Mit der Diskussion über die Verkehrsbelastung fing die 16-jährige Amtszeit von Oberbürgermeister Karl-Heinz Schlumberger an. Nun geht er in Pension, die Westrandbrücke kommt, die Schulden sind abgebaut – und den Bau der Neuen Mitte wird er beobachten.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)
Remseck – - Am 31. August wird Karl-Heinz Schlumberger seinen Dienstmercedes am Rathaus parken und den Autoschlüssel abgeben. Vom 1. September an ist er dann Pensionär und wird „wieder lernen müssen, ein Buch zu lesen“, wie der 67-Jährige sagt. Und auch für die Zeitungslektüre bleibt künftig wieder mehr Zeit. Es ist der richtige Moment für ein Gespräch über die 16 Jahre an der Spitze von Remseck. Denn die Dramaturgie scheint perfekt: zum Abschied gab es noch eine Brückenzusage aus Stuttgart. Wenn er erst 50 wäre, würde er noch mal antreten, sagt Schlumberger – aber das sei eine theoretische Frage.
Herr Schlumberger, als Sie 1998 ins Amt kamen, war der Nordostring zur Lösung der Remsecker Verkehrssituation schon Thema. Sie haben immer gesagt, die Andriofbrücke wird gebaut oder keine. Nun soll die Westrandbrücke kommen. Sind Sie nun plötzlich mit dem Spatz in der Hand zufrieden?
Richtig ist, wir wollten die Andriofbrücke. Das war immer die zweispurige Alternative zum vierspurigen Autobahnring, den ich gar nie befürwortet habe. Mir war klar, in dieser dicht besiedelten Region kann man keine vierspurige Autobahn bauen. Es gab ja auch kurzfristig mal die Zustimmung aller Nachbargemeinden, bis Grüne und SPD sich massiv dagegen stellten. Ich habe gelernt, politische Realitäten zu akzeptieren. Was gegenüber der Situation vor 16 Jahren neu ist, ist die Neue Mitte, die wir planerisch weiterentwickelt haben. Die ist nun in eine spruchreife Phase gekommen. Wir wollen und brauchen die Neue Mitte. Dafür brauche ich die Westrandstraße.
Die Neue Mitte macht Sie also kompromissfähiger?
Ja. Absolut. Die Stadtentwicklung hat für mich nun Vorrang vor der regionalen Verkehrslösung, die ich nicht erzwingen kann. Ich bin dem Landesverkehrsminister für seine klare Zusage zur Westrandbrücke sehr dankbar. Wir streiten zwar noch übers Geld. Aber das grüne Licht zu haben, ist entscheidend.
Sie werden in Remseck vom Durchgangsverkehr überrollt und können selbst nichts dagegen tun. Haben Sie Ohnmachtsgefühle gehabt?
Ja. Ich finde es im Rückblick schon frustrierend, dass das Land – unabhängig von den Parteien – nie die Erkenntnis umgesetzt hat, dass es sich hier nicht um ein Remsecker, sondern um ein regionales Problem handelt. Ich war vielleicht so altmodisch zu glauben, dass ein Land eine Straße bauen muss, wenn es sie für richtig hält, auch wenn ein oder zwei Gemeinden dagegen sind. Da habe ich lernen müssen, dass die Realität anders aussieht.
Sie kamen aus Bonn aus der Landesvertretung. Hat die Remsecker Zeit Ihre Wahrnehmung gegenüber übergeordneten Behörden verändert?
Nein, auch dort sind nur Menschen, die lieber das tun, was erwünscht ist. Ich glaube, wir hätten erfolgreicher sein können, wenn sich zumindest der Remsecker Gemeinderat einig gewesen wäre. Und ein Minister gibt natürlich lieber Geld dahin, wo es einstimmig begrüßt wird. Aber ja, ich hätte mir gewünscht, das Land hätte für diese Brücke gekämpft.