Eine Studie zur Breitbandversorgung im Rems-Murr-Kreis deckt Defizite auf: 70 Prozent der größeren Gewerbegebiete verfügt über keinen zukunftsfähigen Internetanschluss. Der Gutachter empfiehlt den Kommunen selbst und gemeinsam zu handeln.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen - Fast drei Viertel der größeren Gewerbegebiete im Rems-Murr-Kreis verfügen zurzeit nicht oder zumindest nicht flächendeckend über einen zukunftsfähigen Internetzugang. Auch im privaten Bereich werden mehr als die Hälfte aller untersuchten Regionen als unzureichend erschlossen eingestuft. Zu diesem Schluss kommt eine Studie zur Breitbandversorgung, die das Landratsamt bei der Backnanger Firma TKT Teleconsult in Auftrag gegeben hat.

 

Mehr als 100 Ortsteile nicht ausreichend versorgt

Der Gutachter hatte 149 Ortsteile in allen 31 Städten und Gemeinden des Kreises sowie die größeren Gewerbegebiete unter die Lupe genommen. Nach heutigen Standards sind den Ergebnissen zufolge gegenwärtig lediglich 39 Ortsteile gut und 37 ausreichend versorgt. 73 Ortsteile wurden von den Beratern als nicht ausreichend vernetzt eingestuft, 34 als unterversorgt. Die Studie ergebe für den gesamten Landkreis ein recht heterogenes Bild. Die Qualität der Internetversorgung sei nicht ausschließlich auf ein Stadt-Land-Gefälle zu reduzieren. Zwar könnten geplante Ausbaumaßnahmen des Marktführers Telekom die Situation in einigen Vorwahlbereichen in diesem und im kommenden Jahr möglicherweise etwas verbessern, gerade für Firmen werde dies aber bei weitem nicht ausreichend sein.

Der Gutachter empfiehlt den Kommunen deshalb, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Das langfristige Ziel müsse sein, leistungsfähige Glasfaserkabel bis an jedes erschließbare Gebäude zu verlegen, sagt der TKT-Geschäftsführer Harald Heinze. Die Kommunen sollten darüber nachdenken ein Gesamtkonzept für Gewerbegebiete, aber auch für den Privatbereich zu erstellen und ein kreisweites sogenanntes Backbone-Netz in eigener Regie aufzubauen. Zwar seien auch im Rems-Murr-Kreis einige Trassen vorhanden, die für die Glasfaserkabel-Verlegung geeignet seien, „wenn die öffentliche Hand aber nicht einspringt, werden private Anbieter nur dort investieren, wo es sich lohnt“, betonte Heinze. Eigene Netze hätten den Vorteil, „den Hebel selbst in der Hand zu haben“. Außerdem könne man Einfluss auf die Marktmacht einzelner Telekommunikationsunternehmen nehmen. Möglichst viele Kommunen sollten sich bei den Bemühungen um eine Verbesserung der örtlichen Internetanbindung zusammenschließen, möglicherweise einen Zweckverband gründen, um ihrem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen. Bei jeder ohnehin geplanten Baumaßnahme sollten Vorbereitungen für eine Breitbandkabelvernetzung getroffen werden.

Landrat will mit den Kommunen reden

Für den Landrat Johannes Fuchs ist mit dieser „ersten lückenlosen Bestandsaufnahme von Oeffingen bis Großerlach“ ein erster Schritt getan. Schon bei der Bürgermeistertagung am morgigen Mittwoch solle die Studie diskutiert werden. Der Kreis wolle Anstöße für gemeinsame Überlegungen geben, die „Schlüsselrolle“ aber, betont der Kreiswirtschaftsförderer Markus Beier, „liegt bei den Kommunen.“

Zukunftsfähiges Internet

Breitband
Als allgemeiner Bedarf von Morgen, neudeutsch Next Generation Access (NGA), gilt eine Breitbandversorgung per Glasfaserkabel mit einer Datenrate von mindestens 25 Megabit pro Sekunde. Flächendeckend ist eine solche in keiner Kommune des Landkreises gegeben. Als derzeit noch ausreichend versorgt bezeichnen Experten sechs bis 16 Mbit/s.

Mobilfunk
Auch per LTE oder UMTS können ausreichende Datenübertragungen erreicht werden. Der Gutachter aber empfiehlt, diese Verbindungen nur als Zusatzangebot zu betrachten, da sie insbesondere für gewerbliche Nutzer zu instabil seien und nur einer begrenzten Zahl von Nutzern dienen könnten.