Das Schloss in Aldingen hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. In der jüngeren Vergangenheit war es Schule und Rathaus, auch Parteien hatten hier Räume. Nun ist es ein Wohnhaus, das sichtbare Historie mit modernem Ambiente verbindet.

Remseck - Wenn sich Georg Friedrich von Kaltenthal umdrehen könnte, so würde er einen Blick auf das Aldinger Schloss erhaschen, das seine Vorfahren errichtet haben – und in dem er auch eine Zeit lang wohnte. So aber schaut er martialisch und vor Stolz strotzend auf das geschäftige Treiben in der Cannstatter Straße. Der einfallsreiche Künstler Peter Lenk hat den Adligen in eine Betonplastik gegossen, zu seinen Füßen das türkische Waisenkind Adiz, dass Kaltenthal 1688 aus dem Krieg mitgebracht hatte, im Schloss christlich erziehen und auf den Namen Christiane taufen ließ.

 

Ein paar Schritte sind es über den Hof zum Schloss. Dort verrät eine steinerne Tafel neben dem Portal: „Anno Domini 1580 hab Ich Heinrich von Kaltenthal das Haus von Grund uff anhoben zu bauen. Gott behüts.“ Das sogenannte äußere oder evangelische Schloss entstand zwölf Jahre nach der Reformation quasi auf der grünen Wiese. Das Dorf hielt sich damals noch in respektvoller Entfernung. Etwa 1726 erhielt das dreigeschossige Herrenhaus im Renaissancestil einige barocke Zutaten, etwa das reich profilierte Eingangsportal mit dem Kaltenthaler Wappen, das auf rotem Schild ein silbernes Hirschgeweih zeigt, den Helm ziert zusätzlich ein Hirschrumpf.

Aus dem Schloss wurde ein Wohnhaus

Die farbenprächtige Ausmalung von heute ist ein Aspekt der jüngsten von etlichen Umbauphasen. Die Bietigheimer Wohnbau-Gesellschaft (BW) hat das Schloss in den vergangenen Jahren in ein Wohnhaus verwandelt, was für alle Beteiligten eine große Herausforderung und einen gewaltigen Bedarf an Instandsetzung bedeutet habe, wie der BW-Geschäftsführer Wolfgang Heckeler sagt. Die Diskussionen mit dem Denkmalamt seien nicht immer einfach gewesen, aber man habe stets einen Kompromiss gefunden. „Wenn wir auch gern ein paar Fenster mehr oder einen zusätzlichen Balkon eingebaut hätten.“

Schon eine Weile ist wieder Leben in dem alten Gemäuer, das im Lauf der Zeit als Schule, Rathaus oder Unterkunft für Parteien und Vereine diente. 1816 fand sogar eine Brauerei hier Unterschlupf. Über die letztendlich gefundene Lösung ist auch der scheidende Remsecker Oberbürgermeister Karl-Heinz Schlumberger froh, denn eine solche Sanierung hätte sich die Stadt nicht leisten können. Für die BW hat sich das Ganze auch nur gerechnet, weil sie gleichzeitig auf dem hinteren Teil des Areals zwei Mehrfamilienhäuser bauen durfte.

Die 16 Wohnungen und ein großes Büro im Schloss waren relativ schnell an zahlungskräftige Investoren verkauft, wobei mancher der Eigentümer wohl damit liebäugelt, selbst irgendwann „Schlossherr“ zu sein. Derweil genießen die Mieter den herrschaftlichen Eingang und den großzügig dimensionierten Treppenaufgang mit der barocken Eichentreppe. Dazu die Annehmlichkeiten, die der moderne Mensch offenbar braucht: Ein Fahrstuhl führt zum Keller und in die Tiefgarage.

Ein Café hätte den Rokoko-Stuck zugänglich gemacht

Überraschungen blieben nicht aus, erzählt der Architekt Marc Pohlmann. So wurden diverse Wandbemalungen erst im Zuge der Renovierung entdeckt und aufwendig konserviert. Auch dass das Dach komplett erneuert werden musste, hatte man vorher nicht geahnt. Immerhin bekam so die Dachwohnung mit grandiosem Rundblick eine zusätzliche architektonische Raffinesse verpasst. Statt der nicht genehmigten Loggia wurde ein drei mal vier Meter großes verschiebbares Fenster eingebaut. Wenn es das Wetter zulässt, ist es ein herrlicher Platz an der Sonne. Die ursprüngliche Idee, im Erdgeschoss des Schlosses ein Café zu etablieren, wurde zum Bedauern des Bauträgers und der Stadt nicht realisiert. So wären nämlich die wertvollen Rokoko-Stuckornamente und die beiden sehenswerten Öl-Deckengemälde öffentlich zugänglich geblieben. Diese Verschönerung hatte 1727 der letzte Herr von Kaltenthal vorgenommen.

Die wahrscheinlich von Paul Ambrosius Reith erschaffenen Gemälde zeigen zum einen Jagdszenen mit der Göttin Diana, auf dem anderen Bild thront Pax, die Friedensgöttin, schützend über Aldingen und seinem Schloss.

Jeden Tag bewundern können die Kunstwerke immerhin Birgit und Wolfgang Jäger, die im Erdgeschoss mit ihrer Versicherungs-Geschäftsstelle eingezogen sind. Und natürlich ihre Kunden, die von diesem Ambiente offensichtlich sehr angetan sind, wie die Jägers berichten.

Vom Herrenhaus zum Wohnhaus

Geschichte
Das Schloss in Aldingen ist ein 1580 erbautes Herrenhaus im Stil der Renaissance und gehört zu Remseck am Neckar. Es wurde nach der Reformation von Heinrich von Kaltenthal als Sitz der evangelischen Linie der Herren von Kaltenthal errichtet. Zusammen mit dem Meierhof, den Scheunen, Stallungen und Wagenremisen bildete das Schloss einen viereckigen Hof, der bis 1900 nur von zwei Toren zugänglich war.

Nutzung
Wolf Georg von Kaltenthal ließ das Schloss um 1726 mit einem barocken Portal sowie zwei Räumen im Erdgeschoss mit Rokokostuck und Deckengemälde ausstatten. 1746 starb der letzte Herr von Kaltenthal, und das Gebäude wurde 1755 an zwei Aldinger Bürger verkauft. Bis zum jüngsten Umbau als Wohnhaus hatte das Schloss die unterschiedlichsten Nutzungen.