen der Dienstleistungspflicht gelte dabei jedoch nur bei einer „unmittelbaren Auswirkung eines Kriegsereignisses“, erklärt Siegel, und nicht für eine indirekte Folge – wie im aktuellen Fall die Erhöhung der Treibstoffpreise durch den Krieg in der Ukraine.

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Landrat: Nicht auf Formalia zurückziehen

Dennoch wolle man sich „nicht auf Formalia zurückziehen“, betont der Landrat Richard Sigel. Der Verwaltungschef hat sich erst vor wenigen Tagen im zuständigen Kreistagsausschuss ein Mandat geholt, mit den anderen Landkreisen im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) über eine gemeinsame Liquiditätshilfe für die von Dieselpreis und Coronapandemie doppelt gebeutelten Busunternehmen zu verhandeln.

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Auch bei den Müllabfuhrbetrieben ist nun eine Überbrückungshilfe im Gespräch, die einzelnen Betrieben über die nächsten Monate hinweghelfen könnte – und eine außerordentliche Kündigung oder gar Insolvenz eines Vertragspartners vermeiden soll. Das Geld, die Rede ist von 35 000 Euro pro Monat, sei allerdings nur als ein zinsloses Darlehen zu verstehen – und könne auch nur gewährt werden, wenn eine Preisgleitklausel nicht greift.