Betreiber von Solaranlagen protestieren gegen rigide Bauvorschriften in Pattonville. Jetzt fordern Umweltschützer die Verwaltung auf, die Auflagen zu lockern.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Remseck - Im Konflikt um den Bau von Solaranlagen in Pattonville hat sich jetzt der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) zu Wort gemeldet und massive Kritik an der Remsecker Verwaltung geübt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Stadtverwaltung den Betreibern von Solaranlagen mit rigiden Vorschriften „Knüppel zwischen die Beine“ werfe, sagt Stefan Flaig, der Vorsitzende des Bund-Kreisverbands Ludwigsburg. „In Zeiten der Energiewende ist diese Vorgehensweise schon verwunderlich.“ In einem offenen Brief hat Flaig den Remsecker Oberbürgermeister Karl-Heinz Schlumberger unlängst aufgefordert, „die Beschränkungen so schnell wie möglich aufzuheben“.

 

Die Betreiber protestieren gegen die rigiden Vorschriften

Mehrere Einwohner von Pattonville hatten sich zuvor schon über die Ungleichbehandlung bei der Genehmigung von Solaranlagen beschwert. Der westliche Teil der ehemaligen amerikanischen Militärsiedlung gehört zu Kornwestheim, die östliche Seite liegt auf Remsecker Gemarkung. Kornwestheim lässt Betreibern von Solaranlagen viele Freiheiten, wohingegen der Remsecker Gemeinderat vor Jahren strenge Bebauungspläne erlassen hat. Demnach müssen Solaranlagen prinzipiell ins Dach integriert werden: die Kollektoren dürfen, auch auf Flachdächern, nicht über die Dachfläche hinausragen. Mehrere Privatleute hatten die Vorschrift zunächst ignoriert und wurden später von der Verwaltung aufgefordert, die teilweise mehr als eineinhalb Meter hohen Kollektoren umzubauen. Immerhin gewährt die Stadt inzwischen Ausnahmegenehmigungen: bis zu einer Höhe von 70 Zentimetern. Doch auch dies, kritisieren die Betreiber, sei deutlich zu wenig. Denn es sei wichtig, dass die Sonne im optimalen Winkel auf die Module treffe. Sei dies nicht der Fall, gehe die Leistungsfähigkeit rapide zurück.

Die Stadt verteidigt ihre Regelung – mit dem Argument, man wolle in Pattonville ein „einheitliches städtebauliches Bild umsetzen“ und müsse daher „Wildwuchs“ vermeiden. Eine Aussage, die beim Bund auf Unverständnis stößt. „Angesichts der dramatischen Folgen der Klimaveränderung halten wir die ästhetischen Nachteile der aufgeständerten Solaranlagen für so gering, dass diese in Kauf genommen werden sollten“, schreibt Flaig in seinem offenen Brief. Schließlich handle es sich nicht „um denkmalgeschützte Gebäude oder um ein Freilichtmuseum, sondern um einen lebendigen Stadtteil“. Zudem, sagt Flaig, „versteht doch kein Mensch, dass auf der Remsecker Seite von Pattonville nicht möglich sein soll, was einige hundert Meter weiter auf Kornwestheimer Gemarkung gar kein Problem ist.“

Die Stadtverwaltung will die Bebauungspläne nicht ändern

Die Remsecker Verwaltung sieht trotz der wachsenden Kritik keinen Handlungsbedarf. „Ich halte eine Änderung des Bebauungsplans für sehr problematisch“ sagt Schlumberger. „Denn das wäre eine nachträgliche Ohrfeige für all jene, die sich an die Vorschrift gehalten haben.“ Zumal das Thema unlängst mit den Stadträten besprochen worden sei. Offenbar sei die Mehrheit ebenfalls nicht willens, den Bebauungsplan zu ändern. „Wenn jetzt kein Antrag mehr kommt, ist die Sache erledigt.“ Er selbst, sagt Schlumberger, sehe die Solarförderung insgesamt kritisch. Der Ertrag sei zu gering, die Subvention sei „volkswirtschaftlicher Unsinn“.

Beendet ist die Debatte damit wohl noch nicht. Die Grünen-Fraktion hat sich kürzlich mit Einwohnern zu einem Rundgang durch Pattonville getroffen. „Die einhellige Meinung aller Beteiligten war, dass die Solarmodule auf den Dächern das Ortsbild überhaupt nicht beeinträchtigen“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jasmine Finckh. Die Fraktion bereite daher einen Antrag vor: mit dem Ziel, die Vorgaben des Bebauungsplan zu lockern. „Die Energiewende muss Folgen haben“, fügt Finckh hinzu. „Wir brauchen nicht nur eine Wende in den Köpfen, sondern auch in den Bebauungsplänen.“